Herne. Rund 1100 Kinder konnten in Herne bereits vom Corona-Förderprogramm „Extra-Zeit fürs Lernen“ profitieren. Doch die Zukunft ist ungewiss.

Es ist ein Erfolgsprojekt, doch nun gibt es Sorge um seinen Fortbestand: Durch die „Extra-Zeit zum Lernen“ sollen benachteiligte Kinder Defizite, die durch die Corona-Pandemie entstanden sind, aufholen. Seit Sommer 2021 konnten an 18 Schulen in Herne in Ferienangeboten und nach dem Unterricht insgesamt 1100 Kinder von der zusätzlichen Förderung profitieren. Insgesamt 600.000 Euro wurden investiert. Doch noch hat das Land keine Aussagen zum Fortbestand getroffen.

„Stand jetzt endet das Projekt Ende des Jahres“, sagt Christian Kattenbeck vom Bildungsbüro der Stadt Herne. „Wir machen uns Sorgen, ob und wie es danach weitergeht. Wir stehen jetzt hier im September und warten auf das Land“, bedauert er. Es sei derzeit schwierig, Personal zu bekommen und deshalb sei eine Planungssicherheit umso wichtiger. Das betont auch Schuldezernent Andreas Merkendorf, der einen Appell an das Land formuliert, diese Form der Unterstützung zu verstetigen und dauerhaft zu finanzieren.

Vereine unterstützen Extra-Zeit zum Lernen in Herne

Dabei ist die „Extra-Zeit fürs Lernen“ in Herne nur möglich, da sich neben dem Kommunalen Integrationszentrum auch drei Träger, die Awo, die Caritas sowie die Gesellschaft freie Sozialarbeit (GfS) sowie die beiden Vereine „Lernen!in Herne“ und Ruhrwerk e.V. zusammengetan haben. Die Vereine konnten über Sponsoren und Spenden von Herner Firmen und Privatpersonen gut 70.000 Euro für das Projekt bereitstellen. Damit unterstützen sie die Stadt bei der Bereitstellung des Eigenanteils von 20 Prozent (in Herne sind das 120.000 Euro), den eine Kommune tragen muss, wenn sie die Fördermittel beantragt.

Auch Kinder der Freiherr-vom-Stein-Grundschule profitieren seit etwa einem Jahr von der Extra-Zeit. „Ich finde es sehr sehr wichtig, dass wir diese Unterstützung haben, denn wir sind eine der Schulen mit einem hohem Migrationshintergrund von 70 bis 75 Prozent“, sagt die stellvertretende Schulleiterin Petra Schachner. „Gerade nach Corona stellen wir fest, dass Kinder doch sehr große Lerndefizite haben, und die können wir mit zusätzlichem Personal, mit zusätzlicher Zeit ausgleichen.“

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Jesper Taube ist Lehramtsstudent und begleitet eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern, die inzwischen in der dritten Klasse ist, seit etwa einem Jahr. „Es ist eine super Erfahrung, die Kinder über ein Schuljahr zu begleiten und zu sehen, wie schnell sie sich entwickeln“, sagt der 31-Jährige. „Unsere größte Herausforderung ist das Maß zwischen Bewegungsangeboten, kreativen Arbeiten und Deutsch, Mathe oder Hausaufgaben zu finden.“ Doch auch das Lernen finde häufig spielerisch statt.

Denn bei dem Projekt geht es nicht nur um Nachhilfe über schulische Inhalte, sondern auch um soziale Aspekte, um das Miteinander, das während der Pandemie auch häufig zu kurz kam. Es werden auch Ausflüge gemacht, einfach miteinander gesprochen. „Es macht mir super viel Spaß“, sagt auch Lehramtsstudentin Marlene Manke (21), die die Kinder seit Februar zweimal in der Woche für jeweils drei Stunden im Anschluss an den regulären Unterricht unterstützt.

Land NRW muss noch festlegen, wie es 2023 weitergeht

Die stellvertretende Schulleiterin Petra Schachner mag sich gar nicht vorstellen, was es bedeuten würde, wenn das Land NRW die Förderung einstellt oder stark reduziert. „Die Schere der Leistungen der Kinder geht immer weiter auseinander“, sagt sie. „Ich hoffe, dass weiterhin Fördergelder fließen. Etwas mehr Planungssicherheit wäre gut.“

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Dass das Land noch einmal eines so hohe Fördersumme zur Verfügung stellt, bezweifelt Kattenbeck. 600.000 Euro – das sei einmalig gewesen. Das Projekt müsse künftig vielleicht kleiner gefahren werden. Die Träger und Vereine sind bereit, ihren Anteil weiter zu leisten, da sie überzeugt sind, dass die Notwendigkeit noch über Jahre besteht. Jetzt sei aber erstmal das Land NRW am Zug.

>>>WEITERE INFORMATIONEN: 27 Gruppen

  • Insgesamt gibt es in Herne laut dem Bildungsbüro ungefähr 27 Gruppen, in denen es „Extra-Zeit zum Lernen“ gibt.
  • Neben dem Kommunalen Integrationszentrum, das als landesgeförderte Einrichtung an sechs Schulen aktiv ist, engagieren sich als Träger die Awo mit vier Gruppen, die Caritas an bisher fünf, bald sechs Schulen und die GfS ebenfalls an sechs Schulen in Herne.
  • Zusätzlich zur „Extra-Zeit zum Lernen“ als Förderprogramm des Landes NRW hat die Stadt 1,5 Millionen Euro Fördergelder über das bundesweite Förderprogramm „Aufholen nach Corona“ nach Herne geholt, so Kattenbeck. Hierbei seien keine Eigenanteile erforderlich.