Herne. Der Ruf nach einem harten Lockdown ab Weihnachten wird lauter. Auch in Herne stößt diese Idee auf viel Zustimmung - unter bestimmten Bedingungen.

Der leichte Lockdown hat bisher nicht gereicht, um die Infektionszahlen ausreichend zu senken. Deshalb fordern Experten der Leopoldina sowie Christian Drosten und RKI-Chef Lothar Wieler einen harten Lockdown ab Weihnachten. Wie das in Herne aufgenommen wird:

Der Handel

Keineswegs überrascht von der Forderung zeigt sich Norbert Menzel, Vorsitzender der IG Herne City. Dass so etwas kommen werde, sei ihm klar gewesen. Einen harten Lockdown, bei dem auch die Geschäfte in der Innenstadt schließen müssen - mit Ausnahme jener des täglichen Bedarfs -, kann er sich gut vorstellen. „Aber dann soll man auch richtig durchziehen und bis Februar dicht machen und nicht mal hier eine Maßnahme machen und dann mal dort. Menzel plädiert auch dafür, die Kontakte an den Weihnachtsfeiertagen auf fünf Personen zu beschränken und auf Silvesterpartys zu verzichten. Schon vor Weihnachten die Geschäfte zu schließen - in Sachsen soll dies ab Montag geschehen - wäre fatal für die Herner Innenstadt.

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Jens Rohlfing, Vorsitzender der Werbegemeinschaft Wanne-Mitte, teilt die Einschätzung, dass es härtere Maßnahmen geben muss. Allerdings ist er der Meinung, dass man das nicht bundesweit machen sollte, sondern regional begrenzt. Und: Ein Schließen der Geschäfte vor Weihnachten wäre kein Lockdown, sondern der Knockout. Er fordert außerdem, über Hilfen für den Handel nachzudenken. Rohlfing bedauert es, dass im Sommer keine geeigneten Maßnahmen ergriffen wurden (zum Beispiel beim Thema Reisen), und jetzt die Falschen darunter litten.

„Eine Katastrophe“ sei es für die Einzelhändler, wenn sie noch vor Weihnachten schließen müssten, sagt Olaf Kenkmann, Vorsitzender des Einzelhandelverbandes Herne. „Für viele stationäre Einzelhändler wäre das sicher der Untergang.“ Aber auch ein Lockdown nach den Feiertagen sei für viele eine Herausforderung, denn es zähle jeder Tag. Schließlich müssten Kosten gedeckt und Personal bezahlt werden, so Kenkmann.

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Die Stadt

Die Stadt Herne würde es begrüßen, wenn Schulen und Kindertagesstätten in NRW unter Vorhalten einer Notbetreuung geschlossen würden. Dies sei zielführender als eine Schließung der Geschäfte, so Stadtsprecher Christoph Hüsken.

Die Schulen

Einen harten Lockdown mit einer Verlängerung der Schulferien würde Schulamtsleiter Andreas Merkendorf begrüßen, „allerdings nur, wenn es dann auch wirklich Ferien sind“. In dieser Zeit sollten, so seine Meinung, kein Distanzunterricht und keine Prüfungen stattfinden. Wichtig sei aber auch: „Es müsste ein klar definiertes Enddatum geben“, sagt Merkendorf. Für ihn sei eine einwöchige Verlängerung über den 6. Januar hinaus unproblematisch, mehr nicht.

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Vor allem stößt dem Schulamtsleiter aber auf, dass das NRW-Schulministerium bis heute keine Konzepte für ein Lernen während einer Pandemie entwickelt habe. Dazu zählten neben Hybrid- oder Wechselunterricht auch die Frage nach dem Umgang mit Prüfungen, ob wirklich alle Klausuren geschrieben werden müssten oder entsprechende Anpassungen möglich seien. „Wir sind richtig erbost über das Nicht-Handeln des Ministeriums“, findet Merkendorf klare Worte. „Das Mantra ,Schule läuft normal’ in völliger Naivität kann so bis März nicht funktionieren.“

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Selbst wenn es nach Weihnachten zu einem vorübergehenden harten Lockdown kommen sollte, blieben immer noch viele Monate, in denen es kalt ist und man nicht weiter normal Schule machen könne. Ihm bereite das Modell „erst Vollgas, dann die Handbremse ziehen“ große Sorge.

Die Gastronomen

Für die Gastronomen würde sich durch einen harten Lockdown nicht viel ändern, sagt Markus Galland, Inhaber vom Haus Galland. „Wir müssen unsere Restaurants sowieso bis zum 10. Januar geschlossen halten.“ Er hofft, dass der harte Lockdown etwas bringe, „aber ich glaube nicht daran“. Er betont: „Es muss geschaut werden, wo die Wurzeln der Infektionen liegen.“ Dass die Zahlen in Herne und ganz Deutschland seit dem „Lockdown Light“ nicht sinken, sei für ihn ein deutliches Indiz dafür, dass nicht die Restaurants für die Verbreitung des Virus verantwortlich seien. Daran, dass die Restaurants nach dem 10. Januar wieder öffnen dürfen, glaubt Galland nicht.

Wissenschaftler appellieren an Politik

Experten der Leopoldina sowie Christian Drosten und RKI-Chef Lothar Wieler richten einen deutlichen Appell an die Politik: Das öffentliche Leben soll „bis mindestens 10. Januar weitgehend ruhen“, berichtet der Spiegel.

In einem zweistufigen Verfahren soll laut Wissenschaftler zunächst die Schulpflicht ab 14. Dezember aufgehoben und die Bürger sollen „nachdrücklich“ zur Arbeit im Homeoffice aufgefordert werden. Auch sollten „alle Gruppenaktivitäten im Bereich von Sport und Kultur eingestellt“ werden.

In der zweiten Stufe ab Weihnachten sollte „bis mindestens 10. Januar 2021 in Deutschland das öffentliche Leben weitgehend ruhen“. Dazu zählt die Leopoldina, dass alle Geschäfte bis auf diejenigen des täglichen Bedarfs schließen. Die Weihnachtsferien der Schulen sollten bis zum 10. Januar verlängert werden. Urlaubsreisen und größere Zusammenkünfte während der gesamten Zeit müssten vollständig unterbleiben.

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