Herne. Das Feldherrenviertel in Herne-Horsthausen ist seit Jahren als Problemzone im Fokus. Nun hat die Stadt eine Quartiersanalyse durchgeführt.
Das Feldherrenviertel in Herne-Horsthausen ist seit Jahren als Problemzone im Fokus. Die Liste von Klagen ist stattlich: Lärm, Dreck, Raser, Konflikte mit Südosteuropäern. Vor rund zwei Jahren gründeten Anwohner die Initiative „Zukunft Feldherrenviertel“. Die Stadt hat in den vergangenen Monaten eine Quartiersanalyse durchgeführt, um genau zu wissen, wie es um das Viertel bestellt ist. Am Montag stellte sie die Ergebnisse vor - und mögliche Schritte nach vorn.
Deutlich höhere Arbeitslosigkeit
Die Ergebnisse spiegeln durchaus das Gefühl der engagierten Anwohner wider, dass ihre Nachbarschaft im „Niedergang“ ist. So liege die Arbeitslosigkeit (10,4 Prozent) deutlich über der des Bezirks Sodingen (6,4 Prozent) und der Stadt insgesamt (8,1 Prozent). Noch krasser wird der Unterschied bei den Beziehern von Hartz IV: 21,8 Prozent im Viertel, 14,2 Prozent in ganz Herne. Bei Kindern unter 15 Jahren sind es sogar 46,9 Prozent.
Was Anwohner als Teil des Problems ausgemacht haben: Fast die Hälfte der Bewohner hat einen Migrationshintergrund (47,8 Prozent). Und davon machen Türken mehr als die Hälfte aus. Doch die Beschwerden richteten sich in der Vergangenheit allerdings in erster Linie gegen Südosteuropäer, doch Rumänen und Bulgaren stellen mit 11,6 und 3,5 Prozent einen relativ geringen Anteil. Allerdings sei nicht auszuschließen, dass dort Personen aus Südosteuropa wohnen, die dort gar nicht gemeldet sind, so Karen Schulz aus dem Fachbereich Stadtplanung.
Eine Bewohnerbefragung brachte ans Licht, dass die Wohnzufriedenheit mit 31 Prozent sehr niedrig ausfällt. Ein Viertel der befragten Bewohner will wegen der Situation im Viertel wegziehen, 68 Prozent nennen Orte, die sie meiden, zum Beispiel verwahrloste Gebäude. Sicher, ruhig, sauber, familiengerecht, seniorengerecht - bei all diesen Zuschreibungen erhielt das Feldherrenviertel negative Werte, nur die Charakterisierung „lebendig“ kam in den positiven Bereich.
Bei den Anwohnern stießen die „ungeschminkten“ Ergebnisse auf Zustimmung
Kein Wunder, dass die Anwohner eine Reihe von Problemen benannten - und einige Wünsche äußerten, etwa: die Errichtung von Neubauten, eine Apotheke oder einen Arzt (im gesamten Quartier gibt es keinen). Auch Gastronomie und kulturelle Angebote wünschen sich die Anwohner.
Diese „ungeschminkten“ Ergebnisse kamen bei den Zuhörern gut an. „Gut, dass es nicht mehr wie früher einen Beruhigungscocktail gibt“, hieß es von einer Anwohnerin, Sodingens Bezirksbürgermeister Mathias Grunert nannte die Ergebnisse teilweise erschütternd, doch sie bestätigten die Wahrnehmung der Anwohner. Die nannten bei der Diskussion noch ein weiteres Problem: mangelnder Parkraum.
Gibt es denn nichts Positives? Doch! Die Nähe zu Kanal und Schrebergarten wird ebenso genannt wie die gute Infrastruktur bei Verkehr und Nahversorgung. Zu den Stärken zählen auch das Fußballzentrum Horsthausen, das auf das Viertel ausstrahle. Auch die Radwegeverbindung nach Herne-Mitte zählt zu den Stärken, ebenso wie Familienzentrum und Begegnungsstätten.
Stadt hat Potenzialflächen für Wohnungsneubau ins Auge gefasst
Angesichts der Resultate der Analyse hat die Stadt eine Reihe von Maßnahmen ermittelt, mit denen die Entwicklung des Viertels in eine andere Richtung gelenkt werden könnte: So sollen verwahrloste Immobilien intensiv begleitet und womöglich Vorkaufsrechte genutzt werden. Der Wohnungsbestand soll energetisch saniert, die Barrierefreiheit erhöht werden; auch Neubau gehört zu den Maßnahmen, die Stadt hat Potenzialflächen dafür ins Auge gefasst. Darüber hinaus soll das Viertel Richtung Kanal und Herner Meer geöffnet werden.
Die Stadt geht mit ihren Ideen teilweise sehr ins Detail: So sollen sogenannte Pocket-Parks entstehen, um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen, aber auch die Hitzebelastung zu verringern; die Zahl der Bäume insgesamt soll erhöht werden. Außerdem biete mittelfristig der Uferbereich des Landwehrbachs Potenzial für Naherholung. Zu den weiteren Maßnahmen, die genannt werden, zählen Urban Gardening, Freizeitangebote für ältere Jugendliche oder der Bau eines Fußball-Kleinfelds. Und schließlich sollen Integrationsangebote für Zugewanderte aus Osteuropa geschaffen werden.
>>> DIE VORGEHENSWEISE
■ Für die Quartiersanalyse wertete der Fachbereich Stadtplanung zunächst Quellen und Statistiken aus. Danach wurden alle Wohngebäude kartiert, Experteninterviews geführt und Anwohner befragt. Daraus wurden Handlungsoptionen und Maßnahmenvorschläge erarbeitet.
■ Nach der öffentlichen Präsentation wird die Analyse nun in den politischen Gremien (z.B. Bezirksvertretung) vorgestellt