Herne. Am 13. September wird erstmals das Ruhrparlament direkt gewählt. Die Spitzenkandidaten von SPD und CDU kommen beide aus Herne.

Am 13. September haben die Herner gleich mehrfach die Wahl. Sie wählen nicht nur den Oberbürgermeister sowie die Vertreter in Rat und Bezirksvertretungen, erstmals können sie direkt über die Zusammensetzung des Ruhrparlaments abstimmen - die Verbandsversammlung des Regionalverbands Ruhr. Dabei gibt es eine besondere Personalkonstellation. Mit Frank Dudda (SPD) und Hans-Peter Noll (CDU) kommen die Spitzenkandidaten der mutmaßlich stärksten Fraktionen aus Herne.

Für Dudda ist die Kandidatur im Grunde die logische Weiterentwicklung seiner bisherigen Tätigkeit. Der Herner Oberbürgermeister ist bereits Mitglied des Ruhrparlaments - und das als erster stellvertretender Vorsitzender. Nun will er Vorsitzender werden.

Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda möchte den Aufholprozess des Ruhrgebiets auch an der Spitze des Ruhrparlaments begleiten.
Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda möchte den Aufholprozess des Ruhrgebiets auch an der Spitze des Ruhrparlaments begleiten. © FUNKE Foto Services | Archivfoto Sebastian Konopka

Dudda will das Ruhrparlament zu einem Kraftzentrum entwickeln

Sein Ziel als Verbandsvorsitzender werde es sein, das Ruhrparlament zu einem „Kraftzentrum“ zu entwickeln, sagt er im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Auch wenn er keine Wunder erwarte, schiebt er hinterher. Doch ein Kraftzentrum sei dem Ruhrgebiet in der Vergangenheit verloren gegangen. Zu Unrecht nach Duddas Meinung. Mit seinen rund fünf Millionen Einwohnern wäre die Region das sechstgrößte Bundesland, selbst im EU-Maßstab würde ein Land „Ruhrgebiet“ in der vorderen Hälfte auftauchen.

Doch lange habe es kein gesteigertes Interesse an diesem Ballungsraum gegeben. Dudda will dazu beitragen, den „Aufholprozess“ - den er auch für Herne ausgerufen hat - zu organisieren und in die richtigen Bahnen zu lenken. Das Ruhrgebiet benötige dringend eine neue „Geschichte“. Für Dudda ist es die der „grünsten Industrieregion“. Das Leitmotiv ist für ihn die Internationale Gartenausstellung im Jahr 2027, bei der alle dazugehörigen Kriterien gezeigt würden. Was ihm wichtig ist: Bei der Vorbereitung der IGA gebe es kein Kirchturmdenken, alle Städte würden zusammenarbeiten.

Dudda und Noll schätzen sich gegenseitig

Seine Funktion als Verbandsvorsitzender sieht Dudda als Knotenpunkt im Netzwerk, das seine Interessen gegenüber dem Land und dem Bund vertritt. Er selbst habe dafür die erforderliche Verdrahtung, die nicht nur nach Düsseldorf und Berlin reiche, sondern auch bis nach Brüssel. Dudda verweist auf eine jahrelange politische Erfahrung. Dies würde ihn von Hans-Peter Noll unterscheiden, den er jedoch als Fachmann sehr schätze.

Diese Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit. Auch Hans-Peter Noll sagt nur Gutes über seinen politischen Mitbewerber. Doch selbstverständlich reklamiert er auch für sich, der geeignete Mann an der Spitze des Ruhrparlaments zu sein.

Hans-Peter Noll möchte nicht mehr nur von der Seitenlinie Politik „anfeuern“, sondern sich einmischen - am besten an der Spitze des Ruhrparlaments.
Hans-Peter Noll möchte nicht mehr nur von der Seitenlinie Politik „anfeuern“, sondern sich einmischen - am besten an der Spitze des Ruhrparlaments. © FUNKE Foto Services | Archivfoto André Hirtz

Für Noll ist es im Alter von 61 Jahren quasi der Einstieg in die Politik. Sein berufliches Leben war und ist sehr stark mit dem Bergbau verbunden. Sein Vater war auf Mont-Cenis, er selbst kennt noch General Blumenthal, als die Zeche in Wanne-Süd in Betrieb war. Noll war Geschäftsführer der RAG Montan-Immobilien und ist nun Chef der Stiftung Zollverein.

Noll: Im Wettkampf der Region muss das Ruhrgebiet mit einer Stimme sprechen

Bisher habe er immer an der Seitenlinie gestanden und angefeuert, so Noll im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Lediglich als sachkundiger Bürger in einem Ausschuss habe er mal eine Funktion innegehabt. Aber es genüge nicht, über die Politik zu schimpfen, man müsse in einer Demokratie aktiv sein und sich einbringen.

Spricht Noll über das Ruhrgebiet, dann scheint er gar nicht weit von der Position Duddas entfernt. So betont Noll, dass die Region ein „unglaubliches Potenzial“ habe und dass sie mit einer Stimme sprechen müsse. Die müsse aus dem Ruhrparlament kommen. Wenn diese Region bei wichtigen Themen wie Klimaschutz, Digitalisierung oder Mobilität weiterkommen wolle, dürfe sie nicht Kleinstaaterei verfallen. Das Ruhrgebiet müsse sehr selbstbewusst seine Stimme erheben, denn im Wettkampf der Regionen bekomme sie kein Mitleid. Man müsse Koalitionen schließen, sonst werde man nicht gehört.

So wird gewählt

Bislang bestimmten die jeweiligen Stadträte und Kreistage der Metropole Ruhr die Mitglieder des Ruhrparlaments und entsandten Vertreter dorthin. Nun werden die 91 Mitglieder von den Bürgern direkt gewählt.

Der Anteil der Stimmen, die eine Partei bekommt, ist genauso hoch wie der Anteil der Sitze, die diese Partei im Parlament bekommt. Für alle Parteien gilt eine 2,5-Prozent-Hürde.

Abstimmen können über vier Millionen Menschen ab 16 Jahren. Weitere Informationen unter www.ruhrwahl.de

Dass er nicht über die politische Vita wie Dudda verfügt, sieht Noll nicht als Nachteil für seine Kandidatur. Er wirke seit mehr als 30 Jahren in der Region, kenne das Ruhrgebiet in- und auswendig und habe in seinen Funktionen den Strukturwandel hautnah begleitet. Bei einem früheren Interview mit der WAZ Herne hatte er gesagt, dass Strukturwandel im Kopf beginne. Er sei durch viele Funktionen - zum Beispiel bei der Business Metropole Ruhr oder als einer der Moderatoren der Ruhrkonferenz - bestens vernetzt. „Ich kenne jeden Oberbürgermeister und Baudezernenten im Ruhrgebiet“, so Noll. Und bei der Entwicklung von ehemaligen Bergbaustandorten habe er Kontakte zum Land, Bund und zur EU geknüpft. Als stellvertretender Vorsitzender des Kinderschutzbundes Essen wisse er aber auch um die sozialen Herausforderungen des Ruhrgebiets.

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Er ist sich bewusst, dass es bei vielen Themen im Ruhrparlament Debatten geben werde, aber am Ende müsse man gemeinsam die Dinge angehen und mit einer Stimme sprechen.