Herne. Seit vergangener Woche kosten Schnelltests für einige Menschen drei Euro. Warum es an ein paar Testzentren in Herne weiter kostenlose Tests gibt.
Seit vergangener Woche ist für viele Menschen Schluss mit den kostenlosen Corona-Schnelltests. Bisher hatte jeder Bürger auch ohne Corona-Symptome oder einen konkreten Anlass Anspruch auf mindestens einen kostenlosen Schnelltest pro Woche. Das ist mit Inkrafttreten der am späten Mittwochnachmittag, 29. Juni, veröffentlichten neuen Corona-Testverordnung des Bundes vorbei. Das sorgt in Herne für viel Ärger und Frust. Aber: Einige Teststellen erheben trotz der neuen Verordnung keine Gebühr.
„Bei uns sind die Tests weiterhin kostenlos“, sagt Carsten Pawlowski vom gemeinnützigen Verein New Way of Hope. Der Verein komme für die Kosten auf. „Wir wollen den Menschen weiterhin ermöglichen, dass sie sich testen lassen können, ohne etwas zu bezahlen“, betont er. „Gerade jetzt, wo die Corona-Zahlen wieder steigen.“
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Zahl der Tests an Herner Teststation geht deutlich zurück
Dass die drei Euro grundsätzlich erhoben werden, fände er in Ordnung, schließlich habe es in den vergangenen Monaten einige Teststellen-Betreiber gegeben, die zu viele Tests abgerechnet und somit betrogen hätten. Dass allerdings die Tests nicht mehr für alle Menschen zur Verfügung stehen, könne er nicht nachvollziehen. „Jeder, der möchte, sollte sich testen lassen können.“ In letzter Zeit sei die Nachfrage an seiner Teststation um die 60 Prozent zurückgegangen. Und auch die neue Verordnung habe sich bereits am vergangenen Wochenende bei ihm bemerkbar gemacht. So habe es an einem Tag beispielsweise nur noch acht Tests gegeben. „Zum Glück sind wir aber nicht darauf angewiesen“, sagt Pawlowski. „Wir machen weiter. Wir werden das letzte Testzentrum in Herne sein, das schließt.“
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Ein Blick auf die Website der Neuen Apotheke in Herne zeigt: Auch hier gibt es weiterhin kostenlose Schnelltests. Dort heißt es: „Wir verzichten auf die Zuzahlung in Höhe von 3 Euro, um unsere Kundinnen und Kunden gerade in dieser schwierigen Zeit bestmöglich zu unterstützen.“
Als „unverschämt“ bezeichnet Jennifer Schimmelpfennig die neue Verordnung. Sie betreibt an der Dorstener Straße ein Testzentrum. Viele Menschen, die sich bei ihr testen lassen, machten sich Sorgen, weil sie ihre Partner oder Verwandten nicht anstecken wollten, sagt sie. Manche von ihnen seien bisher zwei- bis dreimal in der Woche zum Testen gekommen, nun dürften sie es nicht mehr. „Und das nur, weil ein paar Teststellen-Betreiber Schmu gemacht haben.“
Ein weiteres Problem: Jeder, der sich testen lassen möchte, muss eine Bescheinigung vorlegen, dass er berechtigt ist, einen Test zu bekommen. Sozialhilfeempfänger müssten beispielsweise einen solchen Bescheid vorlegen, sagt Schimmelpfennig. „Das ist doch unverschämt, so etwas zu verlangen.“
Herner Pflegeheim-Chef: „Das ist alles Wahnsinn“
Die Bescheinigungen sind nicht nur für die Teststellen-Betreiber ein organisatorischer Aufwand. Auch Pflegeheime stehen vor einer logistischen Herausforderung. Besucherinnen und Besucher von Pflegeheimen und Krankenhäusern bekommen zwar noch einen kostenlosen Test, aber: Um diesen zu erhalten, müssen sie eine Bescheinigung vom Pflegeheim vorlegen. Martin Krause, Chef des Herner DRK, schildert das Chaos: „Die Leute müssen zu uns kommen, um sich eine Bescheinigung abzuholen. Mit dieser Bescheinigung fahren sie zu einem Testzentrum, lassen sich testen und kommen dann wieder zu uns – das ist alles Wahnsinn“, bringt Krause seinen Frust auf den Punkt.
„Wir hatten wenigstens auf etwas Vorlauf gehofft.“ Doch den gab es nicht. Am 29. Juni hätten sie erfahren, wie es ab dem 30. Juni laufen soll. So hätten sie in den ersten Tagen sogar selbst ein Muster für die Bescheinigungen „basteln“ müssen, sagt Krause. Zudem seien noch viele Fragen nicht geklärt. Zum Beispiel: Müssen sich Besucherinnen und Besucher jeden Tag aufs Neue eine Bescheinigung vom Pflegeheim holen, wenn sie ihre Verwandten oder Bekannten besuchen möchten? Und es gibt ein weiteres Problem: Niemand könne prüfen, ob diejenigen, die sich eine Bescheinigung vom Heim abholen, um damit einen Test machen zu lassen, jemals wieder ins Heim zurückkommen.
Besucher des EvK zeigen sich verständnisvoll
Nicht nur für die Pflegeeinrichtungen, sondern auch für die Testzentren sei die Umstellung zu kurzfristig gekommen, weiß der DRK-Chef, da auch das DRK Tests anbietet. „Um das ganze System sauber umzustellen, müssten eigentlich alle Teststellen eine Woche schließen“, sagt er. Denn die Anforderungen seien mittlerweile sehr hoch, da die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) Sorge vor Betrug habe. Ebenso seien die Abrechnungsmodalitäten noch nicht final geklärt. „Das ist ein Bürokratiemonster.“
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Am evangelischen Krankenhaus hätten sich alle Besucherinnen und Besucher verständnisvoll der neuen Regelung gegenüber gezeigt, sagt Verwaltungsdirektor Danh Vu. „Nach Angabe der erforderlichen Informationen zur eigenen Person und dem Patienten oder der Patientin, die man bei uns besuchen möchte, stellen wir den Besucherinnen und Besuchern eine Bescheinigung für eine öffentliche Teststelle aus“, so Vu. Am vergangenen Wochenende seien an beiden Standorten in Herne insgesamt rund 60 solcher Bescheinigungen ausgestellt worden.
>>>Etwa 117.000 Tests im Juni
- In Herne seien insgesamt 91 Standorte als Teststellen registriert, teilt die Stadt auf Nachfrage mit (Stand: 1. Juli). Hiervon hätten sich zuletzt rund 65 aktiv am kommunalen Test-Geschehen beteiligt. „Durch die Änderungen der Coronavirus-Testverordnung ist von einer Verringerung der Teststandorte auszugehen.“
- Innerhalb der vergangenen vier Wochen hätten fünf Teststellen ihren Betrieb eingestellt. Im Mai habe es 120.382 Testungen gegeben, im Juni seien es 117.671 gewesen.