Herne. . Vor dem Bochumer Landgericht hat das Verfahren wegen Veruntreuung gegen ehemalige Kuratoriumsmitglieder der Marienhospital-Stiftung begonnen.
Ein Trauerspiel besteht der klassischen Gliederung nach aus fünf Akten. Doch das Trauerspiel, das seit inzwischen mehreren Jahren um die ehemals ehrenwerte und wohlhabende Stiftung Katholisches Krankenhaus Marienhospital aufgeführt wird, hat längst mehr Aufzüge erlebt. Am Donnerstag hob sich ein neuer Vorhang vor dem Bochumer Landgericht. Hintergrund: Die Klage gegen ehemalige Kuratoriumsmitglieder der Stiftung wegen Veruntreuung. Streitwert: eine Million Euro, wobei die St. Elisabeth Stiftung Herne - die quasi aus den Trümmern der alten Stiftung hervorgegangen ist - den tatsächlichen Schaden als Klägerin auf insgesamt 4,37 Millionen Euro beziffert.
Der Hintergrund: 2013 nahm das Drama seinen Lauf. Damals war die Stiftung finanziell offenbar so angeschlagen, dass das Marien Hospital unter das Dach der Elisabeth-Gruppe kam und so gerettet wurde. Mit der Stiftung ging es aber in den folgenden Jahren immer weiter abwärts: Unter anderem wurde ihr die Gemeinnützigkeit aberkannt. Anfang 2016 stand die Stiftung angesichts von 40 Millionen Euro Schulden vor dem finanziellen Abgrund, ein Großteil des Kuratoriums trat zurück.
Die Nachfolge-Stiftung verklagte die ehemaligen Kuratoriumsmitglieder. Die Vorwürfe: Sie sollen die Stiftung in den Ruin getrieben haben, indem sie pauschale Aufwandsentschädigungen, Beratungshonorare und Tantiemen kassierten - dies wäre ein klarer Verstoß gegen die Satzung, die besagt, dass Mitglieder des Kuratoriums keine Zuwendungen aus Stiftungsmitteln erhalten.
Zum Verhandlungsauftakt gab Michael Rottkemper, Vorsitzender Richter der 3. Zivilkammer, den Hinweis, dass es gerade bei den Aufwandsentschädigungen „Gründe für Argwohn“ gebe, da in der Satzung - Rottkemper bezeichnete sie als „schlankes Dokument“ - nichts von solchen Aufwandsentschädigungen stehe.
Richter sieht „Gründe für Argwohn“
Da es sich bei der Sitzung formal um einen „Gütetermin“ handelte, versuchte der Richter die Möglichkeit eines Vergleichs auszuloten. Das dürfte ein diffiziles Unterfangen werden. So ist beim ehemaligen Geschäftsführer des Marien Hospitals gar kein Wille zu einer gütlichen Einigung vorhanden, Carlo Borggreve, Anwalt des ehemaligen stellvertretenden Kuratoriumsvorsitzenden Dieter D., teilte mit, dass sein Mandant quasi mittellos sei. Ein Hinweis, der bei Björn Zenzen, Vertreter der Klägern, so gar nicht gut ankam. Dieter D. habe in seiner Zeit als Kuratoriums-Vize insgesamt 1,7 Millionen Euro erhalten. Zenzens Vermutung: Das Geld sei noch da, liege aber woanders.
Und dass das Verfahren dem ehemaligen Stadtdechanten als Beschuldigtem schwer an die Nieren gehe, wie dessen Anwalt Thomas Himmelmann in einem leicht entrüsteten Ton erklärte, missfiel Zenzen ebenfalls. „Wie sollen wir denn eine Veruntreuung geltend machen, ohne dass es jemanden belastet? Wir haben uns nicht gewünscht, hier zu sitzen.“
Schalke-Tickets und Geburtstagsfeier in der Klage
Teilweise tauschten die Juristen das rhetorische Florett mit dem Breitschwert, die Atmosphäre hatte einen Hauch von Gereiztheit. So warfen die Anwälte der Beschuldigten ihrem Gegenüber vor, öffentlichkeitswirksam Stimmung zu machen, indem in der Klage auch VIP-Karten für Schalke - im Wert von fast 90.000 Euro - und die Geburtstagsfeier für den Dechanten - für einen fünfstelligen Betrag - genannt werden.
Die Aufarbeitung, das deutete sich am Donnerstag an, wird sich schwierig und langwierig gestalten. Zumal eine andere Tatsache einen Schatten wirft. Die Staatsanwaltschaft führt gegen die ehemaligen Kuratoriumsmitglieder strafrechtliche Ermittlungen.
Die staunende Öffentlichkeit muss sich auf weitere Akte gefasst machen.
St. Bonifatius nicht mehr mit Stiftung verbunden
Bei der alten Stiftung war der Pfarrer von St. Bonifatius automatisch auch Vorsitzender des Stiftungskuratoriums. In der neuen St. Elisabeth-Stiftung ist diese Kopplung aufgehoben worden.
Dem neuen Kuratorium gehören an: Hans Willmes, Wilfried Benning, Timo Farke, Olaf Overmans.