Herne. Posse um das Shoah-Mahnmal in Herne: Warum die Schutztore für die mehrfach geschändete und nun wieder gereinigte Betonplatte nicht funktionieren.
Die Schutztore des Shoah-Mahnmals in Herne lassen sich nicht wie geplant bewegen. Das bestätigt die Stadt auf Anfrage der WAZ. Das Denkmal für die jüdischen Nazi-Opfer aus Herne ist in der Vergangenheit mehrfach geschändet worden, deshalb wurden tonnenschwere Schutztore gebaut, die abends vor die Betonwand gefahren werden sollen. Allein: Die Technik funktioniert nicht. Wie es nun weitergeht? Ende offen.
Die Betonwand des Shoah-Mahnmals mit ihren 400 Okularen, die die Namen der jüdischen Nazi-Opfer tragen, bleibt deshalb bis auf Weiteres verhüllt. „Für uns zieht sich das wie Kaugummi“, sagt Winfried Venne zur WAZ. Er hat das Shoah-Mahnmal gemeinsam mit Gabriele Graffunder geschaffen. Er sei „nicht glücklich“ über die Entwicklung, sagt er vorsichtig. Um dann doch noch anzufügen: „Es ist peinlich, dass da nichts passiert.“
Herne: Farbbeutel wurden vor die Betonwand geschmissen, Okulare zerstört
Das Mahnmal auf dem Willi-Pohlmann-Platz wurde im Jahr 2010 eröffnet und anschließend mehrfach von Unbekannten beschädigt: Farbbeutel wurden gegen die Betonwand geschmissen, einige Okulare zerstört und die Rampe bekritzelt. Die Stadt reagierte und verhüllte das Mahnmal 2014 provisorisch. Nur an Erinnerungstagen wurde die zwischenzeitlich gereinigte Betonwand geöffnet. Gleichzeitig wurden Ideen gesammelt, wie die Wand dauerhaft geschützt werden kann. Am Ende entschied sich der Rat 2017 für eine künstlerische Erweiterung: Vier Tore aus Bronze-Platten, zwei vorne und zwei hinten, sollen die Betonplatte im Dunkeln umhüllen. Abends sollen sie vor die Platte, morgens wieder zur Seite geschoben werden. Eine Werkstatt aus dem Ruhrgebiet baute deshalb die Schiebe-Konstruktion. Die aber funktioniert einfach nicht. Immer wieder gab es Testläufe, immer wieder Pannen: Die Technik versagte.
Peinlich ist das Ganze auch deshalb, weil die Stadt zwischenzeitlich das Gegenteil behauptet hatte. Dreimal musste die Wiedereröffnung abgesagt werden. Am 27. Januar 2020, am Holocaust-Gedenktag, war es dann soweit: Zehn Jahre nach der Eröffnung wurde das „neue“ Shoah-Mahnmal feierlich präsentiert: Der OB war da, ein Minister, der Regierungspräsident und eine Zeitzeugin. Nur: Die Schutzkonstruktion, so wurde schnell klar, funktionierte noch immer nicht. Gleich nach der Eröffnung wurde die Betonwand deshalb wieder verschlossen. „Es gibt keinen Grund zur Besorgnis“, „nur noch Feinjustierungen“ seien nötig, hieß es einen Monat später, als die WAZ nachfragte, warum die Schutztore weiterhin nicht bewegt werden. Im Sommer, nach einer weiteren Anfrage der WAZ, sprach die Stadt dann von „technischen Problemen“. Nun im Winter ist endgültig klar: Die Konstruktion funktioniert einfach nicht.
Eine Lösung ist weiterhin nicht in Sicht
Bei der Schutzhülle gebe es Ausfälle im Bereich der eingebauten Lager, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken jetzt auf Anfrage der WAZ. Deshalb sei ein kontinuierliches Öffnen und Schließen leider nicht möglich. Die Schutzhülle aus Baubronze stelle „hohe und einmalige Anforderungen“ an die Konstruktion und Auslegung der Öffnungs- und Schließmechanik. Ein Gutachter habe festgestellt, „dass die Abläufe innerhalb der Mechanik“ zu den Ausfällen führten. Mögliche Lösungsansätze seien vom Gutachter beschrieben worden. Eine Lösung gibt es aber weiterhin nicht: „Derzeit sind die Stadt Herne, planungsbeteiligte und ausführende Firmen dabei, diese Ansätze zu überprüfen, um eine Lösung zu finden.“ Von dieser Lösung sei abhängig, wann das Mahnmal dauerhaft geöffnet werden könne und ob dadurch Mehrkosten entstünden.
Nach Auskunft mehrerer Beteiligter gegenüber der WAZ sind die Kosten für die Schutzhülle längst explodiert. Demnach haben die Tore bereits jetzt mehr als doppelt so viel gekostet wie das ursprüngliche Mahnmal selbst, das seinerzeit rund 90.000 Euro gekostet hat. Nicht beantworten wollte die Stadt die Frage, ob sich die Verwaltung von der Firma, die die Schutztore gebaut hat, mittlerweile getrennt hat und wer die Kosten für die bislang nicht funktionierende Technik am Ende bezahlt. Die Werkstatt aus dem Ruhrgebiet, die die Bronze-Tore mit samt der Technik herstellte, war gegenüber der WAZ zu keiner Stellungnahme bereit.
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