Herne. Die E-Gruppe hat viele Bauprojekte in Herne. Geschäftsführer Steven Engler erläutert, welchen großen Stellenwert dabei die Nachhaltigkeit hat.

Das City-Center macht vor einigen Jahren den Anfang, seitdem realisiert die E-Gruppe mehrere Projekte in Herne. Geschäftsführer Steven Engler erläutert im Gespräch mit WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann die Beziehung des Unternehmens zu Herne und die nachhaltige Ausrichtung.

Herr Engler, die E-Gruppe ist zurzeit an mehreren Stellen in Herne tätig, und hat darüber hinaus ihren Firmensitz von Gelsenkirchen nach Herne verlegt, Sie werden ja in den Europagarten ziehen. Woher kommt die starke Bindung nach Herne?

Mein Vater war bereits vor rund 20 Jahren in Herne, ist aber wieder zurück nach Gelsenkirchen gegangen. Der Schritt wieder nach Herne lag jetzt deshalb nahe, weil wir dort die meisten Projekte haben, die wir im eigenen Bestand halten: die beiden THW-Gebäude, das City-Center, und wir haben beim früheren Adler-Gebäude zugegriffen. Auf diesem Grundstück steht jetzt der Europagarten. Hinzu kommt noch das H3 in Sichtweite des Europagartens. Da wir als Unternehmen wachsen wollen, haben wir uns entschieden, ins Obergeschoss des Europagartens zu ziehen.

Der Europagarten wird in diesem Sommer bezugsfertig sein.
Der Europagarten wird in diesem Sommer bezugsfertig sein. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Planen Sie weitere Projekte in Herne?

Dadurch, dass wir als E-Gruppe inzwischen bekannt sind, werden wir auch angesprochen, aber man muss schon genau auswählen. Wir haben jetzt rund 150 Millionen Euro in Herne investiert, man muss allerdings schauen, dass man seinen Bestand mischt, sowohl was die Nutzungen betrifft als auch die Städte. Wir haben im Moment Projekte in Gladbeck oder Gelsenkirchen oder in Dorsten. In Herne ist zunächst eine Grenze erreicht, aber man weiß ja nie. Den Innovationspark für nachhaltige Chemie finde ich unheimlich spannend, weil ich selbst an der Uni gearbeitet und geforscht habe.

Aber die E-Gruppe ist ja deutschland- und europaweit unterwegs...

...das stimmt. Wir entwickeln zurzeit 500.000 Quadratmeter Logistikflächen in ganz Deutschland, das sind etwa acht Prozent aller Logistikflächen Deutschland. Wir entwickeln und bebauen die Fläche und verkaufen sie. Ende 2020 haben wir ein riesiges Logistikzentrum mit 185.000 Quadratmetern in Frankreich gebaut.

Wie waren die Anfänge? Ihr Vater hat das Unternehmen 1979 gegründet.

Von den 40 Jahren hat mein Vater rund 30 Jahre Immobilien für den Lebensmitteleinzelhandel entwickelt und gebaut. Auch deutschlandweit, nach der Wende sehr viele in den neuen Bundesländern. 2010 hat er das erste Logistikobjekt realisiert. Dass ich ins Unternehmen eingestiegen bin, war an eine Bedingung geknüpft, die wir heute bereits erfüllen: Wir wollen die Dinge nachhaltig umsetzen, dies war auch mein Forschungsschwerpunkt an der Uni.

Kann denn Logistik nachhaltig sein?

Logistik bietet für mich per se viele Ansatzpunkte für Nachhaltigkeit: Wenn man von einem Logistikzentrum direkt an die Kunden Zuhause liefert, ist das viel nachhaltiger als wenn man vom Logistikzentrum zu einem Unterverteilzentrum in die Innenstadt liefert. Dorthin fährt dann der Empfänger mit dem Auto, holt das Produkt ab und fährt mit dem Auto wieder nach Hause. Unser Anspruch ist aber generell: Alle Gebäude, die wir bauen, müssen nachhaltig sein.

Das H3 soll in den nächsten Jahren in der Herner Innenstadt - in Sichtweite der Kreuzkirche und des Europagartens - entstehen.
Das H3 soll in den nächsten Jahren in der Herner Innenstadt - in Sichtweite der Kreuzkirche und des Europagartens - entstehen. © Rexforth

Haben Sie ein Beispiel für diese Nachhaltigkeit?

Am Niedersachsenpark im Rieste erzeugen wir mit unserer Photovoltaikanlage 8,3 Megawattstunden Strom, davon brauchen die Mieter etwa fünf Megawatt. Mit den restlichen 3,3 wollen wir zum Teil grünen Wasserstoff erzeugen und diesen wieder rückverstromen. Damit kann die größte Halle des Niedersachsenparks energieautark sein. Allerdings haben wir für die entscheidenden Bauteile extrem lange Lieferzeiten. Wenn es klappt, dürften wir die ersten sein, die diese Technologie derart in der Logistik einsetzen. In Nordenham bauen wir Hallen, die mit Mikrowindrädern ausgerüstet sind, in Lensahn bauen wir eine Halle mit Geothermie. Wir sind zwar nicht so groß wie andere, aber dadurch, dass wir solche Lösungen entwickeln, haben wir einen festen Platz im Markt.

Wie setzen Sie den eigenen Anspruch, nachhaltig zu sein, in Herne um?

Beim Europagarten nutzen wir zum Beispiel Geothermie, und auf dem Dach ist auch bereits eine Photovoltaikanlage montiert. Dort werden wir vielleicht auf einen Autarkiegrad von rund 80 Prozent kommen. Auch im City-Center, dessen Umbau ja eigentlich abgeschlossen ist, rüsten wir noch mal nach. Und im Kaiserquartier wird unter dem Parkplatz ein Eisspeicher sein.

Was ist das?

Dazu wird ein großer Tank mit Wasser unter dem Parkplatz eingebaut. Die Anlage funktioniert dann in etwa wie ein umgekehrter Kühlschrank: Der Strom von der Photovoltaikanlage wird verwendet, um die Fließrichtung der Wärme umzudrehen. Dabei wird dem Wasser so viel Wärme entzogen, dass es gefriert. Die Wärme wird dann zur Temperaturregulierung im Gebäude genutzt. Wir werden dort auch mit einem Trenntoilettensystem arbeiten, weil wir den Wasserverbrauch des Gebäudes reduzieren und den Ressourcenkreislauf sinnvoll nutzen wollen. Und Regenwasser wollen wir in einer unterirdischen Zisterne auffangen, um damit die Grünflächen zu bewässern. Das kann man alles unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit machen, wir wollen aber auch die Kosten in der Zukunft minimieren. Wir geben jetzt zwar viel mehr aus, aber das wird sich, nach meiner Überzeugung, nicht erst in zehn Jahren auszahlen, gerade vor dem Hintergrund der jetzigen Situation. Und wir werden im Kaiserquartier tatsächlich Bäume aufs Dach setzen.

Auf dem begehbaren Dach des Kaiserquartiers werden Bäume gesetzt.
Auf dem begehbaren Dach des Kaiserquartiers werden Bäume gesetzt. © RWK Architekten

Was heißt Baum?

Baum! Keine Bäumchen. Am liebsten würde ich Obstbäume pflanzen, sodass jeder, der will, einen Apfel essen kann, wenn er das möchte. Für die Bäume ziehen wir extra Stahlträger aufgrund der hohen Lasten ein.

Kann man die E-Gruppe als grünstes Immobilienunternehmen Deutschlands bezeichnen?

Das würde ich dementieren, aber wir müssen uns wohl vor keinem anderen verstecken. Wir setzen die Nachhaltigkeit aus eigenem Antrieb um, weil wir es für wichtig halten. All die, die zu uns kommen, müssen wissen, dass es nur so geht. Ohne Nachhaltigkeit im Fokus akzeptiere ich ein Bauprojekt nicht. Ich würde nie ein Projekt annehmen, bei dem ich Millionen Euro Gewinn machen könnte, es aber 08/15 ist. Man merkt aber auch gerade in der Logistik, dass der Preis nicht mehr den Hauptausschlag gibt, sondern inzwischen auch die Nachhaltigkeit.

Wie stark wächst denn die E-Gruppe?

Als ich angefangen habe, waren es vier Mitarbeiter, mittlerweile kommen wir auf rund 30. Auch unser Jahresumsatz ist stetig gewachsen, auch wenn er von Jahr zu Jahr schwankt.

>>> ZUR PERSON

■ Steven Engler (Jg. 1985) ist promovierter Geograph. Nach seinem Studium hat er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung und am Institut für Entwicklungsforschung und Entwicklungspolitik gearbeitet.

■ Am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen war er Co-Leiter des Forschungsbereichs »Partizipationskultur«. Seine Promotion hat er an der Justus-Liebig-Universität Gießen über den Themenkomplex der Nahrungsmittelunsicherheit und Klimaextremen abgeschlossen.