Herne. Der schüchterne Lillebror und der Angeber Karlsson: Was sie gemeinsam erleben, erzählt das Theater Kohlenpott in Herne. Am Samstag war Premiere.
Mit ihren Romanen hat die schwedische Autorin Astrid Lindgren zeitlose Figuren geschaffen, die auch heute noch von Jung und Alt entdeckt werden und einen ganz eigenen Zauber ausüben. Vielleicht auch ein bisschen, um den ganz Kleinen eine Tür zu ihrer einfachen und doch magischen Welt zu eröffnen, inszenierte das Theater Kohlenpott unter Regie von Theater Kohlenpott-Leiter Frank Hörner das Kinderstück Karlsson vom Dach – und scheute dabei auch nicht vor einem interessanten Blickwechsel, der den Klassiker in ein neues Gewand kleidete, ohne den Charme der Vorlage zu verlieren. Am Samstag fand die Premiere statt.
Am Anfang liegt die Malerfolie im Dämmerlicht müder Scheinwerfer, die einen schummrigen Blick auf von ihr eingehüllte Umzugskartons geben, bis dann jemand aus dem Nichts auf die Bühne tritt und erst einmal das Licht einschaltet. In den Kartons, verpackt und abholbereit, sind sie vergraben, die kleinen Erinnerungen aus Kindheitstagen, von denen das alte Freundschaftsbuch den zunächst Unbekannten als zum Mann herangewachsenen Svante Svantesson ausweist, den seit Kindheitstagen alle bloß liebevoll Lillebror rufen.
Herne: Zeitsprung in das damalige Elternhaus
Erzählt wird in den Flottmann-Hallen in der Theaterfassung von Christian Schönfelder die Geschichte des schüchternen Jungen Lillebror (schwedisch für „kleiner Bruder“), dem eines Tages Karlsson zufliegt, mit einem Propeller auf dem Rücken. Anders als Lillebror ist dieser davon überzeugt, der Allerbeste zu sein – in jeglicher Hinsicht.
Von schwärmerischer Erinnerung übermannt, beseelt Alexander Ritter seine Hauptrolle mit lückenloser Glaubwürdigkeit, die auch zwei Umzugshelfer in seine hinter Pappe verborgene Kindheit hineinträumen lässt. Sie bauen das alte Zimmer wie mit Bauklötzen zusammen und arrangieren so einen Zeitsprung in das damalige Elternhaus, wo sie zu Statisten der Kindheitsgeschichte werden. Svea Kirschmeier und Jan-Friedrich Schaper sind mal Vater und Mutter und nach einem simplen Durchstrubbeln der Haare auch mal Schwester und ihr Freund.
Rechthaberischer und verfressener Karlsson sorgt für ein ansehnliches Chaos
Tickets und Termine
Wegen der Corona-Krise gibt es für „Karlsson auf dem Dach“ in den Flottmann-Hallen (Straße des Bohrhammers 5) weniger Karten als üblich. Termine im Dezember: 14., 15., 16. 17. Dezember, 9 und 11 Uhr; 18. Dezember, 10 und 16 Uhr; 20. Dezember, 16 Uhr; 21. Dezember, 9 und 11 Uhr. Karten für 10/6 Euro müssen vorbestellt werden unter Telefon 0162/2869037 oder karten@theaterkohlenpott.de.
Die Aufführungen für Schulklassen finden in Halle IV mit 66 Plätzen statt. Schulen beziehungsweise Schulklassen melden sich bei Interesse an bei carina.langanki@theaterkohlenpott.de.
Sie alle, so die Geschichte, wollen dem kleinen Lillebror nicht das vermeintliche Märchen vom kleinen, dicken Mann Karlsson in den allerbesten Jahren abkaufen, der, von Johanna Wieking mit aufbrausender Energie verkörpert, für ein ansehnliches Chaos sorgt. Rechthaberisch und verfressen ist er – und überhaupt kein guter Umgang für einen Siebenjährigen. In den Dialogen wird aber schnell klar, dass sich hier zwei gefunden haben, die Freundschaft schließen und gemeinsam ihrer Welt entfliehen, in denen sie kein Gehör finden.
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Wie wunderbar Johanna Wieking da als wohl weltkrankester Karlsson leidet und nur von einer ordentlichen Portion Kuckelimuck-Medizin geheilt werden kann, illustriert das beherzte Lachen aus den Zuschauerrängen. Musikalisch angereichert wird das Theaterstück mit Ethiojazz. Sebastian Maier hat sich als musikalischer Leiter dieses Mal fast ausschließlich auf Mulatu Astatke, einen Musiker aus Äthiopien, konzentriert. Immerhin 30 Menschen durften bei Flottmann Platz nehmen. Auffällig: Zur ausverkauften Premiere kamen nur recht wenige Kinder, das fiel auch Mitorganisatorin Gaby Kloke auf.
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