Herne. Eine Kiosk-Besitzerin und ihre Tochter sind bei der Eskalation der Kurden-Demo in Herne in die Enge geraten. Eine Kundin zerrte sie ins Gebäude.

Die kleine Ece (2) turnt mit einem Lolli im Mund durch den Kiosk ihrer Mutter an der Mont-Cenis-Straße in Herne-Mitte. Der Rest eines zersprungenen Fensters erinnert an den Montagabend. Da stand das Kleinkind mit seiner Mutter, der Kioskinhaberin, während einer eskalierenden Kurden-Demo in der Innenstadt plötzlich inmitten einer brutalen Prügelei. Im Gerangel zerrt eine Kundin Mutter Yasemin Cakaloglu und ihre Tochter in den Kiosk. Dann zerbricht die Scheibe.

Dabei sei es bis dahin ein ganz normaler Montagabend zwischen Zigarren, Kaugummi und kühler Cola gewesen, sagt die Inhaberin im Gespräch mit der WAZ. „Wir standen vor der Tür und haben auf einmal die Schreie der Demonstranten gehört. Dann ging alles ganz schnell. An der Straßenecke hat ein Mann die Menge dann provoziert“, erzählt die 40-Jährige. „Zwei, drei Demonstranten sind sofort aus der Gruppe raus und haben zugeschlagen. Das ging so rasant, ich wusste gar nicht, was passiert.“

Kiosk-Besitzerin „möchte nur in Frieden leben“

Die Menge habe den Schaulustigen bis zum Kiosk geprügelt. „Ich habe meine Tochter auf den Arm genommen und fest an mich gedrückt. Eine Kundin zerrte mich dann in den Laden und hielt die Tür zu. Ich hatte einfach nur höllische Angst“, sagt die vierfache Mutter, die den Kiosk seit ihrem 18. Lebensjahr führt.

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Die Polizei schilderte den Vorfall in einer ersten Mitteilung anders. Dort heißt es, dass ein Mann aus dem Kiosk die kurdischen Demonstranten mit dem Handzeichen für die „Grauen Wölfe“ - einer rechtsextremen türkischen Organisation - provoziert habe. Auf Nachfrage heißt es nun von der Polizei, dass es auch durchaus sein könne, dass die Provokation außerhalb des Kioskes passiert sei. „Die Ermittlungen laufen noch.“

Ein Glaser repariert am Dienstagmittag die zerbrochene Kiosk-Scheibe. „Das Leben geht weiter“, sagt Yasemin Cakaloglu schulterzuckend und appelliert: „Warum können wir nicht einfach in Frieden miteinander leben?“

Weitere Eskalation an Ladenlokal von türkischem Kulturverein

Zurück zum Montagabend: Kurz nach der brutalen Attacke am Kiosk eskalierte die Demonstration der Kurden an einem Ladenlokal des türkischen Kultur-Vereins an der Ecke Viktor-Reuter-Straße erneut. Demonstranten werfen Steine ins Erdgeschoss, zerstören Fenster und Türen und versuchen in den Laden zu gelangen. Auch hier heißt es von der Polizei, dass die Mitglieder des Vereines den Demonstranten etwas zugerufen hätten. Das bestreiten diese.

Dieser Stein landete im Lokal des türkischen Kulturvereines.
Dieser Stein landete im Lokal des türkischen Kulturvereines. © kazim Sevim

Kazim Sevim (52) – sein Bruder Erol ist Chef des Vereins – berichtet von einem Mann, der während der Attacke geistesgegenwärtig die hölzernen Rollladen herunterließ. Trotzdem: Die Spuren der Verwüstung sind auch am Tag danach deutlich sichtbar. Die Rollladen sind zerbrochen („da wollte einer reinklettern“), ein handgroßer Stein und Glasscherben liegen auf dem Boden.

Angriff auf Kulturverein: „Zum Glück wurde niemand verletzt“

Täglich treffen sich in dem Lokal türkische Männer zum Zeitunglesen, Spielen und Fußballgucken. An der Wand hängen deutsche und türkische Fahnen nebeneinander, dazwischen ein Fan-Schal eines türkischen Fußballvereins.

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Zehn Männer seien am Montagabend vor Ort gewesen. Sie hätten sich hinter dem Tresen geduckt, an einem Kühlschrank versteckt. „Zum Glück ist niemand verletzt worden!“ Ein Schreiner bearbeitet die zerbrochenen Rollladen. Noch am Dienstagabend wollen sich die Männer wieder treffen. Kazim Sevim gibt sich kämpferisch: „Ich habe keine Angst!“

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