Herne. Das Forschungszentrum Nachbergbau soll nach Herne kommen. Möglich machen soll das eine Förderung im Rahmen des Kohleausstiegs.

Der Bergbau hat in Herne eine weit über 100 Jahre alte Geschichte. Bis auf die Leitwarte am Standort Pluto ist er inzwischen Geschichte, doch als Forschungsgegenstand könnte er nach Herne zurückkehren. Die Stadt Herne, die RAG-Stiftung und die Technische Hochschule Agricola möchten das Forschungszentrum Nachbergbau (FZN) in Herne ansiedeln.

Möglich machen sollen die Fördermittel aus dem sogenannten 5-Standorte-Programm, das fünf vom Kohleausstieg betroffenen Städten Perspektiven im Strukturwandel eröffnen soll. In der kommenden Woche wird Herne das FZN als Projekt für dieses Programm vorschlagen - verbunden mit einer Förderung von rund 40 Millionen. Nach den Worten von Oberbürgermeister Frank Dudda sind Regierungspräsident Hans-Josef Vogel und NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart über das FZN informiert.

Fokus nicht nur auf Steinkohle, viele internationale Verbindungen

Um die Bedeutung einer möglichen Ansiedlung einzuordnen, muss man einen näheren Blick auf die Arbeit und die Entwicklung des FZN werfen. Den Auftakt habe 2012 eine Stiftungsprofessur für das Thema Nachbergbau gemacht, so RAG-Stiftung-Vorstandsmitglied Bärbel Bergerhoff-Wodopia, inzwischen habe die Einrichtung ganz andere Dimensionen erreicht. Der Bedarf an Forschung und Expertise in diesem Bereich sei sehr groß. Und in ihrer Ausrichtung ist das Forschungszentrum Nachbergbau einzigartig.

Sie präsentierten im Herner Rathaus die Pläne für ein Forschungszentrum: (v.li.) Bärbel Bergerhoff-Wodopia (RAG-Stiftung),  Prof. Jürgen Kretschmann, Prof. Ulrich Paschedag und OB Frank Dudda. Die Maske nahmen sie nur fürs Foto ab.
Sie präsentierten im Herner Rathaus die Pläne für ein Forschungszentrum: (v.li.) Bärbel Bergerhoff-Wodopia (RAG-Stiftung), Prof. Jürgen Kretschmann, Prof. Ulrich Paschedag und OB Frank Dudda. Die Maske nahmen sie nur fürs Foto ab. © Lina_Nikelowski

Die Wissenschaftler beleuchten auf ihrem Gebiet alle möglichen Aspekte über und unter Tage, zum Beispiel das Grubenwassermanagement, Geomonitoring, Materialwissenschaften, aber auch Reaktivierung und Umwandlung von Bergbauflächen. Und dies gilt längst nicht nur für den Steinkohlebergbau, sondern für alle Formen des Bergbaus, wie Öl- und Gasbergbau, der Abbau von Salz oder von anderen Bodenschätzen. Mit diesem Wissen sei das Forschungszentrum deutschlandweit und international inzwischen bestens vernetzt, so Leiter Prof. Ulrich Paschedag.

Die Erkenntnisse der Forscher seien inzwischen in russische und chinesische übersetzt worden, weil auch dort der Nachbergbau eine immer größere Rolle spiele. Und vor dem Hintergrund des Ziels, immer weniger fossile Brennstoffe zu verbrauchen, um den Ausstoß von Kohlendioxid zu bremsen, rückten auch Erkenntnisse, wie es an ehemaligen Bergbaustandorten weitergeht, zunehmend in den Mittelpunkt.

Bis zu 100 Wissenschaftler im Funkenberg-Quartier

Für Prof. Jürgen Kretschmann, Präsident der Technischen Hochschule Agricola, bietet ein neuer Standort Perspektiven für die Weiterentwicklung. Im historischen Gebäude in Bochum platze das FZN aus allen Nähten. Mit einem Neubau in Herne gebe es die Möglichkeit, die Forschungstätigkeiten auszubauen. Neben Laboren könnten Büros, Seminarräume, eine Bibliothek und ein Archiv entstehen. Nach Kretschmanns Vorstellung könnten ab dem Jahr 2025 bis zu 100 Wissenschaftler in Herne ihren Platz finden.

Dennoch bliebe eine enge Bindung an die Hochschule bestehen, denn beide Standorte seien über die U35 fast direkt miteinander verbunden. Der Grund: Das FZN soll im sogenannten Funkenbergquartier in der Nähe des Herner Bahnhofs angesiedelt werden. Dort soll nach den Vorstellungen der Stadt ein ganzer Campus entstehen. Zurzeit ist das Funkenberg-Quartier auch im Rennen um den neuen Standort für die Hochschule für Polizei und Öffentliche Verwaltung.

>> DAS 5-STANDORTE-PROGRAMM

■ Die Bundesregierung wird fünf Standorte von Steinkohlekraftwerken bis zum Jahr 2038 mit maximal 662 Millionen Euro unterstützen. Neben Herne sind das Gelsenkirchen, Duisburg, Hamm und der Kreis Unna.

■ Nach Aussage des OB könnte Herne die erste Stadt sein, die Vorschläge unterbreitet. Zum sogenannten „Starter-Paket“ Hernes zählen auch das Urban Art Center in der Wanner Innenstadt und das Exzellenz-Department für Mobilität