Herne. Dem Herner Haushalt droht auf Grund der Coronakrise ein riesiges Loch. Die Auswirkungen treffen den Etat an unterschiedlichen Stellen.

Die riesige Zahl an Unternehmen, die Staatshilfe zum Überleben in Anspruch nehmen und die Kurzarbeit angemeldet haben, haben gezeigt, welche dramatischen Auswirkungen die Coronakrise für die Wirtschaft hat. Doch nicht minder dramatisch könnten die Erschütterungen für den Haushalt der Stadt Herne werden.

Die Stadtverwaltung und die städtischen Unternehmen haben sich in den vergangenen Tagen kurzfristig mit möglichen finanziellen Folgen für das laufende Jahr beschäftigt. Das Ergebnis ist erschreckend: „Im mittleren bis ungünstigsten Szenario wären Ergebnisverschlechterungen von 50 bis 80 Millionen Euro und zusätzliche Liquiditätseffekte für das Haushaltsjahr 2020 denkbar“, fasst Kämmerer Hans Werner Klee das Ergebnis der Berechnungen zusammen. Betrachtet man die Details, offenbart sich auch für den städtischen Etat ein Dominoeffekt.

Weniger Gewerbesteuer, Verluste bei Stadttöchtern

Ein hohes Risiko auf der Einnahmenseite stellt die Gewerbesteuer dar. Die Stadt hatte für das laufenden Jahr mit rund 50 Millionen Euro kalkuliert. Doch Unternehmen sind komplett geschlossen oder haben Kurzarbeit angemeldet, also haben sie deutlich weniger Umsatz und Gewinn - oder rutschen tief in die roten Zahlen. Klee: „Wir haben schon Anträge auf Steuerstundung vorliegen.“ Dazu könnten Ausfälle beim Anteil kommen, den die Gemeinden von der Einkommens- und Umsatzsteuer erhalten. Bricht der Konsum ein, bricht der Umsatz ein. Und wer in Kurzarbeit ist oder gar arbeitslos wird, zahlt weniger bis keine Einkommenssteuer.

Kämmerer Hans-Werner Klee fordert vom Land einen Rettungsschirm für die Städte.
Kämmerer Hans-Werner Klee fordert vom Land einen Rettungsschirm für die Städte. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Da auch städtische Tochterunternehmen wie zum Beispiel die Tagungsstätten- und Gastronomiegesellschaft Umsatzausfälle haben, muss die Stadt einspringen. Hinzu kommt, dass die Verluste von HCR und Bäder noch größer werden dürften. Die Frage sei, inwieweit dies - wie in der Vergangenheit - vom Ergebnis der Stadtwerke ausgeglichen werden kann. Was die Coronakrise für die Sparkasse bedeutet, ist nach den Worten von Klee noch völlig unklar, weil die Bankenwelt international so stark verflochten sei.

Klee: Fragen der Altschulden und der Kostenübernahme für Flüchtlinge müssen angepackt werden

Was Klee für bedrohlich hält: Der städtische Haushalt ist derzeit mit rund 200 Millionen Euro - das entspricht in etwa einem Drittel - durch Schlüsselzuweisungen des Landes NRW finanziert. Doch dieser Topf könne angesichts der Bundes- und Landeshilfen, die für Unternehmen aufgelegt worden sind, schrumpfen. Deshalb sei es eine klare Forderung an das Land, den Topf mit Schlüsselzuweisungen stabil zu halten.

Stadt sieht keinen eigenen Spielraum

Die Stadt sieht in dieser Situation keinen eigenen Handlungsspielraum, um die drohende Lücke im Etat auch nur annähernd zu verkleinern.

Eine Erhöhung von Steuern sei unmöglich, so Klee, die sogenannten freiwilligen Leistungen (zum Beispiel Museen oder Jugendeinrichtungen) seien schon auf ein Minimum heruntergefahren.

Klee will auf der anderen Seite konsequent an den geplanten Investitionen festhalten, weil sie dringend notwendig seien, um die Stadt zukunftsfähig zu machen.

Doch dies könne nicht alles sein, was das Land für die Städte tut. Klee fordert einen kommunalen Rettungsschirm. „Sonst wird das, was wir in den vergangenen zehn Jahren erarbeitet haben, komplett über den Haufen geworfen“, so Klee im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Was ihm wichtig ist: Gerade jetzt müsse das Thema der Altschulden der Städte und die Frage der Kostenübernahme für Flüchtlinge forciert angepackt werden, sie dürften in der jetzigen Diskussion nicht hinten rüber fallen.

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Und: Es müsse alles getan werden, damit die Stadt handlungsfähig bleibe, sprich: Geld in der Kasse habe. Herne habe sich bereits am Kapitalmarkt mit flüssigen Mitteln für die nächsten drei Monate eingedeckt, auch vom Land kämen Signale, dass die Haushaltsregeln so angepasst werden, dass zum Beispiel eine Haushaltssperre vermieden wird.