Düsseldorf. Ungewöhnlich heftig wehrt sich Ministerpräsident Laschet gegen Kungel-Vorwürfe beim Corona-Auftrag an van Laack, den sein Sohn eingestielt hatte.
Selbst unverfängliche Begrüßungsworte geraten in diesen Tagen schnell unter rheinischen Klüngelverdacht. Als Düsseldorfs neuer Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) am Dienstag Ministerpräsident Armin Laschet samt Landeskabinett und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) im künftigen Corona-Impfzentrum im Düsseldorfer Stadion begrüßte, pries er hemdsärmelig das gute nachbarschaftliche Verhältnis von Stadtspitze und NRW-Regierung. „Vielleicht hilft es ja, lieber Armin“, sagte Keller zu Laschet, „dass zwei gebürtige Aachener, zwei Öcher Jungs, an der Spitze von Landeshauptstadt und Landesregierung stehen.“
Der bis heute in Aachen fest verwurzelte Ministerpräsident, sonst nie um Lokalkolorit verlegen, lächelte etwas gequält. Seit Samstag wird Laschet schließlich unterstellt, er habe das rheinische „Mer kenne us, mer helfe us“ in der Pandemie-Bekämpfung arg freihändig angewendet. Der Chef des Mönchengladbacher Modekonzerns van Laack, Christian von Daniels, hatte öffentlich gemacht, wie der inzwischen bundesweit größte Hersteller von Corona-Alltagsmasken über familiäre Verbindungen an Landesaufträge gelangt war . „Der Kontakt kam insbesondere über den Sohn von Armin Laschet“, sagte von Daniels.
Laschets Sohn arbeitete als Botschafter für van Laack
Laschets 31-jähriger Sprössling Johannes, der eigentlich Jura in Bonn studiert, hat sich als sogenannter Mode-Blogger einen Namen gemacht. Das Model „Joe Laschet“ wirbt in sozialen Netzwerken für klassische Herrenmode und arbeitete bereits als Botschafter für van Laack-Kollektionen.
„Ich habe Joe gesagt, dass er seinem Vater meine Nummer geben kann, wenn das Land Hilfe bei der Beschaffung von Masken braucht“, wurde von Daniels zitiert. Sonntagsabends habe der Ministerpräsident dann angerufen und gesagt: „Sie rennen offene Türen ein.“
Das Land bestellte Kittel und Masken im großen Stil. Aufträge im Volumen von über 40 Millionen Euro ohne Ausschreibung. Die SPD-Opposition im Landtag wittert wegen der privaten van Laack-Beziehungen „Influencer-Marketing in der Staatskanzlei“. Das Geschäftsmodell von Influencern wie „Joe“ Laschet mit Zehntausenden Followern besteht darin, bestimmte Produkte in der eigenen Anhängerschaft zu bewerben. „Es gibt in der Politik wichtige Stilfragen: Es wäre gut, keinen Beigeschmack entstehen zu lassen. Das ist an dieser Stelle offenbar nicht ganz gelungen“, kommentierte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans.
„Der Vorwurf der SPD ist wirklich schäbig“
Laschet reagierte persönlich erstmals am Dienstagnachmittag auf die Vorwürfe. Und zwar so heftig und verärgert, wie man den freundlichen Rheinländer nicht oft erlebt. „Der Vorwurf der SPD ist wirklich schäbig“, schimpfte Laschet. Bei der NRW-SPD gehöre „Diffamieren immer zum Stilmittel, aber die neue Qualität ist jetzt, dass es in meine Familie hinein geht ohne jede Rücksichtnahme und ich weise das entschieden zurück“.
Erregt sprach er Minuten lang und schaute dabei auf ein offenbar vorbereitetes Manuskript. „Wir waren damals auf der Suche nach seriösen Anbietern, wir haben jeden gefragt, den wir kennen. Wir haben uns die Hände wund telefoniert. Gefragt, gedrängt, gebettelt.“
Tatsächlich wurde in der ersten Phase der Corona-Krise händeringend Ausrüstung gesucht. In NRW wurden sogar Schnapsbrennereien gebeten, Desinfektionsmittel zu produzieren. Dass Millionen-Aufträge eilig ohne Ausschreibung vergeben wurden, war gängige Praxis. Laschets rustikaler Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann unkte damals, wer als Regierung nach dieser Krise „nicht den Landesrechnungshof am Arsch hat, der hat alles verkehrt gemacht“.
Johannes Laschet wird gern mit Ryan Gosling verwechselt
Natürlich habe er auch seinen Sohn gefragt, so Laschet, „der sich in der Textilindustrie auskennt. Und irgendwann sagt der: Du, da ist van Laack, die könnten hier helfen. Ich sag‘, gib mir die Kontakte, ich ruf den an.“ Sein Sohn habe bei der Vermittlung „ohne jeden Lohn, ohne jeden Vorteil, ohne jeden Cent“ geholfen, versicherte der Regierungschef.
Überraschen dürfte Laschet indes kaum, dass der Vorgang so große öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Sein ältester Sohn ist spätestens seit der Vereidigung des Ministerpräsidenten 2017 eine öffentliche Figur. Damals saß er im weißen Dandy-Anzug auf der Zuschauertribüne des Landtags und bestimmte mit seiner Ähnlichkeit zum Hollywood-Star Ryan Gosling manche Schlagzeile. Auch bei Landesveranstaltungen tritt er immer wieder auf.
Familienmensch Laschet, der insgesamt drei erwachsene Kinder hat, verweist in Sozialen Netzwerken sogar auf Modefotos des Sohnes und bekannte mehrfach öffentlich, dass er den Filius in Kleidungsfragen konsultiere. Dass er „Joe“ in der Corona-Krise zu Rate zog, wirkt fast folgerichtig. Er werde es nicht zulassen, polterte Laschet, dass die Hilfe seines Sohnes „in den Dreck gezogen wird“.