Herne. Die Stadt Herne will die Sporthallen für den Schulunterricht schließen. Schulleiter sprechen sich derweil für eine Halbierung der Klassen aus.

Angesichts steigender Infektionszahlen will die Stadt die Sporthallen für den Schulunterricht schließen. Derzeit wartet sie noch auf die Genehmigung der Bezirksregierung. Es wäre ein erster Schritt, den Unterricht an den Schulen in Herne einzuschränken. Denn während sich die restliche Gesellschaft seit Montag im „Lockdown light“ befindet, arbeiten die Schulen bisher weiter (wenn auch mit Maske) im Regelbetrieb und mit vollen Klassen.

Die Sieben-Tage-Inzidenz in Herne kratzt am Dienstag bereits an der 300er-Marke und liegt damit in dem Bereich, bei dem im Berchtesgadener Land bei einem Lockdown alle Schulen und Kitas für zwei Wochen geschlossen wurden. Die Städte Solingen und Krefeld wollen wegen der anhaltend hohen Corona-Zahlen die Schulklassen halbieren. In Herne gibt es dazu noch keine konkreten Pläne - zumindest nicht offiziell.

Hernes Schulamtsleiter für Halbierung der Klassen

Dabei würde sich Andreas Merkendorf, Leiter des Schulamtes in Herne, einen solchen Schritt auch wünschen: „Meiner Meinung nach muss man das Tempo in den Schulen reduzieren.“ Das Schulministerium wisse seit August, dass der Herbst kommt und sage seitdem nur, dass die Schulen geöffnet bleiben sollen, kritisiert er. „Wir sind in einer beispiellosen Pandemie-Lage, da kann ich mir diesen Blick so nicht leisten.“


Es müsse über Staffelungen des Unterrichts und halbierte Klassen gesprochen werden. „Aber dieser Mut wird nicht aufgebracht. Das halte ich für eine Verdrängung der Realität“, sagt Merkendorf und ärgert sich über die wie er sagt fehlende Bereitschaft des NRW-Schulministeriums, mit den Kommunen zu sprechen. „Ich hätte gerne ein Konzept gehabt. Welche Fächer sind wichtig, auf welche kann ich schweren Herzens verzichten oder sie reduzieren?“

Schulamtsleiter Andreas Merkendorf übt deutliche Kritik am Krisenmanagement des NRW-Schulministerium.
Schulamtsleiter Andreas Merkendorf übt deutliche Kritik am Krisenmanagement des NRW-Schulministerium. © Funke Foto Services GmbH | Rainer Raffalski


Das abwartende Verhalten aus NRW bezeichnet Merkendorf als „fahrlässig“. Er spricht vom „Prinzip Hoffnung“, das in einer Krise aber nicht funktioniere. „Ich befürchte, dass irgendwann von 100 auf null abgebremst wird.“ Denn dass immer mehr Corona-Fälle kommen werden, sei unbestritten. Schon jetzt hat sich die Zahl der Corona-Fälle an Schulen in NRW im Vergleich zum Zeitraum vor den Herbstferien mehr als verdoppelt.

Schulleiter für Reduzierung des Präsenzunterrichts

Auch Dennis Robertz, Leiter des Otto-Hahn-Gymnasiums, würde sich wünschen, dass angesichts des Infektionsgeschehens, die Zahl der Kontakte auch an den Schulen reduziert werden. „Aus meiner Sicht würde sich eine Verkleinerung von großen Gruppen anbieten, so dass dann manche Gruppen abwechselnd im Präsenzunterricht anwesend wären“, sagt Robertz. Er würde sich einen Maßnahmenplan vom NRW-Schulministerium wünschen, der klar in Aussicht stellt, welche Änderungen es unter welchen Bedingungen geben wird.


An der Realschule Crange hat es in den vergangenen Wochen gleich mehrere Corona-Fälle bei Schülern und im Kollegium gegeben. Entsprechend besorgt blickt Schulleiterin Wiltrud Zimmermann auf die kommenden Wochen, denn: „Trotz ausgeklügeltem Raumkonzept und angewandtem Lüftungsverhalten werden ja die Räume nicht größer und die Klassenstärken nicht kleiner.“


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Auch wenn sie sich wünscht, dass an den Schulen möglichst lange alle Fächer unterrichtet werden, ist sie skeptisch: „Ich befürchte, dass wir demnächst wieder eine Situation haben werden, in der dies organisatorisch nicht mehr möglich sein wird.“ Da die Schulen an personelle Grenzen stoßen, sieht sie eine „Alternative nur in der Reduzierung von Unterrichtsinhalten oder Fächern“.

Schulleiterin sorgt sich um Abschlussjahrgänge

Nicole Nowak, Leiterin des Haranni-Gymnasiums und Sprecherin der Herner Gymnasien, steht einer Teilung der Klassen „nicht nur positiv gegenüber“. „Wir müssen in der Oberstufe Laufbahnen sichern“, betont sie. Bei inhaltlich eingeschränktem Unterricht hätten sie große Probleme, das zu gewährleisten. Außerdem würden auch die Eltern den Präsenzunterricht fordern. Dennoch spürt auch sie: „Die Anspannung im Kollegium steigt.“


Deshalb habe sie für ihre Schule bereits festgelegt, dass es keinen Sportunterricht in der Halle geben wird. „Ich halte meine Turnhalle nicht für ausreichend belüftet, um mit 30 Leuten Sport zu machen.“ So lange es vom Wetter her möglich ist, solle er draußen stattfinden, dann müssten andere Wege gefunden werden: Waldexkursionen oder theoretischer Unterricht zum Beispiel.

Angst vor Infektion in Schulen allgegenwärtig

„Um mein Personal mache ich mir große Sorgen“, sagt Stefan Lindemann, Schulleiter der Realschule an der Burg. „Wenn die Infektionszahlen in den nächsten Tagen nicht signifikant sinken, muss man der Empfehlung des RKI vielleicht folgen und die Klassen halbieren.“ Die Angst vor einer Infektion sei allgegenwärtig. Derzeit sei die Situation an seiner Schule noch tragbar. „Aber bevor wir in eine vollständige Schließung der Schulen reinlaufen, sollte man lieber jetzt reagieren“, sagt der Sprecher der Herner Realschulen.

Er spricht sich für eine nachhaltige Teilöffnung aus, um den Präsenzumfang aufrechtzuhalten. Damit hätte er vor den Sommerferien gut Erfahrung gemacht. Und es sei immer noch besser als gar keine Schule.


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