Herne. . In nur 18 Monaten sind in Herne vier Bürgerinitiativen ins Leben gerufen worden. Das sind nach Ansicht von Beteiligten die Gründe.
„Mit Grün. Mit Wasser. Mittendrin.“ lautet der offizielle Herner Stadtslogan. Wenn sich eine aktuelle Entwicklung fortsetzen würde, wäre noch ein viertes Element denkbar: „Mit Bürgerinitiativen“. Nicht weniger als vier Bewegungen sind in den vergangenen 18 Monaten von Hernern gegründet worden. Ist das Zufall oder steckt mehr dahinter? Darüber gehen die Meinungen auseinander.
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Diese vier Bürgerinitiativen (BI) sind seit März 2017 ins Leben gerufen worden: die BI Horststadion zur Existenzsicherung der Sportanlage in Holsterhausen, die BI Dicke Luft im Dezember 2017 gegen die Erweiterung der Giftmüllverbrennungsanlage Suez sowie in den vergangenen Wochen die BI Uns Stinkt’s gegen den Ausbau der Zentraldeponie Emscherbruch und die BI Else-Drenseck-Seniorenzentrum gegen die konkreten Awo-Pläne zum Neubau eines Altenheims und einer Kita in Börnig. In allen Initiativen sind auch Politiker vertreten, doch „normale“ Bürger sind klar in der Mehrzahl.
Nicht den Populisten das Feld überlassen
Klaudia Scholz ist aktiv in den beiden Umweltschutz-BIs Dicke Luft und Uns stinkt’s. „Das Vertrauen in Politik und die Behörden geht zunehmend verloren“, sagte die parteilose Stadtverordnete, die für die Linke im Rat sitzt. Sie könne das durchaus nachvollziehen und verweist auf das Beispiel Suez: „Man kann nur staunen, was die Bezirksregierung in all den Jahren genehmigt hat.“
Es sei grundsätzlich positiv, so Scholz, wenn Bürger sagten: „Wir überlassen das nicht der Politik, sondern müssen das selbst in die Hand nehmen.“ Dieser Meinung ist auch Rolf Bremer, Sprecher der mit 245 Mitgliedern zurzeit größten Herner BI Horststadion. Und: Das Engagement von Initiativen führe doch dazu, dass Populisten nicht das Feld überlassen werde, so der frühere Stadtmitarbeiter.
Scharmacher: Bedeutungsverlust von Parteien
Pascal Krüger ist wie Klaudia Scholz in Doppelfunktion unterwegs: Der 32-Jährige ist sowohl Ratsherr und Vorsitzender der Grünen als auch Mitglied im Koordinierungskreis der BI Dicke Luft. Den Herner Trend zur BI führt er vor allem auf inhaltliche Aspekte zurück. „Es sind zuletzt mehrere Themen aufgeflammt“, so Krüger. Und: Erfolge von Initiativen ermutigten Bürger dazu, selbst eine BI zu gründen. Wie Scholz sieht er in den Herner Initiativen eher ein Miteinander von Politikern und Bürgern als ein Gegeneinander.
Der vom Rat gewählte Bürgerbeauftragte Jürgen Scharmacher (SPD) hat eine andere Theorie: Er führt die Gründung von Bürgerinitiativen nicht zuletzt auf „den zunehmenden Bedeutungsverlust von Parteien“ zurück. Das sei schade für die Parteien. Aber: „Ich finde es erst einmal gut, wenn Bürger aktiv werden und Interesse an ihrem Umfeld zeigen.“
Bürgerausschuss fällt zweimal aus
Und wie fällt Scharmachers persönliche Bilanz aus? Die Zahl der Anmeldungen für seine Sprechstunde lägen konstant bei rund 200 im Jahr. 2016 habe es mal einen Ausreißer nach oben gegeben. Die Zahlen des Rats-Ausschusses für Bürgereingaben sind dagegen eher ernüchternd: Von den letzten drei Sitzungen mussten zwei abgesagt werden, weil keine Eingaben von Bürgern vorlagen.