Herne. Der Gründonnerstag hätte im Zuge des Oster-Lockdowns ein „Ruhetag“ sein sollen. Das hätte in vielen Bereichen einen riesigen Aufwand ausgelöst.
Die Politik hat einen Rückzieher gemacht – und damit offenbart, wie kurzsichtig ihre Entscheidung war: Gründonnerstag und Karsamstag werden nun doch keine „Ruhetage“. Dass Lebensmittlerhändlern, Apothekern und Nahverkehrsunternehmen der enorme Organisationsaufwand nun erspart bleibt, stößt in Herne auf Erleichterung.
„Das vereinfacht uns die Abläufe extrem“, sagt Olaf Kenkmann, Inhaber eines Rewe-Marktes und Vorsitzender des Einzelhandelverbandes in Herne. Eine Schließung am Gründonnerstag hätte nicht dabei geholfen, das ohnehin kundenstarke Ostergeschäft zu entzerren. „Voll wird es jedes Ostern“, so Kenkmann. „In diesem Jahr wäre es aber eine Katastrophe geworden. Wir hätten die Leute auf dem Parkplatz stapeln müssen.“
Nur weil der Osterbrunch mit Freunden ausfällt, geht Olaf Kenkmann aber nicht davon aus, dass die Menschen weniger einkaufen. Hinzu komme, dass alle, die an den Ostertagen normalerweise essen gehen, nun ebenfalls für die Feiertage einkaufen müssten – vorausgesetzt, sie nutzen den Lieferservice der Restaurants nicht.
Ruhiger Gründonnerstag: „Wir hätten alles umdisponieren müssen“
Ingeborg Köhne, Inhaberin des Bioladens Kornmühle in Herne, hatte bereits geahnt, dass es bei den am Montag beschlossenen Regelungen nicht bleibt. Die Arbeitspläne hatte sie daher noch nicht umgeschrieben. Etwa 30 Kunden dürften den Markt an der Viktor-Reuter-Straße gleichzeitig betreten, vor allem am Morgen des Ostersamstags wäre es bei einer Schließung am Gründonnerstag zu Schlangen vor der Ladentür gekommen, vermutet Köhne. „Wir sind stark auf Frischeprodukte ausgelegt.“ Obst und Gemüse, Milch und Eier sowie Fleisch, Wurst und Käse könne man nicht ohne Weiteres eine Woche im Voraus kaufen.
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Dass die Menschen nun wieder mehr Zeit haben, für die Feiertage einzukaufen, lässt auch Monika Itterman-Vogel vom Edeka-Markt Vogel in Herne aufatmen. So sei es für Menschen, bei denen das Geld knapp ist, nicht so einfach, kurz vor Monatsende auf Vorrat einzukaufen. „Um alles ein bisschen zu entzerren“ sei bereits geplant gewesen, die Öffnungszeiten zu erweitern. Das Geschäft macht nun am Gründonnerstag und am Ostersamstag eine Stunde früher (um 6 Uhr) auf.
Für die Einzelhändlerin wäre vor allem die kurzfristige Umplanung der für den Donnerstag geplanten Warenlieferung zum Problem geworden: „Wir hätten alles umdisponieren müssen“, sagt Itterman-Vogel.
HCR: Aufwand für Fahrplanumstellung ist riesig
Für die HCR hätte sich unter anderem die Frage gestellt, ob die Kundencenter geschlossen bleiben. Der Hintergrund, so Sprecher Dirk Rogalla: Viele Kunden kauften am Monatsanfang eben auch ihre Monatskarten. Doch im Vergleich zu der Frage, nach welchem Fahrplan Busse und Bahnen gefahren wären, wäre die Frage der Kundencenter zu vernachlässigen gewesen.
Am Mittwoch wollten HCR, Bogestra und Vestische – die auf Herner Stadtgebiet fahren – gemeinsam eine Lösung finden. Eine Option: nach dem normalen Plan fahren. Doch wenn die allermeisten Plätze frei geblieben wären, hätte das unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht, etwa für Benzin. Die Alternative: Umstellung auf einen Feiertagsplan. Dann wären die Busse später aus dem Depot gerollt – doch Menschen aus systemrelevanten Berufen (zum Beispiel Krankenpflegerinnen) hätten Probleme bekommen, pünktlich zur Frühschicht zu kommen. Darüber hinaus hätte die HCR ihr eigenes Personal entsprechend einplanen müssen. Rogalla: „Der Aufwand, einen Fahrplan umzustellen, ist riesig.“ Der bleibt nun erspart.
Herner Apothekensprecher befürchtete Versorgungsprobleme
Robert Sibbel, Sprecher der Herner Apotheker, befürchtete Probleme, falls neben dem Gründonnerstag auch noch der Samstag geschlossen geblieben wäre – zumal zahlreiche Apotheken im Normalfall auch schon am Mittwochnachmittag geschlossen haben. Wie man die Versorgung mit Medikamenten fünf Tage lang nur mit Notdiensten hätte aufrecht erhalten wollen, erschließt sich Sibbel nicht. Es gebe mehrere Apotheken in Herne, die pro Tag hunderte Kunden hätten. Wie allein Notdienste dies hätten auffangen können, sei nicht ersichtlich. Hinzu komme, dass es Spezialversorgungen gebe, die nicht alle Apotheken böten. Es hätte die Gefahr bestanden, dass Patienten nicht an ihre Medikamente gekommen wären.
Auch andere Bereiche hätten viel zu organisieren gehabt. So hätte Entsorgung Herne die Touren für die Müllabfuhr, die ohnehin schon verschoben werden wegen der Feiertage, nochmals umplanen müssen. Auch Dienstleister in der Gesundheitsbranche, wie Physiotherapeuten oder Logopäden, hätten große Probleme bekommen, weil sie Termine hätten verschieben müssen.
>> EINZELHANDEL SCHLIESST AB MONTAG
Auch wenn die Supermärkte an Gründonnerstag nun doch öffnen dürfen: Geschäfte wie Boutiquen, Schuh- und Schmuckläden müssen in Herne weiterhin ab Montag, 29. März, schließen.
Bei Olaf Kenkmann, Vorsitzender des Herner Einzelhandelverbandes, stößt das auf Unverständnis. So erfreue sich der Handel ohnehin nicht an regen Besucherströmen. Das „Click and Meet“-Konzept sei die einzige Lösung, überhaupt Umsätze zu generieren. „Es ist traurig, wie in Deutschland mit Existenzen umgegangen wird.“