Herne. Die Westfalen AG hat in Herne eine LNG-Tankstelle in Betrieb genommen. Für das Unternehmen, aber auch für Herne hat sie eine besondere Bedeutung.

Der Schwerlastverkehr auf der Straße ist auf den Kraftstoff Diesel angewiesen. Doch abgesehen vom ebenfalls extrem gestiegenen Preis ist Diesel wegen des Ausstoßes von CO2, Stickoxiden und Feinstaub eine Belastung für die Umwelt. Die einzig verfügbare Alternative: LNG, Flüssigerdgas. Die Westfalen AG hat nun in Herne die erste LNG-Tankstelle für Lkw in Betrieb genommen. Was sie für das Unternehmen, aber auch für Herne bedeutet.

Auch wenn der Verkauf von fossilen Brennstoffen zurzeit eher als problematisch betrachtet werde, so sehe sich die Westfalen AG mit diesem Angebot als „Problemlöser“, so Mobilitätsleiter Andre Stracke. Man wolle das Modell Tankstelle in die Zukunft transportieren und sie zu einer Mobilitätsdrehscheibe weiterentwickeln. Die Antriebsenergien seien variabler und weniger CO2-lastig. So solle in Zukunft Strom und Wasserstoff angeboten werden. Letzterer könne auch für Herne ein Option sein.

Herner LNG-Tankstelle ist der achte Standort im Ruhrgebiet

In der Gegenwart macht die Westfalen-Gruppe mit der LNG-Tankstelle den nächsten Schritt. Das Unternehmen hat rund eine Million Euro in den Bau der Anlage investiert, zu erkennen ist sie an einem 17 Meter hohen Tank. Für Westfalen ist es der dritte Standort, im Ruhrgebiet gibt es bisher sieben.

LNG sei zwar immer noch ein fossiler Kraftstoff, habe aber 20 Prozent weniger CO2-Ausstoß als ein klassischer Diesel. Doch dieses LNG soll lediglich eine Art Brücke sein. Das Produkt solle in den kommenden Jahren gegen ein Bio-LNG ausgetauscht werden. Das Grundprodukt käme aus Biogasanlagen, das LNG werde klimaneutral. Bis Ende 2024 könnte dieses Ziel erreicht werden, so Stracke. „Wir sind für die Zukunft gut gerüstet“, so Stracke.

Ruhrgebiet soll grünste Industrieregion der Welt werden

Allerdings räumte er auch ein, dass es angesichts der Rahmenbedingungen ein paar „Bauchschmerzen“ gebe. So gebe es explodierende Kosten bei der Beschaffung von technischen Anlagen, es gebe lange Lieferzeiten. Allerdings sei die Zeit bis zur Umstellung auf Bio-LNG absehbar. „Und dann sehe ich sehr viel Zukunft.“ Auch wenn es einige Unwägbarkeiten wie die Situation in der Ukraine oder den Bau von LNG-Terminals in Deutschland gebe. Stracke appellierte auch in Richtung Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, für den sich womöglich ein Besuch in Herne anbahnt, beim umweltfreundlichen Verkehr nicht nur Elektromobilität und Wasserstoff in den Fokus zu nehmen, sondern alle Möglichkeiten zu nutzen, die klimatisch weiterbringen.

Gerhard Graf (l.) Geschäftsführer der Bochumer Spedition Graf, schaut zu, wie einer seiner Fahrer tankt.
Gerhard Graf (l.) Geschäftsführer der Bochumer Spedition Graf, schaut zu, wie einer seiner Fahrer tankt. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Für Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda passt die LNG-Tankstelle in die Strategie, das Ruhrgebiet zur grünsten Industrieregion der Welt zu machen. LNG leiste einen Beitrag, die Logistik zu transformieren. LNG-Motoren würden 50 Prozent leiser laufen als Diesel. Hinzu käme eine deutliche Reduktion der Stickoxide und des Feinstaubs. Man könne die Industrie und die Logistik nicht „über Nacht“ umstellen, wichtig sei es, sich Wegmarken zu setzen. Und die Westfalen-Gruppe habe sich auf den Weg gemacht.

Unsicherheiten wegen der unklaren politischen Rahmenbedingungen

Einen Nutzer der LNG-Tankstelle gibt es bereits: die Spedition Graf aus Bochum. Deren Flotte umfasst 100 Lkw, davon seien 20 LNG-Fahrzeuge, so Christian Graf. Mit dem Thema LNG beschäftige sich die Firma bereits seit 2018. Die LNG-Fahrzeuge seien seit August vergangenen Jahres im Einsatz - rund um die Uhr. Die Erfahrungen bisher seien sehr positiv. Allerdings: Eigentlich seien diese Fahrzeuge auf Grund des Gaspreises zurzeit nicht rentabel zu betreiben und müssten auf dem Hof stehen bleiben. Für den Mittwoch wies die Herner Tankstelle einen LNG-Preis von 2,69,9 Euro aus. Allerdings übernehme die DHL/Deutsche Post als Kunde einen Teil der Mehrkosten, weil der Konzern es sich zum Ziel gesetzt habe, bis 2030 klimaneutral zu werden.

Graf wies darauf hin, dass LNG, gerade wenn die Umstellung auf Bio gelungen sei, eine gute Übergangstechnologie in die Zukunft sei. Erst in einigen Jahren soll es Elektro-Lkw geben, die eine Reichweite von 600 Kilometern haben, das helfe in der Logistik nicht weiter. Unsicherheit bereiteten die politischen Rahmenbedingungen. Keiner wisse, wie ob eine CO2-abhängige Maut komme. Das mache die Investition in LNG risikoreich. Als Transportunternehmen brauche man Planungssicherheit.

>>> DIE WESTFALEN AG

■ Die Westfalen-Gruppe wurde bereits 1923 gegründet und hat ihren Hauptsitz in Münster.

■ Neben Tankstellen gehören technische Gase und Gase für die Energieversorgung zu den Geschäftsfeldern. Der Herner Tankstellenstandort ist 2014 in Betrieb genommen worden.