Herne. Der Herner Arbeitsmarkt ist robust durch das zweite Coronajahr gekommen. Die Zahl der Beschäftigten wuchs sogar. Doch es gibt auch Probleme.
Der Herner Arbeitsmarkt ist überraschend gut durch das zweite Coronajahr gekommen. Das offenbarte sich bei der Vorstellung des Jahresberichts der Agentur für Arbeit. Allerdings gibt es auch Probleme. Doch die Zuversicht, dass das kommende Jahr eine positive Entwicklung bringt, ist groß.
Frank Neukirchen-Füsers, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit, bezeichnete das ablaufende Jahr sogar in einem Punkt als „Erfolgsstory“. Denn 2021 habe es im Vergleich zum Vorjahr 1021 (2,1 Prozent) mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftige gegeben. Der Landesschnitt liege lediglich bei 0,2 Prozent. Blicke man auf die vergangenen fünf Jahre zurück, sei die Zahl um 5180 (11,9 Prozent) gestiegen. Neukirchen-Füsers: „Die Pandemie hat die gute Entwicklung nicht zunichte gemacht.“ Da drängt sich fast die Frage auf, was ohne Corona möglich gewesen wäre. Kaffeesatzleserei für Neukirchen-Füsers, doch er als Experte lese aus diesem Kaffeesatz, dass sich der Herner Arbeitsmarkt noch deutlich positiver entwickelt hätte. Und das gebe Zuversicht für die Zukunft.
Einige weitere Eckdaten: Von den mehr als 48.000 versicherungspflichtig Beschäftigten sind 60 Prozent Fachkräfte, knapp 18 Prozent sind der Kategorie Helfer zuzuordnen. Interessant: Hier betrug der Zuwachs acht Prozent, der Trend geht also nicht an den ungelernten Kräften vorbei. Dennoch sind sie Risiken ausgesetzt, denn es zeigt sich auch, dass von den 9158 Arbeitslosen mehr als zwei Drittel keine abgeschlossene Berufsausbildung haben.
Deutlicher Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit
Wo Corona deutliche Spuren hinterlassen hat: bei der Langzeitarbeitslosigkeit. Addiert man beide Coronajahre, liegt die Steigerung bei 53 Prozent, so Neukirchen-Füsers, in 2021 waren - und sind - 4214 Menschen langzeitarbeitslos. Dies sei ärgerlich, weil es auch in diesem Bereich in den vergangenen Jahren eine gute Entwicklung gegeben habe.
Jobcenter-Chef Karl Weiß ist jedoch guten Mutes, dass man mit dem Abflauen der Pandemie an die positive Entwicklung wird anknüpfen können. Während der Coronakrise hätten viele Qualifizierungsmaßnahmen nicht stattfinden können, weil sie Präsenz erforderten, 2022 wolle das Jobcenter alle Fördermöglichkeiten nutzen, um die Menschen zu qualifizieren und vor allem in Arbeit zu bringen.
Bei der „normalen“ Arbeitslosigkeit liegt Herne nach Angaben der Agentur für Arbeit zum Jahresende bei 11,5 Prozent, im Vergleich zum Vorjahr sei das ein Rückgang um 0,1 Prozentpunkte. 9158 Menschen sind zurzeit ohne Beschäftigung, Corona habe die Dynamik des Rückgangs der Arbeitslosigkeit gebrochen.
Stellenzugänge ziehen wieder an
Ein Indikator für die Robustheit des Herner Arbeitsmarkts ist Kurzarbeit. Hier lässt sich die Entwicklung der Pandemie ganz gut ablesen: Gab es im vergangenen Jahr von 1217 Unternehmen Kurzarbeitsanzeigen, so sank diese Zahl um 77,2 Prozent auf 277 in 2021. Die Zahl der potenziell betroffenen Personen sank von 13.655 in 2020 auf 2356 im ablaufenden Jahr.
Grund zur Hoffnung auf Erholung bietet für den Agentur-Chef der Blick auf die Stellenzugänge. Nach einem deutlichen Einbruch 2020 gab es nun 2507 neu gemeldete Stellen, ein Plus von 8,2 Prozent. Neukirchen-Füsers hofft, dass über die Stellenzugänge die Langzeitarbeitslosigkeit abgebaut werden kann. Aber mit Blick auf die Corona-Entwicklung sagt er auch: „Mal sehen, was der Winter mit uns macht.“
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Oberbürgermeister Frank Dudda betont mit Blick auf die gestiegene Langzeitarbeitslosigkeit erneut, wie wichtig eine abgeschlossene Ausbildung sei. „Wir müssen dringend die Langzeitarbeitslosen in Arbeit bringen.“ Er kündigte an, dass das Bündnis für Arbeit 2022 eine eigene Marke aufbauen wolle, die den Wert der Ausbildung in den Mittelpunkt stellt.
Daneben glaubt der OB, dass das „ehrgeizige Ziel“, 50.000 versicherungspflichtige Arbeitsplätze in Herne zu bekommen, vielleicht schon im kommenden Jahr erreicht werden kann. In der Gesundheitsbranche sei noch Luft nach oben, hinzu kämen eine Reihe von Projekten, die auf Grund der Pandemie noch nicht so umgesetzt worden seien wie geplant.