Herne. Vor neun Tagen verkündete Horst Schröder in Herne den Rückzug als Bezirksverordneter für die SPD. Was er der Partei vorwirft und was die SPD sagt.
Wenn er König von Wanne-Eickel wäre, würde er als erste Amtshandlung das Hallenbad Eickel wieder in Betrieb nehmen, erklärte Horst Schröder im Oktober 2019 im WAZ-Interview über seine Kandidatur für die SPD bei der Kommunalwahl. Mit den Sozialdemokraten wird er dieses Ziel nicht mehr erreichen: Der parteilose 58-Jährige hat im Streit um das Hallenbad nach nur neun Monaten sein für die SPD wahrgenommenes Mandat in der Bezirksvertretung Wanne zurückgegeben.
„Ich hatte das Gefühl, dass ich für die SPD nur ein Zirkuspferd war“, sagt Horst Schröder im Gespräch mit der WAZ. Sein zentraler Vorwurf: Die SPD habe die Erwartungen, die sie bei ihm geweckt habe, nicht erfüllt und sich nicht ernsthaft mit einer Reaktivierung des Hallenbads auseinandergesetzt.
Im Dschungel der Fördertöpfe
Im Kommunalwahlkampf habe er aus der SPD zunächst viel Zustimmung und Unterstützung für seinen Vorschlag zur Wiederinbetriebnahme erhalten – bis hin zu dieser Aussage einer Stadtverordneten: „Dann lasst uns den alten Tempel doch wieder aufmachen!“ Er wäre ohne diesen Rückenwind als politischer Seiteneinsteiger doch „gar nicht erst losgelaufen“, sagt er.
„Losgelaufen“ heißt: Schröder kämpfte sich monatelang durch den Förderdschungel, führte Gespräche mit Experten und schlug aus seiner Sicht passende öffentliche Töpfe für eine Sanierung des maroden Bades vor, das bereits 1994 für den öffentlichen Betrieb geschlossen und nach dem Wananas-Brand von 2012 bis 2016 nur vorübergehend reaktiviert worden war.
„Es geht mir nicht um Nostalgie“, betont er. Wie die SPD wolle er in Herne die Zahl der Wasserflächen, sprich die Kapazitäten bei den Lehrschwimmbecken erhöhen, damit mehr Kinder schwimmen lernen. Keine fixe Idee, sondern eine Herzensangelegenheit: Mit seinen Mondrittern unterstützt er seit Jahren ideell und finanziell Seepferdchen-Kurse für Kinder. Und auch die für Schwimmvereine idealen Bedingungen im Eickeler Bad mit den großen Umkleidekabinen habe er im Blick gehabt, sagt er.
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OB Frank Dudda kündigt Verkauf an
Bedenken ob der Finanzierbarkeit einer Sanierung – die Stadt spricht von einem zweistelligen Millionenbetrag - wurden in der SPD sehr wohl laut. Die Möglichkeit einer Wiederinbetriebnahme wurde aber nicht verworfen, sondern sogar festgeschrieben. Im März 2021 legte die SPD-Fraktion ein (mit Schröder erarbeitetes) „Positionspapier“ zu Lehrschwimmbecken vor, in dem es in einem Punkt heißt: „Die Klärung der Zukunft des alten Hallenbades in Eickel muss kurzfristig erfolgen. … Wenn das Gebäude nachweisbar – dafür wäre eine Gegenüberstellung von Zahlen für eine transparente Debatte notwendig – keine Option ist, muss eine Alternative her.“
Nur wenige Tage später machte Frank Dudda am Rande einer Pressekonferenz eine Aussage, die den Bruch zwischen SPD und Schröder einleitete: Der OB kündigte den zeitnahen Verkauf des Hallenbadgrundstücks an die Stadtentwicklungsgesellschaft an, damit dort nach einem Abriss Wohnungen gebaut werden können. Am Dienstag hat der Rat in nicht öffentlicher Sitzung mehrheitlich den Verkauf besiegelt.
Wenig Resonanz bei Online-Petition
Dass ein Abriss alternativlos sei, hat dann auch die SPD vor drei Wochen in einer „Zwischenbilanz“ zur Bäderdiskussion erklärt. „Faktische und rechtliche Gründen“ führte die Fraktion an und verwies vor allem auf Bauschäden, hohe Sanierungskosten und Verpflichtungen gegenüber der Bezirksregierung Arnsberg. Warum diese Punkte nicht schon 2019, 2020 oder spätestens im März 2021 beim Erstellen des „Positionspapiers“ herangezogen worden sind, dafür hat die SPD keine schlüssige Erklärung.
Parallel zur politischen Debatte haben die Mondritter im April eine Online-Petition für die Wiederinbetriebnahme des Eickeler Hallenbads gestartet. Die Resonanz ist bisher allerdings sehr gering: Bei 1600 Unterstützern liegt das Quorum, nur 589 haben bisher unterzeichnet, darunter Eickels Bezirksbürgermeister Arnold Plickert (SPD). Er stehe dazu, sagt dieser auf Anfrage, aber die Faktenlage sei inzwischen eine andere.
SPD will sich auch künftig für Seiteneinsteiger öffnen
Und was sagt die SPD-Fraktion? „Ich bedauere den Schritt von Horst Schröder zutiefst“, so Fraktions-Vize Hendrik Bollmann zur WAZ. Die Frage, wer schuld an dieser Entwicklung sei, wolle er aber gar nicht erst aufwerfen. Was er einräumt: Die Sache mit der Abrissankündigung durch die Stadt sei „unglücklich gelaufen“. Und: Die SPD habe in dieser Angelegenheit in den vergangenen Wochen intensive Gespräche geführt, die aber offenbar unterschiedlich bewertet würden.
Was Bollmann wichtig ist: „Das Thema ,Lehrschwimmbecken‘ hat für uns nach wie vor größte Bedeutung.“ Hier sei mit den ersten Beschlüssen für den Bau neuer Becken am Südpool ein erfolgversprechender Prozess eingeleitet worden, der aber mehrere Jahre dauern werde. An Schröder richtet Bollmann gemeinsam mit Wannes Bezirksbürgermeister Uwe Purwin (SPD) das Angebot, dass sie gerne mit ihm bei „wichtigen Themen zu Stadt und Stadtteil“ im Gespräch bleiben würden. Auch SPD-Parteichef Alexander Vogt bedauert den Schritt des Mondritters. Die Partei wolle und werde sich aber auch in Zukunft für Seiteneinsteiger öffnen, sagt er.
Horst Schröder hat seine persönliche Bewertung dieser Episode bereits vor einer Woche formuliert: „Politik und ritterliche Tugenden passen offenbar nicht zusammen.“
>>> Grüne und Linke gegen Verkauf
Grüne und Linkspartei stimmten in den Fachausschüssen und im Rat in nicht öffentlicher Sitzung gegen den Verkauf des Hallenbad-Areals.
Sie seien gegen eine Wohnbebauung an diesem Standort, so Veronika Buszewski (Linke). Bei der Frage der Folgenutzung sollte man sich mehr Zeit nehmen.