Herne. Wie kann man sich bei der Arbeit konzentrieren? Und das auch im Homeoffice? Das sagen Melanie Müller aus Herne und ihr Kollege Christian Mörsch.
Die Hernerin Melanie Müller hat mit ihrem Kollegen Christian Mörsch das Buch „Konzentriert arbeiten für Dummies“ veröffentlicht. Die WAZ sprach mit den Autoren über konzentriertes Arbeiten – auch im Homeoffice.
Ihr neues Buch heißt „Konzentriert arbeiten für Dummies“. Warum brauchen wir so einen Leitfaden?
Mörsch: Die Anzahl der ablenkenden Faktoren beim Arbeiten hat in den vergangenen Jahren zugenommen, vor allem durch großräumige Bürokonzepte, die Omnipräsenz sozialer Medien und aktuell durch das coronabedingte Homeoffice. Zudem leiden immer mehr Menschen unter Stress und Schlafstörungen, die die Konzentrationsfähigkeit reduzieren.
Müller: Außerdem fällt es vielen Menschen im Alltag schwerer als früher, sich nur auf eine Sache zu konzentrieren. Denn die Anzahl der Aufgaben, die am liebsten gleichzeitig erledigt werden wollen, hat zugenommen.
Was ist das A und O, um konzentriert arbeiten zu können?
Müller: A wie Ausschlafen und O wie Organisation mit genügend Zeitpuffer (beide lachen).
Mörsch: Was Frau Müller meint, ist, dass es wichtig ist, den Arbeitsalltag zu planen. Dennoch: Egal, wie gut der Alltag geplant ist: Er ist von Ablenkungen geprägt, die es zu minimieren gilt. Hinzu kommen unbedingt regelmäßige Entspannungspausen und genügend Schlaf und konzentrationsfördernde Lebensmittel wie zum Beispiel Nüsse oder auch Avocados.
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Viele beneiden Menschen, die im Job multitaskingfähig sind. Sie sehen die „Zauberformel Multitasking“ kritisch. Warum?
Mörsch: Sie können Ihre volle Aufmerksamkeit immer nur auf einen Arbeitsvorgang richten. Wenn Sie also gleichzeitig zwei Dinge tun möchten, brauchen Sie länger, oder das Ergebnis ist nicht so gut wie erhofft. Nur bei Tätigkeiten, die so in Fleisch und Blut übergegangen sind, dass sie so gut wie keine Aufmerksamkeit mehr beanspruchen.
Müller: Ja, zum Beispiel Zähne putzen und gleichzeitig die Nachrichten hören.
„Ihr Schreibtisch ist Ihr Spiegel Ihrer Seele“, schreiben Sie. Wie soll ein Schreibtisch am besten aussehen?
Mörsch: Idealerweise liegen auf Ihrem Schreibtisch nur die Gegenstände, die Sie für den aktuellen Arbeitsvorgang benötigen. Alles, was Sie häufig beim Arbeiten benötigen, sollte greifbar an einem bestimmten Platz liegen.
Müller: Dazu eignen sich besonders die Schubladen unter dem Tisch. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wenn im Möbelhaus ein Tisch als Schreibtisch deklariert wird, obwohl er keine einzige Schublade besitzt.
Wenn man in einem, Loch ist: Wie kann man sich motivieren, um da rauszukommen?
Mörsch: Was immer geht, ist das Setzen einer Belohnung. Gut ist es auch, sich nicht vorzunehmen, jetzt drei Stunden am Stück zu arbeiten, sondern zunächst nur zehn Minuten.
Müller: Der Trick ist: Das Gehirn braucht etwa acht Minuten, um sich in eine Aufgabe zu vertiefen. Nach zehn Minuten denken Sie meist gar nicht mehr daran, dass Sie eigentlich gar nicht länger arbeiten wollten.
Regenerieren und Bewegen sind wichtig. Was raten Sie Arbeitnehmern?
Mörsch: Gut und leicht zu erlernen sind das Autogene Training und die Progressive Muskelrelaxation. In jedem Fall sinnvoll sind bewusste Entspannungspausen. Selbst eine Pause von zwei Minuten, in der Sie sich nur auf Ihren Atem fokussieren, ist bereits sinnvoll.
Müller: Oder auch einfach nur mal zwischendurch aufstehen und ein Heißgetränk holen oder am Fenster frische Luft schöpfen. Das ist auch im Homeoffice möglich. Ich befinde mich ja bereits seit mehreren Monaten im Homeoffice. Und nichts hilft ehrlicherweise besser, als zwischendurch den Schreibtisch für ein paar Minuten zu verlassen, das Fenster zu öffnen und einfach nur mehrmals Ein- und Auszuatmen.
Apropos Homeoffice. Worauf müssen Arbeitnehmer im Homeoffice besonders achten?
Autorin, Entspannungstrainerin und Referentin
Melanie Müller (41) ist Lehrerin für Informationswirtschaft und Wirtschaft am Mulvany-Berufskolleg. Außerdem ist sie als Autorin, Entspannungstrainerin und Referentin tätig und gibt Workshops und Online-Veranstaltungen. Ihr Abitur machte sie am Pestalozzi-Gymnasium, heute lebt sie mit Mann und Sohn in Herne-Mitte.
Christian Mörsch (49) ist Leiter der Stress-Management-School (Erkrath) und bildet unter anderem Entspannungspädagogen, Achtsamkeitstrainer, Schlaftrainer und Resilienztrainer aus. Außerdem arbeitet er als Konzentrations- und Prüfungsvorbereitungstrainer.
Das Buch „Konzentriert arbeiten für Dummies“ ist im Wiley-VCH Verlag erschienen und kostet 17 Euro.
Mörsch: Achten Sie darauf, dass Sie während der Arbeit im Homeoffice die Tür hinter sich schließen können. Damit signalisieren Sie auf einfache Art und Weise, dass Sie nicht gestört werden möchten. Legen Sie Ihr privates Telefon aus dem Arbeitsraum. Oder schalten Sie es stumm und aktivieren Sie den Anrufbeantworter oder Ihre Mobilbox. Bitten Sie darum, dass Sie nur bei wirklich dringenden Fragen von Ihrem Partner oder Ihren Kindern unterbrochen werden. Die größte Rücksicht ist bei Kundentelefonaten oder bei Online-Teammeetings erforderlich. Hier können Sie durch ein Türschild mit dem Vermerk „Bitte nicht stören“ darauf hinweisen, dass ein Hineinplatzen in den Raum nicht wünschenswert ist.
Müller: Es ist auch wichtig, sich einen Zeitplan zu überlegen, in dem nicht nur Arbeitsphasen, sondern auch Entspannungsphasen enthalten sind, die sich täglich wiederholen. Ich habe mir zu Beginn meines Homeoffice ein E-Piano zugelegt. Bevor ich morgens mit dem Homeoffice beginne, setze ich mich erst einmal für eine halbe Stunde an das Instrument und probiere mich dort aus.
Sie sagen im Buch, man darf sich im Homeoffice in der Regel kleiden, wie man will. Den Schlaf- oder Jogginganzug meinen Sie damit aber nicht, oder?
Mörsch: Genau. Dennoch: Die Konzentration auf die Arbeit fällt in einer selbst gewählten Arbeitskleidung oft leichter als in Freizeitkleidung. Also ist es in der Regel besser, zwischen Arbeits- und Freizeitkleidung zu unterscheiden und den Schlafanzug auch nur zum Schlafen zu tragen. Der Schlafanzug macht sich in einer kurzfristig angesetzten Videokonferenz auch nicht besonders gut – es sei denn Sie wollen Ihren Kollegen unbedingt einmal zeigen, wie attraktiv Sie im Schlafanzug aussehen.
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Auch Kollegen der WAZ sind fast ausschließlich im Homeoffice. Ich beispielsweise habe meinen Schreibtisch mit den Computern neben dem Bett im Schlafzimmer aufgebaut. In Ihrem Buch warnen Sie davor – warum?
Mörsch: Wenn Sie sich dort trotzdem gut konzentrieren können, ist es kein Problem. Für manchen stellt der Blick auf das nahe Bett aber eine zu große Verlockung dar, der man nur zu gerne erliegt. Manchmal gelingt es auch dem Gehirn nicht gut, zwischen Arbeitsbereich und Schlafbereich zu unterscheiden, wenn diese zu nah beieinander liegen, so dass der Schlaf gegebenenfalls gestört wird. Ein guter Schlaf ist aber wiederum Voraussetzung für ein konzentriertes Arbeiten am nächsten Tag.
Beherzigen Sie alle Regeln in Ihrem Buch?
Mörsch: Niemand ist perfekt. Aber ich lebe die Inhalte des Buches, vor allem das Thema Entspannungspausen, das mir als Leiter der Stress-Management-School besonders am Herzen liegt. Das einzige, wo ich persönlich schon mal an meine Grenzen gerate, ist das Thema Organisation. Da gibt es durchaus noch etwas Luft nach oben.
Müller: Alle Tipps, die wir in diesem Buch beschreiben, haben wir, entweder an uns selbst oder in unserem sozialen Umfeld getestet. Das hört sich vielleicht ein wenig seltsam an. Aber wir beide sind der Meinung, dass in unseren Büchern nur Tipps stehen sollten, die auch alltagstauglich und daher leicht umsetzbar sind. Etwa 90 Prozent unserer Tipps befolge ich selber sowohl in meinem beruflichen als auch privaten Alltag. Aber eines mag ich wirklich nicht und das sind Nüsse. Sie sind zwar äußerst konzentrationsfördernd, aber mit Nüssen kann man mich jagen.