Herne. Vor 100 Tagen wurde das Impfzentrum in Herne eröffnet. Seither gab es im Gysenberg knapp 50.000 Impfungen. Was gut lief – und was nicht.

Das Impfzentrum in Herne am Revierpark Gysenberg ist an diesem Dienstag seit 100 Tagen in Betrieb. Zeit für eine Bilanz: Mittlerweile haben in der Dreifachturnhalle neben der Eishalle 37.401 Menschen eine Erst- und 11.359 Menschen eine Zweitimpfung erhalten. Die Einrichtung, sagt Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD), sei eine „feste Säule“ im Impfprozess.

Aufgebaut wurde das Impfzentrum vor Weihnachten 2020, am 8. Februar 2021 gab es dort den ersten Piks. Die Beteiligten – darunter das DRK Herne als Betreiber, Ärzte, Pharmazeuten und medizinischen Fachkräfte – hätten von Anfang an exzellent zusammengearbeitet, so der OB im Gespräch mit der WAZ. Die Organisation laufe Hand in Hand. Gleich zu Beginn habe es einen Ruck gegeben: „Da war so ein gemeinsamer Geist da: Wir wollen raus aus der Misere.“ Der Kraftakt sei gelungen. Knapp 50.000 Spritzen seien nach 100 Tagen im Gysenberg gesetzt worden. Das könne sich sehen lassen.

56 Prozent aller Impfungen im Impfzentrum durchgeführt

Über 37.000 Menschen haben im Impfzentrum Herne im Revierpark Gysenberg eine Erstimpfung erhalten.
Über 37.000 Menschen haben im Impfzentrum Herne im Revierpark Gysenberg eine Erstimpfung erhalten. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Das meint auch Martin Krause, Geschäftsführer der DRK in Herne. „Ohne die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten wäre der Impffortschritt nicht so wie er ist“, sagt er zur WAZ. Krause nennt Zahlen: 56 Prozent aller Impfungen seien bislang im Impfzentrum verabreicht worden. Insgesamt stehe Herne mit den Erstimpfdosen im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe damit an sechster Stelle.

Ärgerlich aber sei nach wie vor das Terminvergabe-System, kritisiert der OB: „Das war zu Beginn eine Zumutung.“ Viele Menschen kamen nicht durch, konnten sich nicht anmelden, waren sauer, verärgert, frustriert. Das System der Kassenärztlichen Vereinigung sei mittlerweile verbessert worden, sei aber „nach wie vor nicht ideal“. Noch immer müssten Menschen immer wieder nachschauen, ob ein Termin für sie frei ist, und noch immer müssten sie mitunter lange warten. Die Terminvergabe liege aber nicht in der Hoheit der Stadt, betont er.

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Ein weiteres Problem: Es gebe nach wie vor zu wenig Impfstoff, sagen Dudda und Krause. Pro Tag würden im Impfzentrum rund 850 Menschen geimpft, das seien 200 mehr als am Anfang geplant, so der DRK-Chef. Es sei aber viel mehr möglich: „Wir haben an Ostern gezeigt, dass auch 1200 Dosen pro Tag kein Problem sind – wenn wir mehr Impfstoff haben.“

Strenge Priorisierungsregeln im Impfzentrum

Gut laufe auch das Miteinander zwischen Personal und Besuchern. Die Mitarbeiter gingen „sehr respektvoll“ mit den Gästen um, sagt OB Dudda. Auch umgekehrt laufe meist alles reibungslos. Es komme aber regelmäßig vor, dass Besucher kämen, die eine Impfung forderten, obwohl sie noch nicht an der Reihe seien. Nach dem Motto: Vorher gehe ich hier nicht weg. Im Impfzentrum gebe es aber im Gegensatz zu den Arztpraxen ganz strenge Priorisierungsregeln, die nur über die Impfbrücke aufgeweicht werden dürften: „Das verstehen viele nicht.“

Hinzu komme laut DRK-Chef Krause, dass etwa fünf Prozent der Angemeldeten, die zwischenzeitlich anderswo geimpft wurden, ihren Termin nicht absagten. Dosen verfielen aber keine: „Die Impfbrücke ermöglicht es uns bisher aber, alle nicht verbrauchten Dosen an den Mann und die Frau zu bringen.“ Der dringende Appell der Verantwortlichen: Impftermine, die nicht gebraucht werden, sollen unbedingt abgesagt werden.

>> WEITERE INFORMATIONEN: Die Zukunft des Impfzentrums

Wie lange das Impfzentrum noch gebraucht wird? Auf jeden Fall noch weitere 100 Tage. Laut OB läuft der Vertrag mit dem Land bis Ende des Jahres, er rechnet aber damit, dass spätestens im Herbst Schluss ist. Dann könnten die Haus- und Fachärzte, die ebenfalls einen tollen Job bei den Impfungen machten, übernehmen.

DRK-Chef Martin Krause Krause und OB Frank Dudda schränken aber ein: Wissenschaften gehen mittlerweile davon aus, dass Auffrischungsimpfungen nach neun bis zwölf Monaten nötig sind. „Auch hier muss die Frage gestellt werden, ob dies in Zukunft flächendeckend durch niedergelassene Ärzte gelingen kann“, sagt Krause.