Herne. Immer wieder ärgern sich Bürger über die zahlreichen Straßenbaustellen im Stadtgebiet. Doch die Planung hängt von zahlreichen Faktoren ab.
Baustellen hier und Baustellen dort im Stadtgebiet: Bürger beschweren sich - vor allem in den sozialen Netzwerken - über Staus sowie stockenden Verkehr und schieben gern der Stadt die Schuld in die Schuhe. In der Verwaltung ist Eva-Maria Stieglitz-Broll vom Tiefbauamt zuständig für den Straßenbau. Wenn sie aus dem Alltag erzählt, erweckt es den Eindruck, als sollte man für diese Aufgabe die Kunst der Jonglage beherrschen. Damit immer alles in Bewegung bleibt, muss die Abteilungsleiterin eine Vielzahl an Einflussfaktoren im Blick behalten.
Straßenbau ist, wie sie verdeutlicht, abhängig von Gesetzen, Zeit und Geld. „Momentan gibt es so viele Förderprogramme wie lange nicht mehr“. Diese fast schon einmalige Chance dürfe sich eine Stadt wie Herne nicht entgehen lassen. Daher möchte man auch so viele Straßenbauprojekte wie möglich in die Tat umsetzen. Denn Herne sei nun mal Haushaltssicherungskommune. Bedeutet im Klartext: klamme Kassen. Geld von dritter Hand brauche man zwingend. Schließlich herrsche Sanierungsstau, marode Straßen, Buckelpisten hier und kaputte Stellen dort.
Auf der Dorstener Straße habe nicht mehr ganz viel gefehlt, dann hätte die Stadt aus Sicherheitsgründen das Tempo-30-Limit noch weiter drosseln müssen - angesichts der Schlaglöcher im Asphalt. Dank der Fördergelder, die die Stadt aus verschiedenen Programmen von Land und Bund erhalten hat, „konnten wir die Straße sanieren“, so Stieglitz-Broll. Ganz glücklich war sie am Ende aber deshalb nicht, weil die Witterung die Zeitpläne zunichte gemacht habe. Einen gewissen zeitlichen Puffer habe man schon einkalkuliert, um mit dem Baustart für den Kreisverkehr Dorneburger-/Bielefelder/Holsterhauser-/Königstraße nicht ins Gehege zu kommen, erklärt die Abteilungsleiterin. Dennoch habe man nicht verhindern können, dass beide Baustellen über einige Wochen gleichzeitig bestanden.
Diese Parallelität wiederum hängt auch mit dem Faktor Geld zusammen.
Die Kosten im Tiefbau sind in der vergangenen Zeit erheblich in die Höhe geschnellt. Da die Stadt aber Kosten sparen will und muss, hat sie sich für ein Auftragsmodell entschieden, das bei den Firmen die Preise purzeln lässt - zumindest in gewissem Umfang.
Die Stadt legt nicht von vornherein einen Termin für den Baustart fest, sondern benennt einen dreimonatigen Zeitraum, in dem das Unternehmen loslegen soll. Die Firma wiederum muss innerhalb dieses Zeitfensters drei Wochen vor Beginn nachfragen, ob es auch passt. „Würden wir eine solche Zusage dann beispielsweise am Tag vorher zurückziehen, weil doch noch irgendetwas in die Quere gekommen ist, würde uns das teuer zu stehen kommen“, erklärt die Stieglitz-Broll.
Verkehrslenkung vor Baustart immer ein Thema
Wenn nun die Stadt Fördergelder erhält - und der Kreisverkehr ist ein Beispiel von vielen - kann sie, salopp formuliert, mit dem Baustart nicht bis zum Sanktnimmerleinstag warten, und sie muss das Projekt in einem festgelegten Zeitrahmen umgesetzt haben. Das verlangen die Vorschriften und Vorgaben, betont Eva-Maria Stieglitz-Broll.
Verschiedene Förderprogramme
Für den Straßenbau gibt es unterschiedliche Förderprogramme, bei denen Bund oder Land einen Anteil der Kosten übernehmen. Dieser kann bis zu 90 Prozent betragen.
Im September soll die Sanierung der 4,2 Kilometer langen Castroper Straße beginnen. Derzeit läuft die Ausschreibung für das 1,5 Millionen Euro teure Vorhaben, für das die Stadt eine Million Euro an Fördergeldern erhält.
Für die Instandsetzung der Bahnhofstraße (500.000 Euro) sind Gelder beantragt. Der Umweltausschuss wird sich vor und der Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung nach den Sommerferien mit dem Projekt befassen.
Ferner sind Erneuerungsarbeiten für die Straße Friedrich der Große geplant, die geplanten Kosten belaufen sich auf 700.000 Euro.
Bevor nun ein Tiefbauamt oder die Stadtentwässerung Herne (SEH) überhaupt grünes Licht für ein Vorhaben erhält, hat Klaus Tittel noch ein gewichtiges Wort mitzureden. Er ist in der Herner Verwaltung zuständig für Verkehrslenkung. Ob nun die Arbeiten zur Kanalsanierung an der Horststraße oder an der Rottbruchstraße, um nur zwei Beispiele zu nennen: „Es ist immer darauf zu achten, ob schon andere Baustellen im näheren oder weiteren Umfeld zur Verkehrsbelastung führen“, sagt Tittel. Vor solchen Entscheidungen führt er Gespräche beispielsweise mit Eva-Maria Stieglitz-Broll. Häufig sitzt auch mit Peter Mehmke ein Polizeibeamter mit am Tisch, der die Gesamtlage bewertet. Ganz einfach sind solche Runden nicht, lässt sich aus den Worten der drei Beteiligten schließen. Die Belastung für die Bürger, da sind sie sich einig, wollen sie möglichst gering halten. Dabei ist ihnen durchaus an einer engen Abstimmung mit der Bevölkerung gelegen, bei Bürgerversammlungen oder auch in Gesprächen mit Gewerbetreibenden.