Herne. Die Corona-Krise macht viele Menschen zu Stubenhockern. Klaus Schneider ruft dazu auf, raus zu gehen, ab in den Wald. Sein Tipp: „Waldbaden“.
Wegen der Corona-Pandemie hängen viele Menschen nun zu Hause herum. Weil es das Kontaktverbot gibt, sind Treffen ab drei Personen in der Öffentlichkeit untersagt, ausgenommen sind die, die in einem Haushalt leben. „Stay at home“ (Bleib zu Hause) heißt deshalb ein oft zitierter Appell in diesen Wochen.
Das heiße für gesunde Menschen aber nicht, dass sie sich jetzt in der Wohnung einschließen sollen, sagt Klaus Schneider. Der 76-jährige Herner bildet seit vielen Jahren Trainer der Laufakademie NRW aus und hat zahlreiche Lehrmaterialien rund ums Walken und Laufen entwickelt. Er appelliert: Geht raus, gerne alleine, und bewegt euch, am besten im Wald – beim „Waldbaden“. „Waldbaden“, so Schneider, „braucht jeder, gerade in Zeiten von Corona.“
Das Smartphone wird in den Flugmodus geschaltet
„Waldbaden ist nicht das Baden in Waldgewässern, sondern das bewusste Wahrnehmen des Waldes, der Bäume, der Natur“, sagt der Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik. Der Rentner macht’s vor: Fast täglich sei er frühmorgens im Gysenberg unterwegs. Das entspanne, beruhige - und tue gut. „Das Smartphone schalte ich natürlich in den Flugmodus“, erklärt er. Mit einer „kleinen Auszeit“ könne man sein Immunsystem gerade in diesen Zeiten aktivieren. Das sei ein wohltuender Unterschied zu den üblichen Schritten auf Asphalt, umhüllt von den Abgasen der Stadt.
Im Wald könne man bewusst durchatmen – „ohne ein schlechtes Gewissen zu haben“. Er versuche dort, „langsam, ruhig und vielleicht etwas tiefer zu atmen“, erklärt der 76-Jährige. Und wenn er die kleinen Höhen des Gysenbergs „erklommen“ habe, versuche er auch mal, seinen Puls zu ertasten und grob zu messen: „Dies gibt mir wieder etwas mehr Gefühl und Wahrnehmung zu meinem eigenen Körper - zu mir.“ Wie schnell man sich im Wald bewege, liege an jedem einzelnen. Er sagt: „Vielleicht mal ohne den Ehrgeiz zu joggen, einfach mal ,gehen‘ lassen.“ Der kleine Wohlfühlspaziergang solle entspannend und ohne körperliche Belastung sein.
Bäume umarmen ist ausdrücklich erlaubt
Wie eine Art Aromatherapie
1982 regte die staatliche japanische Forstbehörde an, Ausflüge in den Wald als Bestandteil eines guten Lebensstils zu integrieren, heißt es auf der Internetseite www.waldbaden.org. Japanische Wissenschaftler hätten anhand verschiedener Studien entdeckt, dass der Aufenthalt im Wald wie eine Art Aromatherapie wirke, die für die Gesundheit förderlich sei, heißt es dort. Längst sei „Shinrinyoku“ – auf Deutsch „Waldbaden“ – in Japan zu einer anerkannten Stress-Management-Methode avanciert und werde vom japanischen Gesundheitswesen gefördert.
Durch das Einatmen von ätherischen Ölen, die die Bäume in die Luft abgäben, werde das Immunsystem gestärkt. Studien hätten außerdem ergeben, dass sich durch den Aufenthalt im Wald Angstzustände, Depressionen und Wut verringerten, Stresshormone abgebaut würden und die Vitalität steige, heißt es dort weiter.
„Waldbaden“, meint Schneider, tue dem Menschen gut. „Man braucht sich nicht erst auf Studien berufen, dass der Wald gut fürs Immunsystem ist, das spürt man sofort“, meint er. Aber nicht nur der Körper, auch die Psyche profitiere. Sein Rezept: „Ich fokussiere mich einfach auf den Wald und auf mich.“ Vögel seien zu hören, schöne Bäume zu entdecken, auch solche, die sich umarmten, und gerade jetzt im Frühling, wo noch viel Feuchtigkeit in den Waldgebieten sei, könne man den Wald auch riechen.
Das Schöne: „Beim Waldbaden brauch‘ ich nicht Mitglied in einem Verein zu sein“, sagt der Rentner schmunzelnd. Und: „Waldbaden ist kostenlos und wird deshalb nicht von der Krankenkasse unterstützt“. Und einfach sei es auch: „Waldbaden brauchst du nicht erlernen, musse einfach machen“, sagt Schneider im typischen Ruhrpott-Jargon. Bäume zu umarmen, sei beim Waldbaden übrigens ausdrücklich erlaubt.
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