Herne. Kornelia Matzat-Filler, Vorsitzende des Stadtverbands der Gartenfreunde, spricht über den Wandel in den Vereinen und die Nachfrage nach Gärten.
Der Generationengarten des Stadtverbands der Gartenfreunde Herne-Wanne ist in dieser Woche im Rahmen der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet worden. Kornelia Matzat-Filler, Verbandsvorsitzende, sprach mit der WAZ über das Projekt und über den typischen oder eben untypischen Kleingärtner.
Was ist das Besondere am Generationengarten?
Das Besondere ist die Mehrgenerationenidee, die da hinter steht. Das eben nicht nur eine Schulklasse alleine dort gärtnert oder die Senioren betreutes gärtnern haben, sondern dass sie gemeinsam da sind.
Wie ist es dazu gekommen?
Das Gelände gehört seit 25 Jahren zum Stadtverband und ist lange als Schulungszentrum unserer Fachberatung genutzt worden. Es wurde aber immer schwieriger, Leute zu finden, die das Grundstück pflegen. Als ich 2017 Vorsitzende wurde, habe ich zuerst gesagt, wir warten mal ein Jahr ab, was wir damit machen. Ein afrikanischer Kulturverein hatte Interesse. Das hat aber leider nicht geklappt. 2018 kam Roberto Gentilini mit seiner Idee.
Wie klappt das gemeinsame Gärtnern?
Jede Gruppe betreut ihre eigenen Beete. Wir haben schnell festgestellt, die Gruppen alleine gärtnern zu lassen, führt nicht zum Erfolg. Das haben auch die Lehrerinnen signalisiert, dass sie da Hilfe brauchen.
Warum?
Wenn man noch nie einen Garten hatte, weiß man nicht, wie man es angeht. Deshalb steht Fachberater Uli Gartmann den Gruppen zur Seite. Der Vorteil ist, dass er selber Lehrer war und sein pädagogisches Wissen nützlich ist. So erklärt er mit der Figur ,Erwin, der Regenwurm‘ wie man ökologisch gärtnert.
Vor einigen Jahren gab es viel Unruhe unter den Kleingärtnern. Hat sich das inzwischen beruhigt?
Drei Jahre sind jetzt vorbei, seit ich Vorsitzende wurde. Mein Vorgänger, Dieter Claar, war schon 80, als er das Amt verloren hat. Ich bin mit dem alten Vorstand neu gestartet, das klappt sehr gut. Wir haben einen Generalpachtvertrag mit der Stadt Herne, eine Gartenordnung, die Vereine haben Satzungen und dazwischen sind die Menschen. Klar, dass sich nicht jeder an die Ordnung hält. Das ist normal und in jedem Lebensbereich so. Das zu regeln, ist Aufgabe der Vereine.
Was ist Aufgabe des Stadtverbands?
Ich sehe die Aufgabe hauptsächlich darin, die Interessen der Gärtner unserer 40 Vereine gegenüber anderen Parteien wie der Stadt Herne, privaten Nachbarn, der Bahn oder der Emschergenossenschaft zu vertreten. Die wichtigste Aufgabe liegt in der Verwaltung der Mitglieder, die wir als Generalpächter gegenüber der Stadt Herne übernommen haben. Darüber hinaus sind die Gärtner über uns versichert. Ganz wichtig ist uns auch die Stärkung der Vorstände durch Workshops sowie eine qualifizierte Fachberatung.
Wie ist es um die Gärten bestellt?
Ich kann immer wieder nur staunen, wie gut die Vereine geführt werden, auch jetzt in der Coronazeit. Das war eine Herausforderung, den öffentlichen Teil der Anlagen zu pflegen. Über Monate durften keine Gemeinschaftsarbeiten geleistet werden, wegen der Personenanzahl. Trotzdem sind die öffentlichen Anlagen mehr oder weniger gut gepflegt, aber immerhin...
Durch Corona gab es einen regelrechten Run auf Kleingärten. Auch in Herne?
Wir haben tatsächlich eine große Nachfrage. Wir hatten immer ein ausgewogenes Verhältnis, keinen großen Leerstand, keine Wartelisten. Das hat sich in Richtung Wartelisten geändert. Es ist alles belegt.
Gibt es eigentlich noch den typisch deutschen Kleingärtner oder sind die Vereine multikulturell?
Die Kleingärten sind ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Wir machen keinen Unterschied, weder Religion noch Staatsangehörigkeit noch Parteizugehörigkeit spielen eine Rolle. Jeder kann sich bewerben. Allerdings liegt die Autonomie bei den Vereinsvorständen, die beschließen, wen sie aufnehmen. Was ich sagen kann, ist, dass die Nachfrage von jungen Familien deutlich zunimmt.
Kleingarten galt lange als spießig. Wie wird er heute gelebt?
Die Spanne ist groß. Vom englischen Garten bis zum verwilderten Naturgarten. Ich habe mich nie spießig gefühlt. Ich empfinde es als Freiheit, dort einen großen Gestaltungsraum zu haben. Innerhalb der Gartenordnung. Aber die ist ein dünnes DIN-A6-Heft.
Also ist es lockerer geworden?
Die Zeit wandelt sich. Die Menschen auch. Wir können nicht die gleichen Anforderungen stellen wie vor 50 Jahren. Der Fokus hat sich zum naturnahen Gärtnern geändert. Wer nicht die Zeit hat, ein ganzes Feld zu beackern, dem rate ich immer, wenigstens bienenfreundliche Stauden oder Kräuter zu setzen. So hat man was Frisches für die Küche. Ich bin ein Kräuterfan.
Was wünschen Sie sich?
Eine finanzielle Unterstützung zur Erhaltung unserer Anlagen wäre wirklich wichtig, schließlich haben wir mittlerweile schon zwei Vereine, die ihr 100-jähriges Bestehen feiern konnten. Es wäre gut, wenn die zu zahlende Pacht an uns zurückgehen würde, wie zum Beispiel in den Nachbarstädten Bochum und Dortmund. Damit könnten wir Infrastrukturmaßnahmen im öffentlichen Grün, etwa eine Wegesanierung, durchführen.