Herne. Die Stadt Herne hat eine Selbsthilfegruppe für türkische pflegende Angehörige ins Leben gerufen. Wie Betroffene an den Treffen teilnehmen können.
Wo bekomme ich Hilfe, wenn der eigene Ehemann oder die Eltern zum Pflegefall werden? Was in Deutschland für Deutschsprechende bereits überfordernd sein kann, stellt für Türkischsprechende nochmals eine viel größere Herausforderung dar. Deshalb hat die Stadt Herne zusammen mit ihrem Kooperationspartner Plan B Ruhr e.V. eine Selbsthilfegruppe für türkischsprechende Angehörige von Pflegefällen eingerichtet.
Die größte Herausforderung: In der türkischen Kultur ist es von hoher Bedeutung, dass man die eigenen Eltern selbst pflegt. Diese Erfahrung hat auch die gebürtige Türkin Fatma Tügen gemacht, als ihre Eltern plötzlich dement wurden. „Ich habe meinen Eltern immer versprochen, ein Leben lang für sie da zu sein, aber irgendwann war meine Energie aufgebraucht“, sagt die Betroffene am Dienstag, 19. Juli, bei einem Pressegespräch im Herner Rathaus. In der Selbsthilfegruppe will sie als Sprachrohr dienen und anderen Mitgliedern ihrer Kultur nahebringen, dass es in Ordnung ist, fremde Hilfe anzunehmen.
Selbsthilfegruppe für türkische pflegende Angehörige soll einmal pro Monat in Herne stattfinden
Die Idee für das Projekt sei aus einer Bedarfsanalyse des Förderprogramms „Guter Lebensabend NRW“ entstanden, an dem sich die Stadt Herne seit 2021 beteiligt. Das Programm nehme die speziellen Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren mit Einwanderungsgeschichte in der Altenhilfe und -pflege in den Blick, was mittels der Selbsthilfegruppe nun auch in Herne verstärkt fokussiert werden soll.
Einmal in Monat können sich die Betroffenen im Quartiersbüro auf der Viktor-Reuterstraße 1 in Herne zusammenfinden, sich mit Gleichgesinnten auf türkischer Sprache über ihre Situationen austauschen und jede Menge Informationen durch Referenten rund um das Thema Altenpflege erfahren. „Unser Ziel ist es dabei nicht, die Betroffenen dazu zu motivieren, ihre pflegebedürftigen Angehörige ins Heim zu schicken“, betont Zehra Sağdıç von Plan B. Es gebe genügend Hilfsangebote, mit denen man zu Hause alt werden, aber die Familie dennoch entlasten könne.
Viele türkische Angehörige kennen die möglichen Angebote nicht
Auch Tügen habe lange keine Ahnung davon gehabt, dass es Möglichkeiten wie die Tagespflege oder Beratungsangebote gibt. In einer vierwöchigen Reha für pflegende Angehörige sei sie die einzige Türkin gewesen. Viele türkische Angehörige wüssten von den Angeboten nichts oder hätten Angst, dass sie dadurch ihre Kultur nicht mehr ausleben können, sagt sie.
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„Die Selbsthilfegruppe soll ein Vorbild dafür sein, dass beides miteinander vereinbar ist“, sagt Ulrike Lange vom Fachbereich Soziales der Stadt Herne. Für Diversitätsangebote gebe es längst nicht ausreichend Vorbilder. Damit sich die Betroffenen angesprochen und eingeladen fühlen, seien Werbeflyer in deutsch-türkischer Sprache erstellt und unter anderem in Moscheen oder türkischen Supermärkten verteilt worden.
Das nächste Treffen findet am 15. August statt – auch Männer sind erwünscht
Die nächsten Treffen finden an folgenden Tagen jeweils von 15 Uhr bis 16.30 Uhr statt:
- 15. August
- 12. September
- 17. Oktober
- 14. November
- 12. Dezember
Weitere Termine sollen folgen. Die Teilnahme ist kostenlos und komplett unverbindlich. Eine Anmeldung ist nicht zwingend notwendig, wer trotzdem vorher lieber anrufen möchte, erreicht Zehra Sağdıç von Plan B Ruhr e.V. unter 01735851290 oder Ulrike Lange vom Fachbereich Soziales unter 017611928265. Übrigens: Auch Männer sind willkommen.