Herne. In den Kliniken der Elisabeth-Gruppe ist das Kopftuch-Verbot für Beschäftigte kassiert worden. Beim EvK gilt es aber noch. Das sorgt für Kritik.
- Die St. Elisabeth-Gruppe hat das Kopftuch-Verbot in ihren Einrichtungen aufgehoben.
- In der Kliniken der Evangelischen Krankenhausgemeinschaft bleibt das Verbot vorerst bestehen.
- Das EvK ist Akademisches Lehrkrankenhaus der RUB, erfährt nun Widerstand durch Studierende.
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Nach dem Ende des Kopftuch-Streits zwischen dem Herner Krankenhausträger St. Elisabeth-Gruppe und dem Studierendenparlament der Bochumer Ruhr-Uni dürfen Mitarbeiterinnen in den Kliniken des Unternehmens künftig Kopftücher tragen, darunter auch die Medizinstudentinnen. In der Kliniken der Evangelischen Krankenhausgemeinschaft Herne bleibt dagegen (noch) alles beim Alten. Heißt: Kopftücher sind in den Kliniken des EvK weiterhin nicht erlaubt. Das könnte sich aber bald ändern. Denn: Das EvK ist nun Akademisches Lehrkrankenhaus der Bochumer Ruhr-Uni. Und dort regt sich Widerstand gegen das Kopftuchverbot auch am EvK.
EvK-Geschäftsführer Heinz-Werner Bitter hatte das Kopftuch-Verbot gegenüber der WAZ vor zwei Jahren mit einem Verweis auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts verteidigt. Das hatte entschieden, dass kirchliche Einrichtungen das Tragen eines Kopftuches als „Symbol des islamischen Glaubens“ verbieten dürfen. Selbstverständlich sei es jedem Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin aber freigestellt, welche Religionszugehörigkeit er oder sie habe, so Bitter. „Gerade den Angehörigen des muslimischen Glaubens stehen wir sehr aufgeschlossen gegenüber“, sagte er und verwies auf einen eigenen Gebetsraum für Muslime am Standort an der Wiescherstraße. Außerdem sei eine große Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter muslimischen Glaubens, zudem seien hochrangige Leitungspositionen im EvK Herne von Angehörigen dieses Glaubens besetzt.
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Nach dem Druck der Ruhr-Uni und dort vor allem der Studierenden lenkte zuletzt die St. Elisabeth-Gruppe ein und erlaubt künftig eigene weiße Kopftücher mit einem Unternehmenslogo inklusive stilisiertem Kreuz bei den Beschäftigten, darunter bei den Studierenden im Uni-Klinikum Marien Hospital in Herne-Mitte. Dort absolvieren sie Blockpraktika, Famulaturen und ihr Praktisches Jahr. Seit April 2022 ist das EvK nun auch an die Ruhr-Uni angebunden – als Akademisches Lehrkrankenhaus. Heißt: Medizinstudierende können dort ebenfalls ihr Praktisches Jahr (PJ) absolvieren, das im letzten Jahr des Studiums ansteht. Mit Kopftuch, so die aktuelle Regelung, geht das aber nicht.
Das will die Medizin-Fachschaft der Ruhr-Uni nicht akzeptieren. Wer als Akademisches Lehrkrankenhaus an die Ruhr-Uni angebunden sein wolle, der müsse sich auch den Werten der Uni anschließen, zu denen Diversität, Toleranz und kulturelle Sensibilität gehörten – und somit auch die Akzeptanz eines Kopftuchs, sagt Emre Yavuz von der Medizin-Fachschaft zur WAZ. Das habe zuletzt auch das Rektorat klargestellt. Als sich das EvK als Akademisches Krankenhaus beworben habe, habe es der Fachschaft mitgeteilt, dass Kopftücher – genauso wie unter anderem eine jüdische Kippa – im EvK kein Problem darstellen würden, sagt Yavuz.
EvK: Kopftuch-Thematik soll neu diskutiert werden
Aktuell gibt es am EvK – trotz der Ernennung zum Akademischen Lehrkrankenhaus – aber noch keine neue Regelung. Mit „großem Interesse“ habe die Evangelische Krankenhausgemeinschaft die Kompromisslösung zum Thema Kopftuch in der St. Elisabeth-Gruppe zur Kenntnis genommen, sagt Pfarrer Frank Obenlüneschloß, der Theologische Direktor der Ev. Krankenhausgemeinschaft, zur WAZ. Und teilt weiter mit: „Für uns stellt sich die Situation momentan so dar, dass wir die Kopftuch-Thematik sowohl in unseren Gremien als auch mit unserer Kirchenleitung noch einmal neu diskutieren werden. Der Beschlussfindung können wir an dieser Stelle allerdings nicht vorgreifen.“
Die Medizin-Fachschaft zeigt sich verwundert über diese Aussage und kritisiert sie. Die Vertretung geht davon aus, dass die Zusage des EvK während der Bewerbung zum Akademischen Lehrkrankenhaus gilt und Kopftücher auch am Akademischen Lehrkrankenhaus EvK erlaubt sind. Sei das entgegen der Absprachen nicht der Fall, „dann werden wir schauen, wie wir damit umgehen“, so Emre Yavuz.
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„Für mich war es wirklich nur eine Frage der Zeit, wann die Gesellschaft die Notwendigkeit der Öffnung der konfessionellen Institutionen für muslimische, kopftuchtragende Mitarbeiterinnen erkennt und dies von den entsprechenden Einrichtungen einfordert“, kommentierte der Herner Integrationsratsvorsitzender Ibrahim Baltaci die Kompromisslösung in der St. Elisabeth-Gruppe zuletzt gegenüber der WAZ.
Er fügte an: Er hoffe, dass die Einigung, sprich: das Dienst-Kopftuch nun auch „Vorbild für viele weitere konfessionelle Einrichtungen ist“.