Herne. 60 Menschen haben am Samstag in Herne gegen 2G und Impfpflicht demonstriert, darunter einige Rechte. Das rief das Bündnis Herne auf den Plan.

Zum dritten Mal in Folge haben Menschen am Samstag in Herne gegen 2G-Regeln und weitere Einschränkungen sowie gegen eine Impfpflicht demonstriert. Knapp 60 Menschen zogen ab 11 Uhr über die Bahnhofstraße. Das überparteiliche und antifaschistische „Bündnis Herne“ war ebenfalls präsent, weil sich bereits vor einer Woche und auch diesmal einige Rechte an dem Aufzug beteiligten, darunter der Herner AfD-VorsitzendeGuido Grützmacher.

„Großes Maß an Skepsis“ beim Bündnis Herne

Die von einer Hernerin bei der Polizei angemeldete Veranstaltung stand offiziell unter dem Motto „Für glänzende Kinderaugen – gegen die 2G-Regelungen auf Weihnachtsmärkten“. Über Megafon und auf vereinzelten Plakaten waren Slogans und Aussagen zu hören und zu lesen wie „Keine Spaltung der Gesellschaft“ oder „Wir sind alle verarscht worden“. Aus der Bluetooth-Box lief dazu Marius Müller-Westernhagens „Freiheit“. Start- und Zielpunkt war der Europaplatz, nur wenige Meter entfernt von einer Schlange mit Menschen, die sich beim Herner Adventsimpfen ihren ersten oder dritten Piks holen wollten. Stimmen gegen das Impfen oder gar ein Leugnen von Corona waren bei den Demonstranten nicht zu hören.

Das Bündnis Herne, das wie Vertreter der antifastischen Gruppierung „Schirme gegen rechts“ den Aufzug beobachtete, gab nach dem etwa 45-minütigen Aufzug - zweimal die Hälfte der Fußgängerzone rauf und runter - eine Stellungnahme ab. Man blicke „mit einem großen Maß an Skepsis“ auf die Demonstration, heißt es darin. Das Teilnehmendenfeld wirke bunt gemischt, ohne einheitliche politische Agenda. Motivation scheine bei den meisten vor allem eine „menschlich absolut nachvollziehbare Frustration über den inzwischen fast zwei Jahre andauernden pandemischen Ausnahmezustand zu sein“.

Am kommenden Samstag soll ein Fackelzug stattfinden

Allerdings gebe es auch Grund zur Sorge. So hätten an den vergangenen beiden Demonstrationen mehrere Rechtsextreme teilgenommen, die bereits von den Aufmärschen der selbst ernannten „besorgten Bürger“ 2019 und 2020 bekannt seien. Einer von ihnen teilt auf seiner Facebook-Seite unter anderem den Slogan „2G - Gesund und Gewaltbereit!“; unter der Rubrik „Gefällt mir“ gibt er auch die NPD Duisburg an.

2019 (im Bild) und 2020 formierte sich in Herne breiter Widerstand gegen die selbst ernannten „besorgten Bürger“.
2019 (im Bild) und 2020 formierte sich in Herne breiter Widerstand gegen die selbst ernannten „besorgten Bürger“. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

„Wir bezweifeln, dass der Großteil der Demonstrierenden gemeinsame Sache mit Rechtsradikalen machen möchte“, erklärte das Bündnis. Die geforderte „unmissverständliche Distanzierung“ lehnte die Leiterin und Anmelderin der Protestveranstaltung im Gespräch mit der WAZ allerdings ab. „Wir sind alles Menschen und vor dem Grundgesetz gleich“, sagte die Hernerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie fragten vorher nicht nach der Gesinnung. Bei ihnen könne jeder mitlaufen, der ihre Ziele teile. So auch am kommenden Samstag, 18. Dezember, an dem ein Fackelzug in Herne stattfinden soll, so der aktuelle Plan.

Das Bündnis Herne gab in seiner Stellungnahme auch das zu bedenken: „Wir sorgen uns um den bei den Demonstrationen propagierten Freiheitsbegriff. Wessen Freiheit wird eigentlich gerade durch was eingeschränkt, und wie ist diese Freiheit jeweils beschaffen?“ Sie sähen es als Hauptaufgabe einer solidarischen Gesellschaft an, die verletzlichsten Mitglieder zu schützen. Die Freiheit Einzelner müsse dort enden, wo die Freiheit Anderer anfange und bedroht werde, so das Bündnis, das vor zwei Jahren beim Kampf gegen „besorgte Bürger“ von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen wurde.

>>> WEITERE INFOS: Organisatorin zog sich zurück

Die ersten zwei der bisher drei Demonstrationen sind von einer anderen Hernerin angemeldet worden. Nach der zweiten Veranstaltung ist sie von einem Mitglied der „Schirme gegen rechts“ auf den (von der Polizei gegenüber der WAZ bestätigten) rechten Hintergrund einiger Teilnehmer hingewiesen worden.

Diesen Hinweis habe sie als Bedrohung empfunden und sich deshalb von der Organisation zurückgezogen, so hieß es am Samstag.