Herne/Gelsenkirchen. Klatsche für Gelsenkirchen: Auf einer Brache in Herne soll das Millionenprojekt Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung entstehen.

Die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) soll nach Herne kommen. Nach WAZ-Informationen hat sich Herne in einem Wettbewerb des Landes gegen drei weitere Städte durchgesetzt. Die Hochschule soll auf einer Industriebrache nahe dem Herner Bahnhof gebaut werden. Geplant ist auf dem Areal ein Campus mit Platz für 4500 Studierende und 200 Mitarbeitende.

Zum Hintergrund: Die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) mit Sitz in Gelsenkirchen braucht angesichts steigenden Studierendenzahlen einen neuen Standort. Bislang lernen in der Abteilung Gelsenkirchen der HSPV 2600 Studierende. 1100 Menschen lernen in Gelsenkirchen selbst, die anderen in Zweigstellen in Hagen, Dortmund und Herne. Als neuer gemeinsamer Standort hatten sich neben Gelsenkirchen auch Herne, Bochum und Dortmund beworben.

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Herne: Lehrbetrieb soll bereits am 1. September 2025 starten

Auf einer Brache in der Nähe des Herner Bahnhofs soll das Funkenberg-Quartier entstehen. Oben in der Mitte: der Busbahnhof.
Auf einer Brache in der Nähe des Herner Bahnhofs soll das Funkenberg-Quartier entstehen. Oben in der Mitte: der Busbahnhof. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Nach WAZ-Informationen hat bei dem Wettbewerb nun Herne das Rennen gemacht. Überzeugt hat Herne mit dem geplanten Funkenberg-Quartier. Das Quartier soll auf einem 30.000 Quadratmeter großen Areal am Herner Bahnhof im Ortsteil Baukau entstehen, das seit 30 Jahren brach liegt. Früher war dort der Bergbau-Zulieferer Pumpen-Müller zu Hause. Beworben hatte sich nicht die Stadt selbst, sondern ein Investor, der auf der Fläche bauen will.

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Laut Ausschreibung hat das Projekt ein Investitionsvolumen von über 150 Millionen Euro. Der Lehrbetrieb soll bereits am 1. September 2025 starten. Die Hochschule mit (Noch-)Sitz in Gelsenkirchen will die Entscheidung für Herne noch nicht bestätigen: „Es gibt eine Stillhaltepflicht“, so eine Sprecherin zur WAZ. Auch die Stadt Herne schweigt. Erst am kommenden Montag, so heißt es aus dem Herner Rathaus, wolle man sich äußern. Hintergrund: Noch bis zum kommenden Wochenende sind Einwendungen gegen die Entscheidung möglich. Auch die Städte Gelsenkirchen, Bochum und Dortmund sagen (noch) nichts.

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Für Herne spricht die Nähe zum Bahnhof

Im März 2021, als die Städte die Bewerbungsunterlagen einreichten, gab sich Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda optimistisch – auch wenn Herne der kleinste Bewerber ist. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und sind mit dem Team bereit und in der Lage, ein solches Projekt zu stemmen“, so der SPD-Politiker damals. Die Stadt, sagte er schon vor der Abgabe der Unterlagen, habe mit dem erfolgreichen Start der HSP-Dependance in der Röhlinghausener Görresschule bewiesen, was sie könne. Für Herne spreche die Nähe zum Bahnhof und vielleicht auch zur neuen Polizeihauptwache, die direkt in der Nähe gebaut wird. Auffällig: Genauere Angaben zu den Plänen für den Bau einer Hochschule hat Herne nicht öffentlich gemacht, auch wurde nie eine Visualisierung der Gebäude auf dem geplanten Campus gezeigt.

Anders etwa als Gelsenkirchen. Die Stadt hatte eine ambitionierte, animierte Vision einer Akademie präsentiert. Dort dürfte die Stadtspitze wenig begeistert sein vom Votum für Herne. Gelsenkirchen sah sich als Hochschulsitz stets in der „Pole-Position“. Die Nachbarstadt hatte große Vorleistungen für einen Neubau erbracht: Sie ging mit dem Gelände der abgerissenen Polizeiinspektion und dem benachbarten Zentralbad in der Innenstadt ins Rennen. Die Schließung des Bades hatte Gelsenkirchen sogar extra vorgezogen, um das Gelände rechtzeitig für den Hochschulneubau aufzubereiten.

Herber Schlag ins Kontor für Gelsenkirchen und OB Karin Welge

Für Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) ist die Entscheidung gegen Gelsenkirchen und für Herne eine herbe Niederlage. Die OB hatte sich im vergangenen Jahr sehr ins Zeug gelegt und immer wieder auch selbst betont, wie engagiert ihre Verwaltung daran arbeite, das Großprojekt inmitten Gelsenkirchens Herzens zu holen. Für Welges ambitionierte Bildungs-Pläne in der Emscherstadt ist das ein erster Schlag ins Kontor.

Offiziell antwortete Welge nicht auf Anfragen unserer Redaktion. Stadtsprecher Martin Schulmann erklärte lediglich: „Das Verfahren läuft offiziell noch und vorher werden wir nichts sagen, was das Vergabeverfahren negativ beeinflussen könnte. Wir wissen bis zum jetzigen Zeitpunkt nichts über eine Entscheidung, zu der wir Stellung nehmen könnten und wollten.“

Auch beim Koalitionspartner der SPD im Gelsenkirchener Stadtrat, der CDU, gibt man sich am Montagnachmittag auf WAZ-Nachfrage wortkarg. Von einer Entscheidung für Herne und gegen Gelsenkirchen wisse man noch nichts. Ursprünglich war die Vergabe für den Herbst 2021 erwartet worden. Die Entscheidung verzögerte sich jedoch, der Starttermin nicht: Der neue Hochschulstandort soll bereits im Sommer 2025 den Betrieb aufnehmen.

WEITERE INFORMATIONEN: Die HSPV NRW

Die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen (HSPV) hieß bis Ende 2019 Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen. Die HSPV ist eine Einrichtung des Landes. Ausgebildet werden dort Menschen für den gehobenen Polizei- und Verwaltungsdienst.

Die HSPV ist dezentral organisiert. Sie hat ihre Zentrale in Gelsenkirchen und fünf Abteilungen mit sieben Standorten. Zur Abteilung Gelsenkirchen gehören die Studienorte Gelsenkirchen und Hagen sowie die Außenstellen Dortmund und Herne. In dieser Stadt sind Studierende seit 2018 in der ehemaligen Görresschule in Röhlinghausen untergebracht.