Herne. Das Ausbildungsjahr hat begonnen, doch noch sind nicht alle Bewerber in Herne versorgt. Einen Einstieg kann das Ausbildungsprogramm NRW bieten.

Anfang des Monats sind zahlreiche junge Menschen in ihre Ausbildung gestartet, weitere werden in den kommenden Monaten folgen. Doch in Herne haben längst nicht alle Bewerber beim Rennen um eine Lehrstelle das Ziel erreicht. Laut Arbeitsagentur waren Ende Juli noch 364 Bewerber unversorgt, allerdings gab es auch 317 unbesetzte Lehrstellen. Ein Instrument, um den Einstieg in den Beruf zu finden, ist das „Ausbildungsprogramm NRW“. So funktioniert es.

Eigentlich hätte Marvin Kandsorras beruflicher Weg in eine andere Richtung führen müssen. Er hat im vergangenen Jahr sein Fachabitur an einem Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung bestanden. Doch die Aussicht auf einen „Bürojob“ erschien ihm nicht allzu verlockend. „Ich wollte etwas Handwerkliches machen“, erzählt der 22-Jährige im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Das „Ausbildungsprogramm NRW“ eröffnete ihm eine Lehrstelle als Kfz-Mechatroniker. Beim Wanne-Eickeler Betrieb G+S Fahrzeugtechnik stieg er 2020 in die dreieinhalbjährige Ausbildung ein.

Vermittelt hat die Stelle das Bildungsinstitut Vogel, das im Rahmen des Programms ausbildende Firmen akquiriert. Doch bei dieser Vermittlung bleibt es nicht. Sollten Marvin Kandsorra - und andere Teilnehmer des Programms - Probleme im beruflichen oder im sozialen Umfeld haben, bietet das Bildungsinstitut eine individuelle Betreuung.

Kandsorra hatte am Donnerstag Gelegenheit, sein Wissen zwei prominenten Gästen zu demonstrieren: NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann und Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Vorstandsmitglied der RAG-Stiftung.

„Ausbildung ist auch eine Ewigkeitsaufgabe“

Bergerhoff-Wodopia erläuterte, warum die RAG-Stiftung Partner des Programms ist und zurzeit die Ausbildungsvergütung für 250 Auszubildende finanziert. Der Bergbau sei quasi die Wurzel dieser Initiative, weil er in der Vergangenheit viele junge Leute in ganz verschiedenen Berufen ausgebildet habe, über die Jahrzehnte über 100.000. Nach dem Ende der Steinkohleförderung 2018 gehe es auch darum, diese Stärke in die Zukunft zu tragen und jungen Leuten eine Chance zu geben, deren schulische Laufbahn nicht geradlinig verlaufen sei.

Dieser Ansatz sei mit dem Programm hervorragend umgesetzt worden, da es gerade mit der engmaschigen Betreuung gelinge, Azubis zu einem guten Abschluss zu führen und danach bei der Stange zu halten. Deshalb sei es für die RAG-Stiftung wichtig, weiter in diese Programme zu investieren. Bergerhoff-Wodopia betonte: „Die Aufgabe der RAG-Stiftung ist es, die Ewigkeitsaufgaben, die der Bergbau hinterlässt, zu übernehmen. Und Ausbildung ist auch ein Stück weit eine Ewigkeitsaufgabe.“

Karl-Josef Laumann machte deutlich, dass die Aufgabe „Ausbildung“ ganz neue Herausforderungen mit sich bringe. Denn er sieht eine Art Zeitenwende. Erstmals seit 1994 gebe es landesweit wesentlich mehr Lehrstellen als Bewerber. Das werfe in der Zukunft ganz neue Fragen auf, etwa wie sich der Wirtschaftsstandort Deutschland entwickelt. Eine Voraussetzung für ihn ist, die duale Ausbildung attraktiv zu halten. Deshalb müssten in der Zeit, in der Lehrstellen unbesetzt bleiben, auch schwächere Kandidaten untergebracht werden, dazu seien Unterstützungsprogramme hilfreich.

Allerdings: Herne bildet eine Ausnahme, es gibt keinen Überschuss an freien Ausbildungsplätzen. Laumann sieht eine Ursache darin, dass viele junge Menschen nicht mehr gewillt seien, körperlich zu arbeiten. Es sei schade, dass sich viele so schwer täten, gerade in einer Region, in der Maloche eine lange Tradition habe.

>>> ECKPUNKTE DES PROGRAMMS

■ Das Programm soll Betriebe motivieren, zusätzliche Ausbildungsplätze einzurichten, um die Situation für junge Menschen mit Startschwierigkeiten in benachteiligten Regionen in NRW zu verbessern.

■ Betriebe, die jungen Menschen mit Startschwierigkeiten eine Chance geben, erhalten pro Auszubildendem und Monat über einen Zeitraum von zwei Jahren einen Zuschuss in Höhe von 325 Euro (Teilzeit 190 Euro). Darüber hinaus werden die Auszubildenden durch einen zertifizierten Bildungsträger begleitet – in Herne ist dies das Bildungsinstitut Vogel.

Weitere Informationen: www.mags.nrw/ausbildungsprogramm-nrw