Herne. . Fünf ehemalige Kuratoriumsmitglieder der Stiftung Marienhospital Herne sehen sich mit einer Klage konfrontiert. Der Vorwurf: Veruntreuung.
- Beklagte sollen zu Unrecht pauschale Aufwandsentschädigungen und Honorare kassiert haben
- Anfang 2016 war die Stiftung mit rund 40 Millionen Euro Schulden so gut wie pleite
- Kritische Nachfragen von anderen Kuratoriumsmitgliedern waren offenbar nicht erwünscht
Der Skandal um die frühere Stiftung Katholisches Krankenhaus Marienhospital wird um ein juristisches Kapitel erweitert. Die St. Elisabeth Stiftung Herne hat am Landgericht Bochum gegen fünf ehemalige Kuratoriumsmitglieder sowie drei ihnen nahestehende Unternehmen Klage wegen Veruntreuung eingereicht. Dem Vernehmen nach fordert die neue Stiftung als Klägerin - zunächst - rund eine Million Euro. Der bisherige Gesamtschaden soll allerdings deutlich höher liegen: bei fast 4,5 Millionen Euro.
Zur Erinnerung: Erste Anzeichen dafür, dass es bei der Stiftung nicht zum Besten steht, gab es mit der Übernahme des Marienhospitals durch die Elisabeth-Gruppe 2013. In der Folge sorgte die Stiftung immer wieder für Negativschlagzeilen: Aberkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt, juristische Probleme des stellvertretenden Kuratoriumsvorsitzenden Dieter D., mehrere Klagen (die WAZ berichtete). Anfang 2016, als die Stiftung angesichts von 40 Millionen Euro Schulden vor dem finanziellen Ruin stand, trat ein Großteil des bisherigen Kuratoriums zurück; das Erzbistum sorgte mit neuem Namen und Kuratorium für einen Neuanfang.
Die Vorwürfe gegen die acht Beklagten sind offenbar erheblich. Es ist die Rede davon, dass fünf ehemalige Kuratoriumsmitglieder - mit Hilfe von drei Unternehmen - die Stiftung Marienhospital zwischen 2007 und 2016 an den Rand der Pleite gebracht haben, indem sie pauschale Aufwandsentschädigungen, Beratungshonorare und Tantiemen kassierten.
Vorwurf: Kauf von Schalke-Tickets
Allein dies soll schon gegen die Satzung verstoßen haben. Die besagt, dass Mitglieder des Kuratoriums keine Zuwendungen aus Stiftungsmitteln erhalten. Ihre Tätigkeit ist also ehrenamtlich. Außerdem dürfen die Gelder der Stiftung nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden. Nach Informationen der WAZ ist die Klägerin der Auffassung, dass die Beklagten genau dagegen verstießen und die Zahlungen untereinander so abgesprochen haben, dass alle zum Zuge kamen. Nachfragen waren offensichtlich unerwünscht: Heinrich Beestermöller, seit mehr als 20 Jahren Kuratoriumsmitglied, hatte vor zirka vier Jahren festgestellt, dass es womöglich interne Absprachen von anderen Kuratoriumsmitgliedern gibt. „In meiner Funktion als Kurator habe ich versucht, diese Ungereimtheiten aufzuklären, bin aber auf eine Mauer des Schweigens gestoßen.“ Beestermöller informierte daraufhin den Generalvikar des Erzbistums und erklärte seinen Rücktritt aus dem Kuratorium.
Die Aufwandsentschädigungen und Honorare sollen teilweise üppig gewesen sein - in manchen Fällen mehrere 100 000 Euro pro Jahr. An dieser Stelle lautet dem Vernehmen nach der Vorwurf, dass entweder gar kein Beratungsbedarf bestand oder den Zahlungen keine Leistung gegenüberstand. Nach WAZ-Informationen ist Dechant Christian Gröne einer der Beklagten. Er soll als Kuratoriumsvorsitzender pauschale Aufwandsentschädigungen erhalten haben, teilweise einen fünfstelligen Betrag pro Jahr. Erst auf Weisung des Erzbischofs soll die monatliche Zahlung reduziert worden sein. Im Juli 2016 hatte Grönes Anwalt Werner Himmelmann betont, dass Gröne Opfer und nicht Täter sei. Auf WAZ-Anfrage bekräftigte er nun diese Aussage.
Dem Vernehmen nach soll die Zweckentfremdung von Stiftungsgeldern bisweilen besondere Blüten getrieben haben. So soll sich ein Teil der Klage auf den Kauf von VIP-Karten für Schalke 04 beziehen - die gesamten Kosten sollen fast 90 000 Euro betragen haben.