Herne. 104 unerfüllte Wünsche älterer Menschen hängen am Weihnachtswunschbaum in Herne. So kann man bei der Aktion der WAZ und Caritas mitmachen.

Gelb-leuchtende Lichterketten zieren den stattlichen Weihnachtsbaum im Schaufenster, dahinter drängen verschnupfte Nasen an den langen Tresen. Jeden Dezember steht er hier in Heike Sibbels Paracelsus-Apotheke in Wanne-Eickel, doch dieses Jahr ist etwas anders. Die blauen Karten an jedem Zweig zeigen: Es ist ein „Weihnachtswunschbaum“, von dem die Apothekerin hofft, dass er sich bald schon lichtet.

So lassen sich Wünsche erfüllen

Der Caritasverband Herne stellt zum ersten Mal einen Weihnachtswunschbaum mit 104 Wunschkarten auf.

Der Baum stehlt in der Paracelsus-Apotheke, Gerichtsstraße 8, in Wanne-Eickel.

Wer einen Wunsch erfüllen will, kann sich eine Wunsch-Karte vom Baum nehmen, das entsprechende Geschenk besorgen und bis zum 8. Dezember wieder in der Apotheke abgeben.

Ihre Wünsche konnten 85 Senioren des Ferdinand-Dienst-Hauses sowie 25 Bewohnerinnen und Bewohner aus drei Senioren-WGs des Caritsverbands Herne notieren.

Warum das? Bewohnerinnen und Bewohner dreier Seniorenwohngemeinschaften des Caritasverbands Herne sowie des Ferdinand-Dienst-Hauses konnten in den vergangen Tagen ihren Weihnachtswunsch auf eine blaue Karte schreiben. Zum Startschuss der Aktion am Dienstag wurden diese 104 Karten an den „Weihnachtswunschbaum“ in die Apotheke an der Gerichtsstraße 8 gehängt – nun kann, wer will, sich eine Karte vom Baum nehmen und den älteren Menschen ihren Wunsch erfüllen.

WAZ und Caritas bringen „Weihnachtswunschbaum“ erstmals nach Herne

„Ich kannte die Aktion gar nicht und war sehr froh, dass die WAZ mit der Idee auf uns zukam“, sagt Mechthild Greifenberg von der Caritas Herne, die die Aktion organisiert hat. Auf der Suche nach einem Standort habe sie bei Heike Sibbel angefragt. „Wir freuen uns, dass wir den Senioren in dieser traurigen Zeit zeigen können, dass wir sie nicht vergessen haben“, sagt die Apothekerin. Zwei Wochen hätten die Wunsch-Erfüller nun Zeit, das Geschenk im Wert von maximal 20 Euro zu besorgen und in einer Geschenktüte in der Paracelsus-Apotheke abzugeben.

Zum Start des ersten Herner „Weihnachtswunschbaums“ hängt dieser voller bescheidener Wünsche. Die 101-jährige Ingeborg wünscht sich zu Weihnachten kleine Flaschen voll Rotwein.
Zum Start des ersten Herner „Weihnachtswunschbaums“ hängt dieser voller bescheidener Wünsche. Die 101-jährige Ingeborg wünscht sich zu Weihnachten kleine Flaschen voll Rotwein. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Die Apothekerin liest eine blaue Karte: „Ein Rätselblock – das ist doch süß!“ Die blauen Wunschkarten der Senioren seien „liebenswert und rührend“ – auch ihr Team sei „ganz angetan“. Dieses werde Kundinnen und Kunden der Apotheke nicht nur alle Fragen rund um die Weihnachtswunschbaumaktion beantworten, sondern den ein oder anderen Wunsch auch selbst erfüllen.

Eine Mitarbeiterin der Apotheke greift nach einer Karte auf der „dicke Socken“ steht: „Das übernehme ich! Ich stricke immer, wenn ich im Zug sitze.“ Heike Sibbel ist optimistisch, dass sich die blauen Karten an dem Wunschbaum bald reduzieren. „Wir lassen keinen Wunsch offen. An Heiligabend wird kein Senior ohne Geschenk da sitzen“, sagt die Apothekerin.

Bewohner von Caritas-Senioren-WG durften Wünsche äußern

„In unserer kleinen, privaten Einrichtung haben die Mitarbeitenden aus dem Sozialdienst alle Bewohner individuell nach ihren Weihnachtswünschen gefragt – unsere Bewohner waren total überrascht“, berichtet Klaus Havighorst aus dem Ferdinand-Dienst-Haus. „Das ist ja eine Generation, die eher schenkt, als das sie beschenkt wird.“ Die Bewohner hätten sich zurück in ihre Kindheit versetzt gefühlt – „so ist Weihnachten hier etwas Besonderes,“ schildert Havighorst die Stimmung aus der Senioreneinrichtung.

Caritas-Koordinatorin Mechthild Greifenwald (links) organisierte die Wunschbaumaktion in der Paracelsus-Apotheke von Heike Sibbel (rechts). Die Wünsche der Senioren brachten Lukas und Klaus Havighorst (2. und 3. v.l.) aus dem Ferdinand-Dienst-Haus mit Christoph Etterich (2. v.r.) aus den Senioren-WGs der Caritas.
Caritas-Koordinatorin Mechthild Greifenwald (links) organisierte die Wunschbaumaktion in der Paracelsus-Apotheke von Heike Sibbel (rechts). Die Wünsche der Senioren brachten Lukas und Klaus Havighorst (2. und 3. v.l.) aus dem Ferdinand-Dienst-Haus mit Christoph Etterich (2. v.r.) aus den Senioren-WGs der Caritas. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Allein die Frage nach ihrem Wunsch unter den älteren Menschen zeigte große Wirkung, berichten Betreuungskräfte der drei Senioren-WGs des Caritasverbands Herne. „Die Bewohner merkten: ,Achja, es ist ja Weihnachtszeit’“, berichtet Christoph Etterich, zuständig für das Pflegemanagement der Senioreneinrichtungen im Stadthaus. Daran hätten sich viele Erzählungen aus der eigenen Kindheit dieser Menschen angeschlossen. „Auch zwischen Pflegekräften und Bewohnern wurde in diesen Gesprächen die Bindung enger, weil man sich im Rahmen der eigenen Biografie einen neuen Reiz gegeben hat“, so Etterich.

Bescheidene Wünsche am „Weihnachtswunschbaum“ in Wanne-Eickel

In den Gesprächen um ihre Wünsche sei die „Selbstlosigkeit dieser Generation“ stark hervorgetreten. Die Senioren nannten auch Wünsche für andere, als nur für sich selbst. „Beispielsweise wurde sich gewünscht, dass die Kinder trotz Pandemie weiter zu Schule gehen können“, sagt Etterich.

Ein Blick an den Baum zeigt: Es sind die ganz bescheidenen kleinen Wünsche, die die Seniorinnen und Senioren äußern. Der 96-jährige Kurt wünscht sich einen Pullover mit V-Ausschnitt, Elisabeth (81) einen Gutschein von Penny, die 94-jährige Waltraud einen Abreißkalender und eine LED-Kerze. Besonders oft steht „Spieluhr“ oder „Parfum“ auf der blauen Karte.

Caritas-Koordinatorin Mechthild Greifenberg muss lachen, als sie die Wunschkarte der 101-jährigen Ingeborg vorliest: „,Wein halbtrocken, rot, kleine Flaschen’ – jetzt wissen wir auch, wie man 101 Jahre alt werden kann!“