Herne. In Geschäften gilt bald 2G. Herner Händler sind frustriert. Sie befürchten Konflikte und deutlich mehr Arbeit: „Wir werden zu Hilfspolizisten.“

Einkaufen ist künftig auch in Herne nur noch für Geimpfte und Genesene möglich. Das haben Bund und Länder auf ihrem Corona-Gipfel am Donnerstag, 2. Dezember, beschlossen. Ausnahme: Nur noch Geschäfte des täglichen Bedarfs wie Supermärkte, Apotheken und Drogerien sollen Ungeimpfte noch betreten dürfen. Herner Einzelhändler schlagen die Hände über dem Kopf zusammen: Sie fühlen sich ausgebremst im für sie so wichtigen Weihnachtsgeschäft.

„Wir werden zu Hilfspolizisten“, schimpft Olaf Kenkmann, Vorsitzender des Einzelhandelsverbands in Herne. Statt zu verkaufen und zu beraten, müssten die Mitarbeiter nun an die Ladentür und kontrollieren, ob die Kunden gegen Corona geimpft oder genesen sind. „Das hat mit unseren Aufgaben nichts zu tun“, stellt er klar. Das sei Aufgabe der Behörden. Die Folge sei eine „extreme Mehrbelastung“ für das Personal. Ob und wie das viele Einzelhändler überhaupt stemmen können, sei völlig offen.

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Außerdem fürchtet Kenkmann Konflikte an der Ladentür: „Wir holen uns eine Menge Ärger ins Haus.“ Es sei abzusehen, dass es einige Nicht-Geimpfte nicht akzeptieren würden, wenn ihnen der Eintritt verwehrt werde. „Das wird nicht immer glimpflich über die Bühne gehen, fürchtet der Chef des Einzelhandelsverbands.

Herner Geschäftsfrau: Klare Entscheidung besser als Ungewissheit der vergangenen Zeit

Sie hat Stammkunden und hofft auf das Beste: Nehle Reiter von Reiter Fashion.
Sie hat Stammkunden und hofft auf das Beste: Nehle Reiter von Reiter Fashion. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Etwas weniger Sorge hat da Nehle Reiter. Sie betreibt in der Bahnhofsstraße in Herne-Mitte das Bekleidungsgeschäft Reiter Fashion. „Mir ist so eine klare Entscheidung lieber als die Ungewissheit der vergangenen Zeit“, sagt sie. „Und für uns ist 2G immer noch besser als 2G+ oder sogar ein Lockdown.“ Die Frequenz in ihrem Laden habe in den vergangenen Wochen ohnehin abgenommen, man sei weit weg von dem sonst gewöhnlichen Andrang im Weihnachtsgeschäft. Die Unsicherheit in der Kundschaft sei angesichts der hohen Inzidenzen und teils undurchsichtigen Regeln hoch. „Sicherlich wird der ein oder andere dann jetzt vielleicht erstmal nicht mehr kommen“, sagt Reiter. „Aber wir haben einige Stammkunden und hoffen das beste.“

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Wie genau die 2G-Kontrollen in dem Modeladen ablaufen sollen, darüber denke die Einzelhändlerin schon seit einer Woche nach: „Ich kann eigentlich nicht eine Mitarbeiterin nur für die Kontrolle abstellen.“ Unter der Woche seien meistens zwei Fachkräfte im Laden, an Wochenenden oder in der Vorweihnachtszeit seien sie zu dritt oder auch schon mal zu viert. „Ich denke, es wird vom Aufwand her machbar, aber das wird sich dann erst in der Praxis zeigen.“

Hoffnung: Buchhandlung wird „Geschäft des täglichen Bedarfs“

Hofft, dass er nicht kontrollieren muss: Ludger Röttsches von der Buchhandlung Koethers & Röttsches.
Hofft, dass er nicht kontrollieren muss: Ludger Röttsches von der Buchhandlung Koethers & Röttsches. © OH

Skeptischer hinsichtlich des Mehraufwands ist dagegen Ludger Röttsches von der Buchhandlung Koethers & Röttsches an der Bebelstraße in Herne-Mitte. „Ich stelle mir das alles sehr schwierig vor“, sagt er. Für Kontrollen vor dem Laden könnten sie im Weihnachtsgeschäft keine Mitarbeiterin abstellen. „Wir müssten dann versuchen, jemanden zu finden.“ Einen „Markt“ gebe es für solche Kräfte derzeit aber wohl nicht.

Röttsches hat jedoch noch Hoffnung, dass dieser Kelch an der Buchhandlung vorübergeht. Er und seine Schwester schlössen nach einem Blick auf die ersten Veröffentlichungen über 2G im Handel zumindest nicht aus, dass Geschäfte des täglichen Bedarfs - zu denen zählen auch Buchhandlungen - von der neuen Regelung ausgenommen werden könnten. „Das wäre sehr schön“, so der (wie alle anderen Händler) leidgeprüfte Herner.

Stadt Herne wartet auf Corona-Schutzverordnung

Wie sich die neuen Pandemieregeln konkret auf Herne auswirken, das konnte der Krisenstab der Stadt am Freitag noch nicht sagen: Die entsprechende Verordnung des Landes liege noch nicht vor, so die Begründung. Erst wenn sie da seien, habe die Stadt die Möglichkeit, entsprechende Regelungen in Herne umzusetzen.

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Sollten die Vorgaben aus Düsseldorf kurzfristig zum Wochenende erscheinen, sei man vorbereitet: „Sollte es zum Beispiel neue Regelungen zu 2G geben, können die Fachbereiche schnell reagieren.“ Städtische Mitarbeiter würden dann betroffene Gruppen informieren und die Einhaltung der Regeln engmaschig kontrollieren, heißt es weiter.

>> WEITERE INFORMATIONEN: Weihnachtszauber wird nicht verlängert

Der Cranger Weihnachtszauber wird auf keinen Fall über den 30. Dezember hinaus verlängert, teilte die Stadt am Freitag nach der Sitzung des Krisenstabs mit. Wie berichtet, hatte Weihnachtszauber-Veranstalter Sebastian Küchenmeister eine Verlängerung bis zum 1. oder 2. Januar gewünscht.

Die Stadt schließt dies aus und verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz. „Großveranstaltungen werden derzeit wieder stärker eingeschränkt, da große Ansammlungen von Menschen das Infektionsgeschehen fördern“, heißt es.