Herne. Der Ausbau der A43 wird sich um Jahre verzögern. Die Arbeiten könnten sich bis ins Jahr 2030 erstrecken. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Autofahrer im Ruhrgebiet müssen auch in den kommenden Jahren viel Geduld haben. Der Grund: Das marode Fernstraßennetz muss dringend saniert werden. „Am Bau führt kein Weg vorbei“, sagte die Chefin des Landesbetriebs Straßen.NRW, Elfriede Sauerwein-Braksiek, vor wenigen Tagen in der WAZ. Das gilt in besonderem Maße für den Ausbau der A43 auf Herner Gebiet. Der ursprüngliche Zeitplan ist längst durcheinander gewirbelt.

Wie sehr der Ausbau hinter der Planung hinterher hinkt, offenbart ein Blick zurück ins Jahr 2017. Damals im Mai hieß es unter anderem: Die A 43-Brücke Cranger Straße muss ab Mitte 2018 für circa zwei Jahre gesperrt werden. Die Bauarbeiten an der Autobahn-Brücke Holsterhauser Straße sollen ebenfalls Mitte 2018 starten. Nun hat das Jahr 2020 angefangen - und von beiden Maßnahmen ist wenig bis nichts zu sehen. Wann die Überquerung an der Rottbruchstraße in Angriffe genommen wird, ist nicht abzusehen.

Hauptursache für Verzögerungen: die Brücken der Deutschen Bahn

Der Grund für die Verzögerung ist sehr einfach: Es ist sehr kompliziert. Schon 2012 hatte Sauerwein-Braksiek angekündigt, dass gerade der Herner Abschnitt „eine Operation am offenen Herzen“ werde. Im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion erläutert Carola Ziebs, Projektgruppenleiterin bei Straßen-NRW, die diversen Komplikationen. Sie sagt: „Der Teufel steckt im Detail.“

So soll die „Galeriebrücke“ der Bahn über die A43 im Bereich der Rottbruchstraße aussehen. Doch die technische Umsetzung erweist sich als sehr schwierig.
So soll die „Galeriebrücke“ der Bahn über die A43 im Bereich der Rottbruchstraße aussehen. Doch die technische Umsetzung erweist sich als sehr schwierig. © Straßen.NRW

Eine der Hauptursachen sind die zahlreichen Brückenbauwerke der Deutschen Bahn, Beispiel Rottbruchstraße. Dort - und an anderen Stellen - muss die Bahn eine neue Brücke über die neue Trasse der A43 bauen. Geplant ist eine sogenannte Galerie. Heißt: Über die A43 werden Querstreben gelegt, auf denen die Brücke ruhen soll. Doch die Bahn habe Probleme, die Konstruktion umzusetzen, so Ziebs. Ursprünglich sei das Jahr 2022 für einen Baubeginn dort ins Auge gefasst worden, Ziebs geht davon aus, dass sich vor 2024 nichts tun wird.

Cranger Straße wird 2023 bis 2024 voll gesperrt

Generell erhöht das System Bahn den Schwierigkeitsgrad. Grob skizziert: Wird eine Brücke gesperrt, müssen andere Trassen als Umleitungsstrecken frei bleiben. Will Straßen.NRW Bahnbrücken wegen der Bauarbeiten komplett sperren, muss dies drei Jahre im Voraus bei der Bahn angemeldet werden, damit die Fahrpläne entsprechend geplant werden können. Hinzu komme, so Ziebs: Die Bahn baut ihre Brücken selbst. Nun hat sie einige Vorhaben - auch auf der A43 - verschoben. Also muss auch Straßen.NRW schieben, denn die Arbeiten müssen zeitgleich erfolgen.

Zurück zur Cranger Straße: Sie soll 2023 und 2024 für ein Jahr für den Neubau gesperrt werden. Direkt nach der Cranger Kirmes 2023 bis zur Kirmes 2024. Auch solche Faktoren spielen eine Rolle. Anfang 2023 werde der Bau einer Behelfsbrücke beginnen - für Leitungen, Fußgänger und Radfahrer. Anfang 2019 war Ziebs im Herner Planungsausschuss noch davon ausgegangen, dass die Sperrung von August 2020 bis Juli 2021 erfolgen wird.

Tunnelbau unter dem Herner Kreuz wird eine zusätzliche Herausforderung

Im Kreuz Herne laufen die Vorarbeiten für den Tunnelbau.
Im Kreuz Herne laufen die Vorarbeiten für den Tunnelbau. © Bolsmann

Wie die verschiedenen Faktoren zusammenhängen, offenbart ein anderer Umstand: Es gibt vier Unter- oder Überquerungen der A43: Forellstraße (die neue Brücke soll im September fertiggestellt sein), Cranger Straße, Rottbruchstraße, Holsterhauser Straße. Straßen.NRW darf immer nur eine Querung neu bauen - und sperren. Einer der Gründe: Es müssen immer genug Wege für Rettungskräfte verfügbar sein. Umwege im Unglücksfall sind unbedingt zu vermeiden. Außerdem können nicht einfach Leitungen - und es gibt viele - gekappt werden. Fernwärme kann nur im Sommer abgeknipst werden. So kommt ein Detail zum anderen, und eine Verzögerung an einer Stelle kann weitere an anderen Stellen auslösen.

Baubeginn für Emschertalbrücke verschoben

Auch der Baubeginn für die neue A43-Emschertalbrücke an der Stadtgrenze zu Recklinghausen ist verschoben worden. Der Grund: Die Deutsche Bahn hat die im Vorfeld vereinbarten Pausen im Bahnbetrieb kurzfristig abgesagt.

Straßen-NRW habe die Pausen drei Jahre im Voraus angemeldet und diese auch genehmigt bekommen. Die Bahn braucht die Strecke aber nun als Umleitung, weil an anderen Stellen gebaut wird. Die Brückenbauarbeiten sollen nun 2024 beginnen.

Und eine spannende Herausforderung wartet noch auf Ziebs: der Tunnel, der später Autofahrer, die aus Richtung Bochum Richtung Duisburg wollen, unter dem Herner Kreuz auf die A42 führen soll. Beim Bau kommt es auf Millimeter an. Der Tunnel unterquert eine weitere Bahntrasse. Und die darf sich nicht mehr als einen Millimeter senken oder heben. Ungewiss ist auch, auf was die Arbeiter beim Tunnelvortrieb stoßen werden. Das Kreuz sei beim Bau aufgeschüttet worden, so Ziebs, sie sei gespannt, was sich alles darunter verbirgt. Womöglich noch eine Verzögerung.

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Schon jetzt bezeichnet Carola Ziebs den A43-Ausbau auf Herner Gebiet als Dekadenprojekt. Er werde mindestens bis 2028 dauern, womöglich bis 2030.