Herne. Bei der Jobmesse „Berufemarkt“ treffen Herner Schüler auf ihre künftigen Arbeitgeber. Warum das Angebot nach zwei Jahren Pandemie so wichtig ist.

Die Mensa der Erich-Fried-Gesamtschule in Herne-Holsterhausen wurde am Dienstag, 26. April, zur Messehalle umfunktioniert. Denn dort, wo Schülerinnen und Schüler sonst ihre Pausen verbringen, konnte nach zweijähriger Coronapause endlich wieder der „Berufemarkt“ stattfinden. An rund 20 Ständen konnten sich die achten und neunten Klassen sowie die Oberstufenschüler über verschiedene Berufe und Unternehmen informieren. Neben Filialisten wie DM und großen Arbeitgebern wie der Deutschen Bahn waren auch kleinere Unternehmen und Studienberatungen vertreten.

Herner Lehrerin: „Corona hat was mit den Schülern gemacht“

Für ein buntes Angebot unter den Ausstellern war die Koordinatorin und Lehrerin Gabi Weis zuständig. Viele Firmen, erzählt sie, seien sehr an der Teilnahme interessiert gewesen. „Für die Firmen ist das eine Win-Win-Situation“, so die Koordinatorin. „Sie müssen keine Standgebühren bezahlen und können trotzdem Werbung machen.“ Was noch wichtiger ist: „Manche Betriebe haben zum Teil noch viele Lehrstellen zu vergeben, wovon die Schüler im Zweifel gar nichts wissen.“

Gabi Weis unterrichtet an der Erich-Fried-Gesamtschule unter anderem Englisch und gehört zu den Organisatorinnen des „Berufemarkts“.
Gabi Weis unterrichtet an der Erich-Fried-Gesamtschule unter anderem Englisch und gehört zu den Organisatorinnen des „Berufemarkts“. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

„Auch die Schüler nehmen das dankbar an“, berichtet Weis weiter. „Die Jahrgänge, die jetzt hier sitzen, haben zum Teil den Berufemarkt noch nie erlebt.“ Gerade mit Blick auf die Pandemie sei es der Schule ein großes Anliegen, den Schülerinnen und Schülern ein solches Angebot bieten zu können. „Corona hat was mit den Schülern gemacht“, weiß die Lehrerin. Bei einigen beobachte sie psychische Probleme, vielen falle es schwer, dem Onlineunterricht zu folgen. „Deshalb ist so etwas Haptisches wie die Messe umso wichtiger“, ist Weis überzeugt.

Betriebe: „Pandemie hat uns zurückgeworfen“

Um in Kontakt mit den Firmen zu kommen, müssen die achten und neunten Klassen beim Messebesuch Laufzettel ausfüllen. Am Aldi-Stand beantwortet Ausbildungsleiterin Julia Nogly die Fragen der Schüler. Nogly ist für den Bereich Aldi Nord Herten zuständig. 70 Ausbildungsstellen werden dort jährlich vergeben. „Dieses Jahr ist die Bewerberqualität mau“, gesteht die Personalerin. „Man muss richtig aussortieren und mehr auf die Leute zugehen als früher.“ Das hänge auch mit Corona zusammen: „Zwei Jahre lang konnten wir nur Videomessen veranstalten. Das war anstrengend“, so Nogly. Der persönliche Kontakt zu den Bewerbern habe völlig gefehlt.

Das bestätigt auch Hans-Peter Kemmler von der Deutschen Bahn Netz AG, die zum siebten Mal beim „Berufemarkt“ vertreten ist. „Die Pandemie hat uns richtig zurückgeworfen“, so der Wanne-Eickeler. „Man kam nicht an die Leute ran, konnte keine Bewerbungstrainings machen, und die Schüler konnten keinen Kontakt zur Arbeitswelt knüpfen.“ Viele Betriebe, darunter auch die DB, suchten deshalb nun händeringend nach Studenten und insbesondere Auszubildenden. Um Bewerber nicht abzuschrecken, habe die DB sogar schon ihren Eignungstest ausgesetzt. „Wir hoffen, dass nun wieder mehr Zulauf kommt“, so Kemmler.

Mithilfe eines „Bewerbungsfahrplans“ vermittelt DB-Schulpate Hans-Peter Kemmler (hinten links) den Schülerinnen und Schülern, wie wichtig es ist, sich frühzeitig zu bewerben.
Mithilfe eines „Bewerbungsfahrplans“ vermittelt DB-Schulpate Hans-Peter Kemmler (hinten links) den Schülerinnen und Schülern, wie wichtig es ist, sich frühzeitig zu bewerben. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Die Polizei Bochum zählt zu den wenigen Ausstellern, die nicht über Bewerbermangel klagen können. Dennoch informieren die Einstellungsberater Thomas Kaster und seine Kollegin Nicole Schüttauf mit großem Eifer über die Arbeit der Polizei. „Wir sind sehr froh, dass es wieder losgeht“, so Schüttauf. Vor allem, weil es gute Nachrichten für die Schülerinnen und Schüler gebe, was den Einstieg in den Polizeiberuf betreffe: „Seit diesem Jahr gibt es einen neuen Bildungsgang für Realschüler - das bedeutet, dass ein Studium bei der Polizei künftig auch mit Realschulabschluss möglich ist.“ An der Erich-Fried-Gesamtschule sei die Polizei mit ihrer Berufsberatung daher genau richtig, fügt Thomas Kaster hinzu: „Die überwiegende Mehrheit der Schüler hier macht die Mittlere Reife - da müssen wir angreifen.“

>>> WEITERE INFORMATIONEN: „Berufemarkt“

  • Die Erich-Fried-Gesamtschule veranstaltet den „Berufemarkt“ nun zum 29. Mal. Ursprünglich richtete sich die Jobmesse nur an die achten und neunten Klassen, seit wenigen Jahren nehmen auch die Oberstufenschüler teil.
  • „Normalerweise laden wir auch andere Herner Schulen ein“, betont Koordinatorin Gabi Weis. Aufgrund der immer noch angespannten Coronalage habe man davon in diesem Jahr aber abgesehen. Auch einige Betriebe hätten aufgrund von Corona kurzfristig abgesagt, so Weis weiter.