Herne. Der Zulauf bei den mobilen Impfstellen in Herne steigt. Vor allem vierte Impfungen werden gewünscht. Was Hausärzte Patienten empfehlen.
Die Anfragen nach einer vierten Impfung, also dem zweiten Booster, haben in Herne zuletzt deutlich zugenommen. Das beobachtet sowohl Jennifer Metzlaff von der Koordinierenden Covid-Impfeinheit an den mobilen Impfstellen als auch Allgemeinmediziner Roman Voß in seiner Praxis.
„Zuletzt haben wir einen deutlichen Anstieg bei der Nachfrage an den Impfstellen bemerkt“, sagt Jennifer Metzlaff. Das habe schon vor den Sommerferien begonnen, und mit der Empfehlung der EU für eine erneute Booster-Impfung ab 60 Jahren habe es noch mal einen neuen Schwung gegeben. „Es gibt wieder Schlangenbildungen an den Impfstellen“, sagt sie. Etwa zwei Drittel der Impfwilligen stünden für die vierte Impfung an.
Herner Arzt: „Kein Grund zur Eile bei vierter Impfung“
Bei den Geimpften handelt es sich jedoch nicht nur um ältere Menschen, weiß Metzlaff. Zwar hielten sich die Impfstellen an die Vorgaben des Landes NRW und die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), aber aufgrund von Vorerkrankungen oder je nach beruflicher Tätigkeit hätten in einigen Fällen auch Jüngere Anspruch auf die Auffrischungsimpfung. Wenn sich jemand impfen lassen möchte, werde im ärztlichen Gespräch individuell geklärt, ob eine Impfung sinnvoll ist, so Metzlaff weiter.
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Auch Roman Voß weist derzeit niemanden ab, der eine Impfung ausdrücklich wünscht – egal welchen Alters. „Wir haben derzeit viele Anfragen.“ Dabei sei der Wunsch nach Informationen und Empfehlungen größer als der Wunsch nach einer weiteren Impfung. „Wir warten als Hausärzte darauf, dass es eine neue Stiko-Leitlinie gibt“, so Voß. Aber: „Meine Erfahrung zeigt, dass die fitten 65-Jährigen oder älter mit drei Impfungen ziemlich gut durch Infektionen durchkommen.“ Deshalb sehe er keine Eile, schnell nachzuimpfen, um schwerwiegende Infektionen zu vermeiden. Zwar beobachte er zuletzt öfter, dass Patienten drei bis vier Tage richtig krank seien mit Fieber und Schüttelfrost. „Ich musste in den letzten Wochen aber niemanden mehr ins Krankenhaus einweisen.“
Viele kranke Patienten: Ärzte spüren Corona-Welle
Dennoch sagt Voß: „Wir merken die aktuelle Welle schon sehr.“ Jeden Tag widme er sich in einer Infektionssprechstunde rund zwei Stunden ausschließlich den Corona-Patienten. Ob das an der neuen, noch ansteckenderen Corona-Variante BA.5 liegt oder daran, dass wieder Großveranstaltungen stattfinden, könne er nicht sagen.
Ob das Parookaville-Festival mit täglich 75.000 Besuchern am vergangenen Wochenende, das Ende der Urlaubszeit oder andere Veranstaltungen – für Allgemeinmediziner Markus Bruckhaus-Walter wird der Trend bei der Inzidenz weiter nach oben gehen. „Auch nach der Cranger Kirmes ist zu erwarten, dass die Zahlen weiter steigen“, sagt er. Derzeit treffe es viele Jüngere, da sich diese mehr zusammenrotteten – oder eben zur Cranger Kirmes gehen. Dabei gelte wie bei jeder Mutation des Virus die AHA-Regel weiterhin. Abstand halten ist bei Großveranstaltungen aber häufig unmöglich.
Neuer Corona-Impfstoff wohl im Herbst
Bruckhaus-Walter beobachtet in seiner Praxis, dass sich die Patienten informieren, aber auf den Herbst warteten. Er halte sich bei den Impfungen vor allem an die Stiko-Vorgabe und betont, dass jede Infektion und Erkrankung ein wenig Geduld des Patienten erfordere.
Geduld ist auch bei Menschen gefragt, die auf den an die Omikron-Variante angepassten Impfstoff warten. „Es geistert die Information herum, dass er im September auf den Markt kommt“, sagt Jennifer Metzlaff. Genau könne es aber niemand sagen. Spätestens dann, so denkt sie, werde auch die Stiko eine neue Impfempfehlung für alle herausgeben.
Ärzte sehen derzeitige Isolationspflicht kritisch
Die Debatte um ein Ende der Isolationspflicht sehen die Ärzte indes zwiegespalten. „Mit der aktuellen Quarantäneregel ist keine wirkliche Lösung gefunden worden. Die 7-Tage-Regel ist eher ein halbgarer Kompromiss“, sagt Roman Voß. Viele Patienten hätten auch nach sieben Tagen noch einen positiven Test. So sei er, auch wenn er als Privatperson den Weg der Niederländer ganz ohne Quarantäne bevorzuge, als Arzt sogar für längere Isolationszeiten.
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Markus Bruckhaus-Walter lässt sich auf keine klare Aussage ein, sondern formuliert es lieber offener: „Grundsätzlich sollte man, wenn man krank ist, einen Arzt aufsuchen und sich eine Diagnose einholen. Wer eine Infektionskrankheit hat, sollte sich so verhalten, dass er niemand anderes infiziert.“ Ob das über eine Quarantäneregel oder eine klassische Arbeitsunfähigkeit laufe, sei dabei zweitrangig.
>>>WEITERE INFORMATIONEN: Mobile Impfstellen
- Neben der Impfung beim Hausarzt ist eine Impfung weiterhin bei den Impfstellen möglich. Diese haben derzeit im City-Center in Herne-Mitte, Bahnhofstraße 7b, immer mittwochs von 15 bis 19 Uhr und samstags von 10 bis 16 Uhr und in Wanne, Hauptstraße 221, mittwochs und samstags von 9 bis 13 Uhr geöffnet.
- Zusätzliche Impfaktionen finden im Juli bei der Herner Tafel, Bielefelder Straße 147, statt: am Donnerstag, 28. Juli, sowie Samstag, 30. Juli, von 9 bis 12 Uhr. An allen Impfstellen sind laut DRK (ab fünf Jahren) Biontech sowie (ab 30 Jahren) Moderna und (ab 18 Jahren) Novavax verfügbar.
- Der Impfbus ist derzeit in den Sommerferien.