Herne. „Wir haben uns die Finger wund gewählt.“ So hat Armin Laschet eine Auftragsvergabe für Masken verteidigt. Das wundert eine Herner Firma.
„Wir waren damals auf der Suche nach seriösen Anbietern, wir haben jeden gefragt, den wir kennen. Wir haben uns die Hände wund telefoniert. Gefragt, gedrängt, gebettelt.“ Mit diesen Worten hat NRW-Ministerpräsident Armin Laschet am Dienstag die Tatsache verteidigt, dass die Modefirma van Laack durch Vermittlung von Laschets Sohn Johannes einen Millionenauftrag für Schutzausrüstung erhalten hat. Bei dem Herner Unternehmen B.M. Company sorgt diese Aussage für Verwunderung.
Denn sie seien nicht angerufen worden, sagt Geschäftsführer Stephan Bisping im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Dazu muss man wissen: Auch das Familienunternehmen B.M. Company ist seit Jahren eine feste Größe in der Textilbranche in NRW, es produziert hochwertige Damenblusen, die in ganz Westeuropa, aber auch in den USA, Australien oder Südkorea verkauft werden.
Unternehmen stieg Anfang März auf die Produktion von Masken um
Bisping hat offenbar recht früh erkannt, was da auf Deutschland zukommt. Als die Corona-Pandemie im März immer stärker an Fahrt gewonnen habe und es die ersten Todesfälle in Deutschland zu beklagen gab, habe das Unternehmen nach Stoffen und Material geschaut, mit denen sich Alltagsmasken herstellen lassen. Schon Anfang März sei sein Unternehmen umgestiegen. Ziemlich zu Anfang habe das Unternehmen die Abfallentsorgungs-Gesellschaft Ruhrgebiet (AGR) mit Masken beliefert, das seien um die 10.000 Exemplare gewesen. Auch Kindergärten seien beliefert worden. Die WAZ Herne hat Ende März darüber berichtet, dass B.M. Company wegen der Corona-Pandemie sein Geschäftsmodell umgestellt hat.
Bisping hat der WAZ seinen Mailverkehr mit dem Gesundheitsministerium zur Verfügung gestellt. Am 27. März schreibt er: „Wir sind ein Bekleidung herstellendes Unternehmen mit Sitz in Herne. Wir stellen hochwertige Damenblusen und Hemden mit europäischem Ursprung her. Wir produzieren am Standort Herne und in Polen. Durch die Corona-Pandemie haben wir freie Kapazitäten um medizinische Atemschutzmasken mit der FFP-2-Norm herzustellen. … Wir sind ebenfalls in der Lage Arbeitsschutzbekleidung zu fertigen. Über eine Kontaktaufnahme freuen wir uns.“
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Das Ministerium antwortet am selben Tag: „Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen bedankt sich sehr herzlich für Ihre Mail. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir in der aktuellen Situation derzeit nur konkrete Angebote prüfen können. Das Angebot sollte insbesondere folgende Angaben enthalten: Artikel und Qualität, lieferbare Menge, Einzelpreis und Zahlungskonditionen, Liefertermin und -konditionen. Bitte richten Sie Ihr Angebot an folgendes Postfach: Angebote-corona@mags.nrw.de.“
Bisping: Auch wir hätten Millionen Masken herstellen können
Bisping zeigt sich überzeugt davon, dass die Landesregierung sein Unternehmen zum Zeitpunkt des Kontakts zwischen dem Ministerpräsidenten und van Laack hätte kennen müssen. Der fragliche Anruf fand am 29. März statt, also zwei Tage, nachdem sich Bisping beim Land gemeldet hatte. Deshalb hätte er zumindest auch zum Teil zum Zuge kommen müssen. Doch auf das Angebot, das er kurze Zeit später eingereicht habe, habe er eine Absage erhalten. Bisping sagt, dass er mit den polnischen Werken auch Millionen Masken hätte produzieren können.
Die Staatskanzlei ließ eine Anfrage der WAZ-Landesredaktion zunächst unbeantwortet.
>> UNTERNEHMEN HAT WIEDER BEGONNEN; BLUSEN ZU NÄHEN
Trotz der Nichtberücksichtigung sei B.M. glimpflich davon gekommen . Weil die Stoffe zum Beispiel aus Italien kommen, habe es keinen Stillstand gegeben. Deshalb habe man neben den Masken irgendwann wieder begonnen, Blusen zu nähen. Auch heute näht B.M. noch Masken.