Herne. Herne hatte mit seiner Entwicklung eigentlich einen ganz guten Lauf. Doch den hat die Coronakrise erstmal jäh gestoppt. Was das bedeutet.

Es mag unterschiedliche Ansichten darüber geben, ob es ein Sprint war oder eher ein Dauerlauf, doch bei vielen Menschen gibt es eine gewisse Übereinstimmung, dass die Stadt seit einiger Zeit einen ganz guten Lauf hat. Es gibt Unternehmensansiedlungen, die Zahl der Arbeitslosen ist unter die Zehn-Prozent-Marke gesunken, an vielen anderen Stellen ist Bewegung. Doch der Virus hat diesen Lauf jäh gestoppt.

Um einzuordnen, wie schnell und dramatisch sich die Lage verändert hat, hilft es, einen Blick auf einige Termine zu werfen. In der kommenden Woche wollte Mosolf den ersten elektrisch betriebenen Kleinlaster, der in Wanne produziert worden ist, übergeben und den Standort offiziell einweihen. In einem ersten Schritt sollte die Zeremonie eine Nummer kleiner ausfallen, dann wurde sie bis auf weiteres verschoben.

Oberbürgermeister Frank Dudda war noch am 10. März in Berlin, um dort unter anderem mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier über Wege zu gleichwertigen Lebensverhältnissen und den Aufholprozess Ruhr zu diskutieren. Dabei habe es ermutigende Signale für die Vision der Internationalen Technologiewelt Herne auf Blumenthal gegeben.

Frage der Altschulden rückt völlig in den Hintergrund

Auch bei einem anderen Thema schien es bis vor wenigen Wochen Hoffnung zu geben: dass Städte wie Herne Hilfe beim Abtragen der immensen Altschulden erhalten. „Beim Thema Altschulden sehe ich schwarz, dass das noch eine Rolle spielen wird“, sagt der OB im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Alle verfügbaren Mittel würden jetzt dafür verwendet, um einen Zusammenbruch der Wirtschaft zu verhindern.

WFG hat Hotline für Firmen geschaltet

Auch die Herner Wirtschaftsförderungsgesellschaft arbeitet zurzeit im Krisenmodus. Sie hat eine Hotline für Unternehmen geschaltet.

Dabei liegt der Fokus auf Fragen und Problemen, die Selbstständige und Unternehmen in Zusammenhang mit der Corona-Krise haben. Ob Liquiditätssicherung, Kurzarbeitergeld, steuerliche Hilfen, Arbeitsrecht, Unterstützung für von Quarantäne betroffene Betriebe, Auslandsreisen, Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz: Auf der Website www.wfg-herne.de hält die WFG Unternehmen regelmäßig über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden und bietet einen Überblick zu Anlaufstellen und Hotlines.

Die Hotline ist montags bis donnerstags zwischen 8 und 16 Uhr sowie freitags bis 13 Uhr geschaltet unter 02323-925 113. Für Unternehmen, die lieber per E-Mail Kontakt aufnehmen, gibt es eine spezielle E-Mail-Adresse: u-service@wfg-herne.de. Die Ratsuchenden werden gebeten, sich mit kurzer Benennung des Problems zu melden

Das ist auch Duddas erstes Ziel: Er habe in den vergangenen Tagen insbesondere dafür gekämpft, dass kleine Unternehmen und Mittelständler Soforthilfen bekommen, damit sie nicht untergehen. Dies habe er auch über Michelle Müntefering, die als Staatsministerin am Kabinettstisch sitzt, nach Berlin transportiert. In den nächsten Tagen werde die Stadt gemeinsam mit der Sparkasse die Frage der Kredite erörtern und die Programme der KfW auf den Weg bringen.

Je länger die Krise dauert, desto weniger Fördermittel bleiben übrig

Frank Neukirchen-Füsers hofft, dass möglichst viele Betriebe auf das Kurzarbeitergeld zurückgreifen.
Frank Neukirchen-Füsers hofft, dass möglichst viele Betriebe auf das Kurzarbeitergeld zurückgreifen. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Und ein Projekt wie die Internationale Technologiewelt, das nur mit Fördermitteln realisiert werden kann? Da gibt sich Dudda zurückhaltend. Man müsse abwarten, wie viele Mittel durch die Krisenbewältigung verbraucht werden. Je länger die Krise dauere, desto weniger Fördermittel stünden für die Zukunft zur Verfügung, glaubt Dudda.

Er rechnet mit einer stark steigenden Arbeitslosigkeit. Bis zum vergangenen Montag verzeichnete die Agentur allerdings noch keine erhöhten Zugänge in der Arbeitslosigkeit, wie Geschäftsführer Frank Neukirchen-Füsers auf WAZ-Anfrage mitteilte - doch die Dinge entwickeln sich extrem schnell in diesen Tagen. „Es wäre zu wünschen, dass diese auch nicht ansteigen, sondern die Betriebe auf das Kurzarbeitergeld zurückgreifen. So können wir möglichst viele Mitarbeiter über die Krise hinweg in Beschäftigung zu halten“, sagt er. Die Frage nach Kurzarbeitergeld sei in den vergangenen Tagen jedenfalls deutlich gestiegen.

Strukturen mit internationaler Produktion und Logistik machen Hoffnung

Frank Dudda sieht in der Krise einen großen Rückschlag für die Entwicklung in Herne. Im Moment gehe es aber um Krisenbewältigung, er habe große Sorge um Bestandsunternehmen. Bereits vor einigen Tagen hatte Grafs Reisen gegenüber der WAZ geschildert, wie dramatisch die Lage ist.

Allerdings sieht Dudda einen minimalen Hoffnungsschimmer: Die Strukturen mit internationaler Produktion und Logistik, die sich Herne erarbeitet habe, träfen nach wie vor auf Interesse. Wer weiß: Vielleicht kann Herne inmitten der Krise womöglich ein neues Unternehmen begrüßen.