Herne. Kita-Mitarbeiter arbeiten derzeit an der Belastungsgrenze. Ein Herner Kita-Träger plädiert dafür, Kitas zu Weihnachten zwei Wochen zu schließen.

Die Belastung in den Kitas in Herne wird immer größer. Ganz Deutschland diskutiert über weitere Kontaktbeschränkungen und eine Halbierung von Schulklassen, aber über die Situation der Kitas wird in diesem Zusammenhang wenig gesprochen. „Die Kitas sind ziemlich aus dem Fokus gerutscht“, sagt Andreas Gerdesmann, Vorsitzender des Stadtelternrates. Dabei höre er immer wieder von Erzieherinnen, dass sie an der Belastungsgrenze seien.

„Es ist eine sehr angespannte und belastende Situation in den Kitas“, sagt Elisabeth Weyen, Geschäftsführerin der Evangelischen Kindergartengemeinschaft. Es gebe viele Krankheitsfälle – sowohl wegen Corona aber auch anderer Erkrankungen , die im Herbst üblich seien. Mitarbeiter müssten damit umgehen, dass Kinder in die Kita kommen, obwohl Familienmitglieder wie Onkel oder Tante positiv getestet wurden. Durch einen zu hohen Krankenstand arbeiteten vier evangelische Kitas derzeit nur mit Notgruppen, so Elisabeth Weyen. Eine weitere Einrichtung sei in Quarantäne .

Kleiner Lockdown für alle Kitas bis 8. Januar

„Es ist gut, dass die Kinder weiter in die Kita gehen können“, betont die Chefin der Evangelischen Kitas in Herne. „Ich fände es aber gut, wenn man über Weihnachten noch mal alle Einrichtungen für zwei Wochen schließt“, sagt Elisabeth Weyen. Vom 18. Dezember bis zum 8. Januar sollten, so ihr Wunsch, alle Kitas geschlossen bleiben. Dieser „kleine Lockdown “ würde für alle eine Erholungsphase ermöglichen. „Auch wenn ich weiß, dass es für alle Eltern ein Alptraum ist.“

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Ähnliche Rückmeldungen hat auch Ulrich Klonki, Vorsitzender des Ausschusses für Kinder, Jugend und Familie, bekommen. „Bei manchen Erzieherinnen merke ich, dass die Anspannung steigt. Einige haben jeden Tag Angst, sich anzustecken.“ Andere würden die Situation aber auch anders empfinden, so der SPD-Politiker. Diese sei je nach Kita in Herne aber auch sehr unterschiedlich. „Es gibt einige Kitas in Herne mit großem Außengelände, die sind groß genug, um auch dort die Gruppen zu separieren.“ Bei anderen sei dies nicht möglich – teilweise auch nicht im Innenbereich.

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Deshalb sind die Regeln in den Kitas derzeit unterschiedlich. „Sofern dies möglich ist, wird in den Tageseinrichtungen in Herne getrennt betreut“, teilt die Stadt auf Anfrage mit. „Im Vordergrund steht jedoch weiterhin die Sicherstellung der Kinderbetreuung als verlässlicher Baustein für die Eltern.“ Bei den evangelischen Kitas wird hingegen weiterhin weitestgehend auf ein offenes Gruppenkonzept gesetzt – allein schon, da es sonst schwierig wäre, die Betreuung in den Randzeiten zu gewährleisten, so Weyen.

Kita-Schließungen nach Coronafällen

Mit Kita-Schließungen aufgrund von Coronafällen hat auch die Awo-Ruhr-Mitte schon Erfahrung machen müssen. So war die Kita Breddestraße wegen eines positiven Test-Ergebnisses einer Mitarbeiterin bis zum 11. November geschlossen, teilt Sprecher Christopher Becker mit. „Aktuell geschlossen ist die Kita Gelsenkircher Straße bis zum 25. November.“

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Von Stephanie Weltmann und Matthias Korfmann

Die Kitas versuchten, den „Normalbetrieb“ bestmöglich aufrecht zu halten, so Christopher Becker, was jedoch für die Träger und Erzieherinnen eine besondere Herausforderung sei. „Es gilt, das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu halten und trotzdem einen Regelbetrieb zu gewährleisten“, sagt er. In Anbetracht des generell bereits vorherrschenden Fachkräftemangels und der Tatsache, dass Krankheitsfälle im Herbst grundsätzlich mehr würden, stelle die aktuelle Situation eine umso größere Aufgabe dar.

Eltern froh über geöffnete Kitas

„Als Eltern sind wir natürlich froh, dass die Kitas weiter für die Kinder geöffnet sind“, sagt Stadtelternratsvorsitzender Andreas Gerdesmann. „Aus Sicht der Eltern wäre eine Kita-Schließung ziemlich katastrophal“, sagt er. Um arbeiten zu gehen, brauche man die Kita. Dennoch würde er sich für die Erzieher eine Entlastung wünschen. Corona habe nur noch mal ein generelles Problem verdeutlicht: Es fehlt den Kitas an Personal . Deshalb fordert Gerdesmann langfristige Änderungen und vor allem eine bessere Ausbildung und Bezahlung von Erzieherinnen und Erziehern.

Mehr Personal für Kitas

Der Mangel an Erzieherinnen zeige sich nun in der Corona-Pandemie besonders, sei aber ein Problem, das nichts mit der Pandemie zu tun habe, sagt Sarah Pietas vom Elternrat der Ev. Kita Löwenherz. Sie hat sich im Namen des Elternrats mit einer Online-Petition an das Land gewandt.

Mehrfach sei in der Kita zuletzt nur noch eine Notbetreuung möglich gewesen. Sie fordert mehr Personal für die Kitas. „Außerdem muss die Ausbildung attraktiver gestaltet werden“, sagt sie zur WAZ. Dazu müsste die Bezahlung verbessert und Aufstiegschancen müssten geschaffen werden, damit der Beruf mehr Wertschätzung erhalte. Das Problem müsse langfristig angegangen werden – völlig unabhängig von Corona.

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