Oberhausen. Das Fraunhofer Umsicht in Oberhausen hat eine Ökobilanzstudie zur „Durchwachsenen Silphie“ erstellt. Kann sie den steigenden Papierbedarf decken?
Eine Blume mit gelber Blüte, die Energie und Papier liefern kann – das ist die „Durchwachsene Silphie“. Das Forschungsinstitut Fraunhofer Umsicht in Oberhausen hat sich die Pflanze genauer angeschaut, um herauszufinden, ob sie eine Alternative zu Holz sein könnte. Denn die Deutschen bestellen immer mehr Waren im Internet und lassen sie sich im Pappkarton nach Hause liefen. Und auch als Alternative zu Plastik genießt Papier einen guten Ruf. Der Papierbedarf steigt also. Der Zellstoff dafür stammt oft nicht aus Deutschland, sondern wird zum Beispiel aus Skandinavien oder Brasilien importiert, was für eine schlechte Ökobilanz sorgt. Könnte die Silphie also die Lösung sein?
Dr. Daniel Maga vom Fraunhofer Umsicht hat eine Ökobilanzstudie zu der Pflanze erstellt, die bis zu drei Meter groß werden kann. Die Silphie gilt als potenzielle Alternative zu Energiemais, der zur Energiegewinnung in Biogasanlagen genutzt wird. Auch aus der Wildstaude mit gelber Blüte kann zunächst Biogas und dann Strom oder etwa Fernwärme hergestellt werden. Die Silphie spiele demnach auch eine Rolle bei erneuerbaren Energien, so Maga.
Eine Mischung aus Silphie-Fasern und Holzzellstoff liefert gute Qualität
Doch die Staude liefert nicht nur Energie. Auch ihre Fasern lassen sich nutzen. In Baden-Württemberg zerlegen Fachleute die Pflanze, die in Nordamerika heimisch ist, mithilfe einer riesigen Blechdose – der Steam-Explosion-Anlage – in ihre Einzelteile. Übrig bleibt eine Brühe, die als Biomasse in Biogasanlagen zum Einsatz kommt, sowie die Fasern der Pflanze, die sich energetisch nicht verwerten lassen.
Sie sind aber weitaus mehr als ein Abfallprodukt. In einer Papierfabrik wird daraus Papier hergestellt. Das besteht allerdings nicht zu 100 Prozent aus Silphie-Fasern, sondern anteilig auch aus Holzzellstoff. Die Qualität des Mischproduktes sei besser, so Maga. Das Papier ist ungechlort, sieht also „ein bisschen nach Natur“ aus. Es sei bedruckbar, beklebbar und auch für die Verpackung von Nahrungsmitteln geeignet. Wie Karton aus Holzzellstoff auch, sei es recycelbar.
Die Silphie schneidet nicht in allen Punkten besser ab als Holz
Doch welche Vorteile bietet die Silphie nun gegenüber Holz? Bauern könnten die Pflanze hier in Deutschland anbauen, sagt der Fachmann. Die Importwege fielen also weg und es müsste weniger Zellstoff aus Südamerika eingeflogen werden. Die Pflanze sei für Landwirte außerdem als Zwischenfrucht interessant, da sie zum Humusaufbau beitrage. „Der Boden gewinnt an Qualität“, so Maga.
Die Silphie schneidet allerdings nicht in allen Punkten besser ab als Holz. „Wald wächst relativ von allein“, sagt der Fachmann. Zwar sei die Blume unkompliziert, brauche wenig Dünger und müsse auch kaum bewässert werden. Zum Anbau sei aber eben ein Feld nötig und jemand, der es bewirtschafte. Der Ertrag pro Fläche sei im Vergleich bei der Silphie jedoch etwas größer als beim Holz. Dennoch: Den steigenden Papierbedarf kann die Pflanze allein nicht decken, ist sich Daniel Maga sicher. Dafür gebe es auch zu wenig Anbauflächen.
Die Silphie kann die Welt nicht retten
Insgesamt sei die Umweltwirkung der Silphie-Fasern ähnlich wie die des Holzzellstoffs. „Die Welt retten“ könne die Durchwachsene Silphie wohl nicht, so Magas Fazit. „Es ist einfach eine andere Variante, die aber sicherlich Potenzial hat.“ Die Supermärkte werden also nicht bald voll sein mit Verpackungen aus Silphie-Fasern. Aber einzelne Produkte könnten durchaus auf die Holzalternative zurückgreifen, sagt der Fachmann. Und so könnte irgendwann auch in Oberhausen Zahnpasta im Silphie-Karton im Supermarktregal stehen.
Die Durchwachsene Silphie
Die Durchwachsene Silphie stammt aus der gemäßigten Klimazone Nordamerikas und ist in den östlichen Bundesstaaten der USA sowie Kanadas verbreitet.Die Pflanze produziert ab dem zweiten Jahr zwischen 13 und 20 Tonnen Biomasse pro Hektar Anbaufläche. Sie gilt außerdem als gute Bienenweide. Sie blüht von Juni bis September und damit in einer Zeit, in der Honigbienen nicht mehr allzu viel Nektar finden.