Herne. Der Vorsitzende der Herner Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert den Rücktritt von Schulministerin Yvonne Gebauer. Das sind die Gründe.
Das Testchaos an den Grundschulen nach den Weihnachtsferien hat das Maß voll gemacht: Carsten Piechnik, Herner Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), fordert den Rücktritt von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP).
Als Grund für diese Forderung nennt Piechnik gegenüber der WAZ Herne „mehrjährige Versäumnisse, Fehleinschätzungen, falsche Maßnahmen und Fehlinformationen von Seiten des NRW-Schulministeriums im Laufe der Corona-Pandemie. Dies habe an den Schulen für einen großen Vertrauensverlust, Chaos und Unsicherheiten geführt. Bereits in der Vergangenheit hatten zahlreiche Lehrer das Mittel der Remonstration genutzt, um sich gegen die Maßnahmen und Anweisungen der Ministerin zu wehren.
Besonderes Versagen beim Schulstart nach den Ferien
Piechnik belegt seine Forderung mit einer Reihe wissenschaftlichen Studien und Berichten aus den Schulen vor Ort, die er auf insgesamt acht Seiten zusammengetragen hat: So habe Gebauer im Oktober 2020 behauptet, dass Schulen „sichere Orte“ seien, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Studien vorgelegen hätten, die belegt hätten, dass Schulen zu allen Zeiten Teil des Pandemiegeschehens waren. Auch habe Gebauer Studien zur Wirksamkeit von Mund-Nasen-Schutz ignoriert und die Maskenpflicht in Schulen nicht nur abgeschafft, sondern auch einzelnen Schulen und Städten untersagt, eigenständig Schutz nach Lage vor Ort zu beschließen.
Besonderes Versagen wirft Piechnik der Ministerin beim Schulstart nach den Weihnachtsferien vor: Die Anweisungen des Ministeriums zu Beginn des Unterrichts nach den Ferien und die Situation vor allem im ÖPNV am ersten Schultag und der erste faktisch ungetestete Schultag der Grundschülerinnen und Grundschüler habe dazu geführt, dass die Fallzahlen unter Kindern und Jugendlichen mit Omikron in Schulen explosionsartig nach oben geschossen seien. In Herne wurden am ersten Tag nach Ferien 138 Kinder positiv getestet. Sie saßen am Montag mit allen anderen Kindern den ganzen Tag im Klassenraum zusammen. Die Konstellationen lasse sich auf alle Grundschulen NRW übertragen, so Piechnik.
Fassungslosigkeit und Wut bei Lehrern, Eltern und Schülern
Weiterer Kritikpunkt: Die neu vom Land beschafften Schnelltests könnten Infektionen deutlich schlechter erkennen als die zuvor eingesetzten Tests. Piechnik: „Warum kommen unter der von der Ministerin selbst aufgestellten Forderung der „weltbesten Bildung“ nicht auch ,weltbeste Tests’ zum Einsatz?“
Außerdem seien die Maßnahmen des Ministeriums fatal einseitig auf Unterrichtsstoff und Prüfungen ausgerichtet. Der Schutz auch der seelischen Unversehrtheit von Kindern und Jugendlichen habe so gut wie gar nicht im Fokus gestanden. Großteile der Maßnahmen folgten der Überschrift „Aufholen nach Corona“ und fokussierten weiterhin auf fachliches Aufholen von Inhalten, während bei Notfallunterstützungen von traumatisierten Kindern und Jugendlichen oder bei Depressions-, Vereinsamungs-, Sucht-, Aggressions- oder anderweitigen Problemtendenzen Wartezeiten in Beratungsstellen und Kliniken von vielen Monaten bis zu über einem Jahr anstünden.
Die GEW Herne erreichten seit Beginn der Pandemie immer wieder Rückmeldungen aus den Kollegien aber auch aus Eltern- und Schülerkreisen die zeigen, wie groß die Trauer, Fassungslosigkeit, Verzweiflung, die Wut oder der Zweifel an den Kompetenzen auf höchster Führungsebene mittlerweile sei. Für die GEW- Herne trage dafür Ministerin Gebauer wesentlich die Verantwortung - und müsse nun zurücktreten.