Herne. Die Coronakrise hat offenbar noch wenig Probleme auf dem Herner Wohnungsmarkt verursacht. Bislang gibt es kaum Nachfragen wegen Mietstundung.
Die Corona-Pandemie hat zahlreiche Auswirkungen: Bei vielen vor allem finanzielle: Aufträge fallen weg, das Kurzarbeitergeld reicht mehr schlecht als recht - und im schlimmsten Fall verliert man die Arbeit, weil der Betrieb sparen muss oder pleite ist. Das hat natürlich Auswirkungen auf laufende Kosten wie die Miete. Die WAZ hat mit dem Mieterverein, Wohnungsgesellschaften und der Stadt über die Lage gesprochen.
Mieterverein hat mit mehr Nachfragen gerechnet
„Wir haben aktuell überhaupt keine Nachfrage“, sagt Tanja Falke, Rechtsberaterin beim Mieterverein Herne 2, überrascht. „Wir dachten eigentlich, dass das Thema stärker in der Vordergrund treten würde.“ Die einzige Anfrage bislang sei von einem Selbstständigen gekommen, der sich lediglich erkundigen wollte.
Die rechtliche Lage sei aktuell so, dass eine Stundungsregel für April, Mai und Juni gilt, wenn Mieter sich darauf berufen, aufgrund von Corona in Zahlungsnot geraten zu sein. „Man muss natürlich den Vermieter rechtzeitig informieren und es entsprechend nachweisen.“ Dann sei man vorübergehend geschützt vor einer Kündigung wegen Zahlungsverzug. „Mieter haben zwei Jahre Zeit, ihre Mietschulden zu begleichen.“ Ähnliche Regelungen gebe es mit den Energielieferanten. „Wir fanden es schon sehr verwunderlich, dass nicht mehr Menschen auf uns zu kamen“, sagt Tanja Falke. Fraglich sei aber, ob sich dies nicht in den nächsten Monaten ändert, weil zum Beispiel die Kurzarbeit noch weiter läuft.
Bei Vonovia gab es auch vor Coronaschon eine Härtefallregelung
„Wir haben bereits Mitte März alle Mieter angeschrieben und gefragt, ob sie wegen Corona in Zahlungsschwierigkeiten geraten könnten“, erklärt Nina Henckel, Sprecherin von Vonovia. Etwa ein Prozent der Vonovia-Mieter hätten sich gemeldet, um eine Vereinbarung zur Stundung oder anteiligen Mietzahlung zu vereinbaren. „Uns war wichtig, dass sich die Menschen in dieser unsicheren Situation nicht auch noch sorgen müssen, ob sie in ihrer Wohnung bleiben können oder nicht.“ Insgesamt seien es erfreulicherweise wenig Mieter, die Probleme haben. Das zeige auch, dass die sozialen Systeme gut funktionieren und die Gesellschaft stabil ist.
Der gesetzliche Rahmen sehe vor, dass Mieter ihre Schulden bis 2022 begleichen. „Wir sind aber auch weiterhin gesprächsbereit und finden individuelle Lösungen.“ Bereits vor Corona habe es bei Vonovia Härtefallregelungen gegeben, damit Mieter nicht direkt ausziehen müssen, wenn sie in finanzielle Not geraten. Zusätzlich fallen bis September Mieterhöhungen nach dem Mietspiegel oder aufgrund energetischer Sanierungen weg. Auch Kündigungen seien ausgesetzt worden.
Die HGW kommuniziert über ihre Internetseite, dass sie Mietern bei Einkommensbußen in Folge von Corona helfen. „Wir haben 3000 Mietverhältnisse, davon haben sich keine zehn gemeldet“, sagt Thomas Bruns, Geschäftsführer der HGW. Die Betroffenen stammten aus dem Bereich Gastro oder Hotellerie und sind selbstständig. Die HGW halte sich dabei an die Gesetze: „Der Mieter muss seine Einkommensschwierigkeiten belegen durch einen Bescheid des Arbeitgebers oder durch einen Hinweis auf das Gewerbe. Dann treffen wir Vereinbarungen zur Stundung oder Teilzahlung der Miete.“ Sechs Parteien hätten dies bislang in Anspruch genommen. Der Anteil der Mieter, die in eine solche Situation geraten können, sei bei der HGW allerdings gering, da 30 bis 40 Prozent Rentner sind und 15 bis 20 Prozent Arbeitslosengeld beziehen. Beide Arten des Einkommens seien nicht durch Corona betroffen.
„Wenn jemand seine Miete nicht zahlen kann, kann er immer mit uns reden. Das gilt nicht nur für uns, sondern für alle Mieter in organisierten Wohnungsunternehmen“, betont Thomas Henseler, in seiner Eigenschaft als Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Herner Wohnungsunternehmen.
Mieterbund: Zahl derer, die nicht zahlen können, steigt
Wer in Zahlungsnot bei der Miete gerät, kann sich auf verschiedene Weise Hilfe holen. Eine davon ist das Wohngeld. Die Stadt bestätigt, dass aktuell tatsächlich mehr Anträge auf Wohngeld eingehen. Nach aktueller Schätzung, da vieles noch in der Bearbeitung liege, seien es ein Drittel mehr als üblich.
Laut einer Umfrage des Deutschen Mieterbunds konnten viele Menschen ihre Miete im April noch zahlen, doch inzwischen steige die Zahl derer, die die Miete nicht mehr oder nur noch zum Teil zahlen können. Mittlerweile würden sich etwa zehn Prozent der bundesweiten Beratungen auf Fragen zu Zahlungsproblemen wegen Corona beziehen.
Auch bei der WHS gab es bislang offenbar keine großen Probleme mit säumigen Mieten: „Wir hatten drei Fälle, in denen sich Mieter gemeldet haben“, sagt Jesper Dahl-Jörgensen, Sprecher der WHS. Bei knapp 1850 Wohnungen sei das nicht der Rede wert. Als Genossenschaft sei die WHS ohnehin etwas anders aufgestellt, da es eine Mitarbeiterin für soziale Belange gibt. „Dies ist aber eine Momentaufnahme. Wie es weiter geht, oder ob wir noch eine zweite Welle bekommen, wissen wir nicht.“