Herne. Für den Besuch der Cranger Kirmes 2022 haben viel mehr Menschen das Rad, aber auch einen E-Scooter genutzt. Der Politik reicht das noch nicht.
Zur Cranger Kirmes in Herne sind in diesem Jahr viel mehr Menschen mit Fahrrädern gekommen als zuletzt. Außerdem gab es viele An- und Abreisen mit E-Scootern. Diese Bilanz zieht die Stadt Herne, die der Politik nun Zahlen präsentierte. Die Politik lobt den Umstand, dass offensichtlich mehr Kirmesfans aufs Auto verzichten. Dennoch: Die neuen Maßnahmen der Verwaltung, so der Tenor, reichten noch nicht aus.
Die SPD-Fraktion hatte das Thema „Mobilitätserkenntnisse“ auf die Tagesordnung des Ausschusses für Digitales, Infrastruktur und Mobilität (DIM) setzen lassen. Nachdem die Stadt 2021 für die Cranger Kirmes ein Mobilitätskonzept präsentiert hatte, das den Besucherinnen und Besuchern des Rummels den Umstieg vom Auto auf andere Verkehrsmittel erleichtern soll, stand nun im Mittelpunkt die Frage: Wie klappten die ersten Maßnahmen?
Herne: Zahl der abgestellten Fahrräder hat sich mehr als verdoppelt
Die Stadt meint: gut. So habe sich der Ausbau der Rad-Abstellanlagen gelohnt. Seit 2012 gab es bislang einen bewachten Fahrrad-Parkplatz an der Dorstener Straße, für dieses Jahr sind drei weitere eingerichtet worden – an der Achterbahn, der Heerstraße und der Schleuse. Dadurch, so bilanzierte Zywietz, Kirmesplaner und Mitarbeiter im städtischen Fachbereich Öffentliche Ordnung, habe sich die Zahl der abgestellten Fahrräder mehr als verdoppelt. Konkret: Bei der letzten Kirmes 2019 seien 2392 Fahrräder abgestellt worden, in diesem Jahr bereits 5639. Den größten Zuspruch hatte mit knapp 2000 die Station an der Dorstener Straße, sagte er im Ausschuss. Im kommenden Jahr, kündigte er an, soll das Angebot zur Kirmes noch einmal „angepasst werden“. Details nannte er (noch) nicht.
In Kooperation mit Metropolrad Ruhr wurden – auf Kosten der Stadt Herne – am Rummel zudem zwei Leihrad-Stationen eingerichtet. Um für das Angebot zu werben, bot die Stadt einen Gutschein-Code für zwei 30-minütige Freifahrten an. Ergebnis: Zur Kirmes habe es 56 Ausleihen gegeben, der Gutschein sei 31-mal genutzt worden. Hier sieht Kirmesplaner Zywietz Luft nach oben: An den Stationen sollen künftig mehr Räder stehen, „um so mehr Möglichkeiten für eine Leihe zu geben“. Im Übrigen, so kündigte er an, plane die Stadt für 2023, „ohnehin mehr Stationen im Stadtgebiet einzurichten“; bislang gibt es in Herne neun Stationen von Metropolrad Ruhr. Dadurch erhoffe sich die Verwaltung, dass mehr Menschen mit dem Leihrad zum Rummel fahren oder von dort mit dem Leihrad wegfahren.
Nachrichten in Herne – Lesen Sie auch:
- Herner sauer: Straße wird als Abkürzung genutzt
- Cranger Kirmes: Polizei registrierte 45 Schlägereien
- Flugärger: „Overbooked spiel mit dem Flughafen-Chaos“
Nicht zuletzt wurden zur Cranger Kirmes 2022 erstmals Abstellflächen für E-Roller geschaffen. Während des Rummels seien in Herne insgesamt 8730 Ausleihen und 16.021 Kilometer Fahrstrecke mit den E-Rollern registriert worden. Das sei – auch aus Sicht der Anbieter – ein großer Erfolg. Denn: Während der Cranger Kirmes seien täglich etwa doppelt so viele Scooter ausgeliehen worden als üblich. Auch hier sieht die Stadt Verbesserungsbedarf. Künftig sollen die Abstellflächen „präsenter gestaltet werden“. Dadurch soll ein Anreiz für die Nutzerinnen und Nutzer geschaffen werden, die Roller „nicht in Nebenstraßen abzustellen, sondern im Bereich der dafür vorgesehenen Flächen“.
Die Politik lobt die Entwicklung – goss aber auch Wasser in den Wein. „Da sind einige Dinge, die kann man verbessern, die muss man verbessern“, sagte SPD-Ratsherr Michael Zyweck. Er plädierte dafür, die Einbahnstraßen, die im Umkreis des Kirmesplatzes während des Rummels eingerichtet werden, für Radfahrerinnen und Radfahrer zu öffnen. Dann müssten diese keine Umwege fahren und sich nicht in den Strom der Autos einreihen. Auch Jürgen Scharmacher (SPD) und Klaudia Scholz (Linke) kritisierten, dass sie sich mit dem Rad zum Rummel in diesem Jahr „durchquälen“ beziehungsweise „durchkämpfen“ mussten. Nicht zuletzt, so hieß es, seien die beliebten Radstationen zu Stoßzeiten überfüllt und das Personal dort sei überfordert gewesen. Auch dabei gebe es dringenden Verbesserungsbedarf.
Und wie sieht es mit der Anreise mit dem Bus aus? Auch da laufe nicht alles rund, sagte HCR-Chef Karsten Krüger dem Ausschuss. Die Verkehrssituation rund um den Kirmesplatz sei zeitweise „schon heftig“ gewesen. Vor allem am ersten Kirmessamstag sei es zu „erheblichen Verkehrsproblemen gekommen: „Einige Fahrgäste konnten in diesem Zeitraum nicht befördert werden“, bekannte er.
>>> WEITERE INFORMATIONEN: Was das Mobilitätskonzept noch vorsieht
Das Mobilitätskonzept für die Cranger Kirmes, das die Stadt 2021 vorgestellt hat, ist es in neun Prioritäten unterteilt. Zu den ersten drei Prioritäten, die auch 2023 noch angepackt werden sollen, gehören der Ausbau von Park & Ride, mehr Abstellanlagen für Fahrräder und neue Sharingmodelle, auch unter Einbindung von E-Scootern.
Anschließend will die Stadt die Prioritäten vier bis neun anpacken. Geplante Priorität Nummer vier ist demnach eine individuelle Mobilitätsberatung, die Besucherinnen und Besuchern online angeboten werden soll. Geplante Priorität fünf ist eine bessere Anbindung des Hauptbahnhofs: Der etwa 1,7 Kilometer lange Fußweg zum Rummel soll attraktiver gestaltet werden, so dass ihn Besucher verstärkt nutzen. Priorität sechs ist ein „Pop-up-Radweg“ (=temporärer Radweg), der zur Kirmeszeit als „Protected Bike Lane“ (= geschützter Fahrradstreifen) beispielsweise zwischen Hbf und Kirmesplatz eingerichtet wird.
Prioritäten sieben bis neun: ein intelligentes Parkleitsystem, das etwa auch freie Plätze elektronisch anzeigt, ein VRR-weites ÖPNV-Kirmesticket, eventuell eingebunden in den Bummelpass, sowie die Einrichtung einer Einbahnstraße auf der Heerstraße.