Entsorgung Herne hat seit März flexiblere Arbeitszeiten. Ziele: eine stärkere Orientierung am Bedarf, mehr Raum für Privates für Mitarbeiter.

Die IG Metall hat vor einigen Wochen mit bundesweiten Warnstreiks - am Ende erfolgreich - für flexiblere Arbeitszeiten gekämpft. Entsorgung Herne hat diese Frage in aller Stille umgesetzt. Seit Anfang März ist eine Dienstvereinbarung in Kraft, die mehr Flexibilität als in der Vergangenheit ermöglicht. Profitieren davon sollen neben den Mitarbeitern auch die Bürger.

„In vielen Bereichen hat es in der Vergangenheit feste Arbeitszeiten gegeben“, beschreibt Horst Tschöke, Chef von Entsorgung Herne, die Ausgangslage. Bei der Müllabfuhr war um 6.30 Uhr Schichtbeginn, das Ende exakt um 14.48 Uhr. Das habe manchmal dazu geführt, dass Touren nicht hätten beendet werden können, weil unvorhergesehene Verzögerungen aufgetaucht seien. Etwa eine verspätete Abfertigung beim Abfallkraftwerk RZR in Herten. Folge: Ärger bei den Bürgern über eine volle Tonne. „Deshalb haben wir uns die Frage gestellt, ob die starren Arbeitszeiten noch zeitgemäß sind“, erläutert Personalrats-Chef Dieter Fregin im Gespräch mit der WAZ-Redaktion den Impuls für die Suche nach neuen Modellen, mit denen man auch auf unvorhergesehene Ereignisse - etwa Stürme - reagieren könne.

Horst Tschöke: „Wir wollen uns mehr am Bedarf orientieren.“
Horst Tschöke: „Wir wollen uns mehr am Bedarf orientieren.“

Überprüfung nach neun Monaten

Wichtige Voraussetzungen für die Umsetzung waren nach den Worten Fregins unter anderem, dass die Regelungen des Tarifvertrags eingehalten werden, dass eine Überbelastung der Mitarbeiter vermieden wird, oder dass die Beschäftigten Familie und Beruf besser vereinbaren können. Im Bereich der Müllentsorgung gibt es nun einen Korridor zwischen 6.30 und 16 Uhr, in dem die erforderlichen Aufgaben zu erledigen sind. Bei der Straßenreinigung wurde ein Rahmen zwischen 8 und 19 Uhr festgelegt, in dem die Leistung zu erbringen ist. „Wir wollen uns hier mehr am Bedarf orientieren“, sagt Tschöke. Maximal neun Stunden am Tag und 42 in der Woche dürfe gearbeitet werden, damit nicht zu viele Überstunden angehäuft werden. Darüber hinaus gibt es Jahresarbeitszeitkonten, auf denen bis zu 65 Stunden im Plus stehen dürfen und 20 im Minus. All dies soll dazu beitragen, dass die Mitarbeiter neben der Erfüllung ihrer Aufgaben bei Bedarf private Dinge erledigen, etwa Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen.

Ein Großteil der Belegschaft stehe hinter dem neuen Modell, so Tschöke. Laut Fregin seien die Verhandlungen zwischen dem Unternehmen und dem Personalrat gut gelaufen, weil beide Seiten die gleiche Idee gehabt hätten und sich entgegen gekommen seien. Fregin sieht in der Dienstvereinbarung auch einen großen Wurf für die Bürger. Nach dem Start zum 1. März habe nun ein Lernprozess begonnen, nach neun Monaten soll die Umsetzung überprüft und eventuell an der einen oder anderen Stellschraube gedreht werden.