Herne. Die Staffelung des Unterrichtsbeginn wird an den Herner Schulen bis zum Sommer verlängert. Hat dieses Modell auch nach der Pandemie eine Chance?

Die coronabedingte Staffelung des Unterrichtbeginns an allen weiterführenden Herner Schulen hat bundesweit Beachtung gefunden. Nun wird das Projekt aufgrund der Pandemielage bis zu den Sommerferien verlängert und sogar wissenschaftlich begleit. Zudem wird der Gedanke laut, den morgendlichen Schulstart auch über die Corona-Krise hinaus zu entzerren.

Universität Kassel begleitet das Herner Projekt

Das von der Stadt, den Schulen und der Bezirksregierung entwickelte und im November gestartete Modell sieht einen entzerrten Unterrichtsbeginn zwischen 7.30 Uhr und 8.45 Uhr vor. Dadurch können die 17 zusätzlich eingesetzten Busse „eine zweite Runde“ fahren, berichtete HCR-Betriebsleiter Dirk Person am Dienstagabend im Ausschuss für Digitalisierung, Infrastruktur und Mobilität. Die Folge: Die Fahrzeuge seien in der „Rush-Hour“ nicht mehr voll besetzt; dadurch sinke das Infektionsrisiko. Die Kosten für das kommunale Verkehrsunternehmen lägen bei bis zu 15.000 Euro im Monat.

Auch interessant

„Eine kleine Revolution. Aber eigentlich ganz einfach.“ So habe das Magazin „Spiegel“ das Herner Projekt auf den Punkt gebracht, sagte Person. Es sei allerdings „verdammt schwer“ gewesen, alle Partner auf einen gemeinsamen Weg zu bringen. „Das war ein ganz dickes Brett“, so der HCR-Mitarbeiter. Dafür gab es auch im Ausschuss viel Lob. Person berichtete der Politik zudem, dass das Fachgebiet Verkehrsplanung und Verkehrssysteme der Universität Kassel das Projekt unter dem Stichwort „Reallabor Herne“ künftig wissenschaftlich begleiten werde.

Die „innere Uhr“ in der Pubertät

Das wird möglich, weil die zunächst nur bis zu den Osterferien vereinbarte Entzerrung des Unterrichtsbeginns in Herne aufgrund des Infektionsgeschehens bis zu den Sommerferien verlängert wird. Das hätten alle Beteiligten so vereinbart, erklärt Schulamtsleiter Andreas Merkendorf am Mittwoch auf Anfrage der WAZ.

Andreas Merkendorf - hier bei einem Interview in der WAZ-Redaktion - kann sich vorstellen, den Unterrichtsbeginn auch nach der Pandemie zu entzerren.
Andreas Merkendorf - hier bei einem Interview in der WAZ-Redaktion - kann sich vorstellen, den Unterrichtsbeginn auch nach der Pandemie zu entzerren. © Funke Foto Services GmbH | Rainer Raffalski

Er könne sich persönlich durchaus vorstellen, den Schulstart auch nach der Pandemie zu staffeln. Merkendorf regt an, dieses Thema in Herne mit Schülern, Eltern, Lehrern und auch Kinderärzten einmal grundsätzlich zu diskutieren. Hintergrund: Schlafexperten halten einen späteren Schulstart für sinnvoll, weil sich mit Beginn der Pubertät die „innere Uhr“ verschiebe. Ein zu früher Unterrichtsbeginn schränke die Leistungsfähigkeit ein, heißt es.

Eine dauerhafte Entzerrung wäre aber nur denkbar, wenn das NRW-Schulministerium ein klares Signal für eine Unterstützung geben würde, so Merkendorf. Für eine Änderung bräuchte man aus Düsseldorf mehr als das bisherige „positive Wischi-Waschi“.