Händler auf der Bahnhofstraße Richtung Bahnhof wehren sich gegen den schlechten Ruf. Dieser Abschnitt der Einkaufsstraße sei nicht abgehängt.
Der Abschnitt der Bahnhofstraße zwischen Robert-Brauner-Platz und dem Herner Bahnhof genießt keinen guten Ruf. Mal wird er als „abgehängt“ bezeichnet, mal sogar als Slum. Doch dagegen regt sich nun Widerstand von einem Teil der dort ansässigen Kaufleute.
Zu ihnen gehört Peter Kieselack, Inhaber der Blauen Apotheke. „Ich kann das Vorurteil nicht nachvollziehen, die Art der Geschäfte ist doch gar nicht so schlimm. Dieser Teil der Bahnhofstraße ist nicht verloren“, betont er im Gespräch mit der WAZ-Redaktion.
Im „toten Winkel“ bei Festen
In der Tat ergibt sich bei genauem Hinsehen ein differenziertes Bild. Zwar gibt es eine Reihe von Handyläden, Imbissbuden und Textilgeschäften im unteren Preissegment, doch es gibt eben auch diverse Fachhändler: die Modeläden Tara M und Reiter Fashion, die Blaue Apotheke, das Eiscafé Abruzzo, Gebers, auf der anderen Straßenseite liegt die Santander Bank. Kieselack zählt auch den arabischen Lebensmittelmarkt gegenüber seiner Apotheke dazu. Die Zahl der Leerstände hält sich in Grenzen, und nach Informationen der WAZ gibt es zumindest in einem Fall von Seiten des Hausbesitzers auch gar keine Bemühungen um eine Vermietung.
Nehle Reiter, Mitinhaberin des gleichnamigen Modeladens, springt Kieselack zur Seite: „An den Läden auf diesem Abschnitt ist nichts falsch.“ Deshalb sei man in den Jahren seit der Eröffnung auch nicht vom Standort abgerückt. Selbstverständlich hoffen und warten die Händler auf die Eröffnung der Neuen Höfe, das könnte für eine erhöhte Kundenfrequenz in diesem Bereich sorgen. Kieselack erinnert sich, dass dieser Teil der Bahnhofstraße früher wegen Karstadt 1A-Lage gewesen sei.
Was die Händler auf diesem Stück der Bahnhofstraße ebenfalls kritisieren: dass sie bei Festen oder jüngst bei der Frühjahrskirmes quasi im „toten Winkel“ liegen. Veranstaltungen endeten auf dem Robert-Brauner-Platz. Norbert Menzel, Vorsitzender der IG City, weist darauf hin, dass man bereits dazu übergegangen sei, Bühnen auf dem Robert-Brauner-Platz so zu stellen, dass der Durchgang Richtung Bahnhof offen bleibe. Timo Lichte von den Herner Schaustellern sagt im Gespräch mit der WAZ, dass es räumlich überhaupt kein Problem sei, die Kirmes auf diesen Teil auszuweiten, doch eine Ausdehnung lohne sich für die Schausteller und Händler nicht.
WFG-Chef sieht in Zukunft gute Chancen
Auch Holger Stoye, Geschäftsführer der Herner Wirtschaftsförderungsgesellschaft, hat diesen Abschnitt der Bahnhofstraße keineswegs abgeschrieben. Der Händlermix gehöre zwar zurzeit in Teilen nicht zu den stärksten in Herne-Mitte, doch perspektivisch gebe es auch dort gute Chancen.
Allerdings könne man nicht die komplette Bahnhofstraße auf einen Schlag verändern, gerade in einer Zeit, in der der Einzelhandel generell stark im Wandel begriffen sei, müsse man sich Zeit nehmen. Auch Stoye setzt darauf, dass die Neuen Höfe Impulse setzen, wenn sie eröffnet seien, werde die Wirtschaftsförderung diesen Abschnitt angehen.
Rund 100 Millionen Euro werden zurzeit investiert
Entlang der Bahnhofstraße werden zurzeit rund 100 Millionen Euro investiert. Das wurde vor wenigen Wochen bei einem Spaziergang deutlich, den verschiedene Herner Akteure mit dem damaligen Staatssekretär im Innenministerium, Gunther Adler, unternahmen.
Kerninvestitionen, die unmittelbare Auswirkungen auf den Handel haben, sind jene in das City-Center und den Neubau, der daneben entstehen wird, und in die Neuen Höfe am Robert-Brauner-Platz. Hinzu kommen Wohnprojekte wie die Sanierung des „schwarzen Blocks“ der Wohnungsgenossenschaft Herne-Süd an der Ecke Sodinger Straße/Bochumer Straße oder der Neubau des K111 am Kreisverkehr am Bahnhof.