Herne. Die Corona-Pandemie hat den Herner Arbeitsmarkt weniger schlimm getroffen als befürchtet. Warum erklärte die Arbeitsagentur beim Jahresgespräch.
Der Herner Arbeitsmarkt hat die Corona-Pandemie besser überstanden als erwartet. Auf dieses Fazit konnten sich alle drei Experten einigen, die die Arbeitsagentur zum alljährlichen Bilanz-Gespräch gebeten hatte - erstmals virtuell übrigens. Neben dem Geschäftsführer der Agentur für Arbeit, Frank Neukirchen-Füsers, erläuterten Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda und der Geschäftsführer des Herner Jobcenters Karl Weiß ihre Sicht der Dinge. Die wichtigsten Aussagen.
Positive Entwicklung gestoppt
Wie vielversprechend die Beschäftigungszahlen ausgesehen hatten, bevor Corona zuschlug, machte Frank Neukirchen-Füsers noch einmal anhand der Statistik deutlich. 47.690 Menschen waren im März 2020 versicherungspflichtig beschäftigt, 4,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Eine positive Entwicklung, die bereits 2015 eingesetzt und seitdem 4400 zusätzliche Stellen gebracht hatte. Der Anteil qualifizierter Beschäftigter habe dabei deutlich zugenommen: bei den „Spezialisten“ um 8,1 Prozent, den Fachkräften um 4,1 Prozent und bei den Experten um 2,3 Prozent. „Arbeitsplätze, die sehr stabil und zukunftsweisend sind, so der Chef der Arbeitsagentur. „Es hätte ein gutes Jahr für den Herner Arbeitsmarkt werden können.“
Wäre nicht Corona dazwischen gekommen. „Das letzte Dreivierteljahr ist ausnahmslos gekennzeichnet durch die Pandemie“, sagte Neukirchen-Füsers. Ein strukturelles Problem liege nicht vor. Dank der Hilfsprogramme von Bund und Land und der Kurzarbeit sei es aber gelungen, gut durch die Krise zu kommen. Das Ausmaß der Kurzarbeit sei dabei deutlich geringer gewesen als nach den Anzeigen erwartet. So haben im Juni 5151 Menschen Kurzarbeitergeld bezogen, nur 40 Prozent der ursprünglich erwarteten Anzahl von Betroffenen. Mit der Kurzarbeiterquote von 10,8 Prozent liege Herne noch unter dem Landesdurchschnitt von 12,2 Prozent. Die Anträge auf Insolvenzgeld seien im Agenturbezirk noch unauffällig.
Die Arbeitslosigkeit stieg insgesamt in Herne um 11,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Die guten Jahre 2018 und 2019 haben uns in der Krise geholfen“, erklärte Neukirchen-Füsers. Der Anstieg liege unter dem von 2017. Mit 25,6 Prozent mehr Arbeitslosen als im Jahr zuvor sei im August ein „Corona-Buckel“ erreicht worden: 9980 Männer und Frauen waren ohne Beschäftigung, was einer Arbeitslosenquote von 12,6 Prozent entspricht. Danach sanken die Zahlen leicht. Der Anstieg sei nicht in erster Linie auf Entlassungen zurückzuführen, sondern auf weniger Einstellungen.
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Zum Stellenmarkt bemerkte der Arbeitsagentur-Leiter, die Arbeitgeber hielten sich mit Neueinstellungen etwas zurück. Im Juli gab es ein leichtes Plus von 10,3 Prozent, im August dafür ein Minus von 65,9 Prozent. Allgemein lagen die Stellenzugänge unter den Vorjahreswerten.
Nicht mehr Kunden des Jobcenters
2020 haben trotz Lockdown 126 Langzeitarbeitslose dauerhaft Arbeit bekommen. Das erklärte der Leiter des Jobcenters in Herne, Karl Weiß.
Die Anzahl der Haushalte, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, sei im Vergleich zum Vorjahresmonat um 0,2 Prozent gesunken.
Die Zahl der Kunden des Jobcenters habe sich durch Corona bisher noch nicht deutlich verändert.
Oberbürgermeister Frank Dudda erinnerte in seinem Statement an die Erfolge des Jahres: Zwölf neue Unternehmen hätten sich angesiedelt. Ziel sei es, im nächsten Jahr genauso erfolgreich zu sein. Bereits im Januar werde sich mit TSK-Kapouranis ein Spezialist für den Transport von Tiefkühlprodukten in Herne niederlassen. Dudda: „Wir haben 2020 nicht den ganz großen Schritt nach vorne getan, sind aber mit einem blauen Auge davon gekommen.“ Für viele Zweige wie Hotellerie, Veranstalter oder Reisebüros sehe es nicht günstig aus. Alles hänge jetzt von der Entwicklung der Pandemie ab.
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Das Jahr sei „unter schwierigen Voraussetzungen noch ganz gut gelaufen“, sagte auch der Leiter des Jobcenters, Karl Weiß. Er setzt auf Qualifizierung und die Zusammenarbeit im Bündnis für Arbeit. Man habe viele Menschen, die es auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht leicht hätten, in Dauerarbeitsplätze untergebracht und dabei eine geringe Abbruchquote. Ziel sei es, die Langzeitarbeitslosigkeit schnell anzugehen.
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