Herne. In den Kliniken in Herne können Muslimas künftig Kopftücher tragen. Melda (24) wurde wegen ihres Kopftuchs rausgeschmissen. Was sie dazu sagt.
Das umstrittene Kopftuch-Verbot für Medizin-Studierende in den Krankenhäusern der Herner St. Elisabeth-Gruppe ist gekippt worden. Die Praktikantin Melda aus Herne hat daran einen erheblichen Anteil: Die Schülerin in der Ergotherapie-Ausbildung wurde Anfang 2022 aus ihrem Praktikum im St. Marien Hospital geschmissen, weil sie ihr Kopftuch nicht ablegen wollte. Nun sind Kopftücher erlaubt. „Ich konnte mein Ziel erreichen“, freut sich die 24-Jährige. Und bekennt: „Ich bin glücklich darüber.“
Seit gut einem Jahr hatte das Studierendenparlament der Ruhr-Uni ein Ende des Kopftuch-Verbots für die Beschäftigten der katholischen St. Elisabeth-Gruppe gefordert – bislang vergeblich. Erst durch den Fall Melda nahm die Diskussion an Fahrt auf – und sorgte letztlich für ein Umdenken bei dem Herner Krankenhausträger. Die 24-Jährige hatte ein dreimonatiges Pflichtpraktikum im Rahmen ihrer Ergotherapie-Ausbildung angetreten und war nach 14 Tagen wegen ihres Kopftuches aus dem Eickeler St. Marien Hospital verwiesen worden.
Das Studierenden-Parlament der Bochumer Ruhr-Uni forderte daraufhin in einem Brief, der auch an alle Chefärztinnen und Chefärzte verschickt wurde, das Ende des Kopftuch-Verbots. In der Vergangenheit seien auch Studierende der Ruhr-Uni im Rahmen von Blockpraktika, Famulaturen und Praktischem Jahr aufgrund ihres Kopftuches diskriminiert worden. Sollte die Gruppe nicht von dem Verbot ablassen, so der Tenor des Schreibens, dann könne man die Zusammenarbeit mit der Gruppe als Träger eines Uniklinikums oder akademischen Lehrkrankenhauses nicht weiter unterstützen.
Herne: St. Elisabeth-Gruppe schafft weiße Kopftücher mit Logo an
Nun lenkte die St. Elisabeth-Gruppe ein. Sie sagte zu, dass muslimische Frauen in ihren Häusern künftig Kopftücher tragen dürfen. Und nicht nur das: Die Krankenhaus-Gruppe, zu der auch das Marien Hospital in Herne als Uni-Klinik der RUB gehört, will auf eigene Kosten weiße Kopftücher mit eigenem Logo selbst herstellen lassen und den Muslima bei der Arbeit zur Verfügung stellen. Medizinfachschaft, aber auch Medizin-Dekanin und Rektor zeigten sich zufrieden mit der Lösung. So auch Melda, die sich nach eigenen Angaben in den vergangenen Wochen regelmäßig mit der Medizinfachschaft ausgetauscht hat. Sie sieht das Ergebnis positiv. Sie habe erreicht, was sie gefordert habe: dass Muslimas in der Klinik-Gruppe nicht mehr diskriminiert würden.
Dass Mitarbeiterinnen keine eigenen Kopftücher tragen sollen, sondern „nur“ die weißen, die das Unternehmen stellt, ja mehr noch: die auch das Logo der Gruppe mit einem stilisierten Kreuz zeigen, damit kann die geschasste Praktikantin leben. Das sei ein annehmbarer Kompromiss, sagt sie zur WAZ. Die Unternehmensgruppe sei auf die Studierenden zugegangen, auch die Studierenden könnten deshalb ein Stück auf die Gruppe zugehen. Das sei geschehen.
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Melda fühlt sich bestätigt darin, dass es richtig gewesen sei, dass sie den Fall im Januar 2022 der WAZ Herne geschildert und so den Stein ins Rollen gebracht habe. Das Wichtigste sei: Kopftücher sind nun erlaubt. Sie freue sich, wenn sie dazu einen Beitrag habe leisten können – vielleicht den entscheidenden.
Und wie geht es bei der jungen Frau aus Röhlinghausen selbst weiter? Nach ihrem Rausschmiss fand sie eine neue Praktikantenstelle in Essen, wo sie das Kopftuch tragen durfte. Dieses Praktikum habe sie mittlerweile erfolgreich abgeschlossen, nun drücke sie in ihrer Ausbildung zur Ergotherapeutin im Bochumer „Max Q“, einem Bildungszentrum für Gesundheitsberufe, wieder die Schulbank, erzählt sie. Ende August will sie ihr Examen machen und im Oktober mit der Ausbildung fertig sein.
Ob sie es anschließend bei ihrer Suche nach einer Festanstellung noch mal bei der St. Elisabeth-Gruppe probiert? Jetzt, da dort Kopftücher erlaubt sind? „Nein“, sagt Melda. Dort möchte sie nicht beschäftigt sein. Die Klinik-Gruppe habe es ja nicht mal geschafft, sich für ihren Rausschmiss zu entschuldigen. „Ich hätte mich sehr über eine Entschuldigung gefreut.“