Herne. . Die Welt dreht sich um Crange. Die Wartezeit ist endlich um, in Herne-Wanne-Eickel wieder Kirmes. Alles wie immer, nur dem neuen Oberbürgermeister misslang seine Premiere.
Endlich ist Crange wieder „das Herz des Ruhrgebiets“, sagt der Bürgermeister. „Der hellste Stern am Himmel Nordrhein-Westfalens“, sagt der Minister. Und tatsächlich ist es ja mindestens so: Für die Cranger, die Wanne-Eickeler, sogar die Herner und sowieso die ganze Region drumherum bedeutet die Cranger Kirmes für die kommenden zehn Tage die ganze Welt. Da muss man nicht in Urlaub fahren, da nimmt man Urlaub, um zuhause zu bleiben. Nur die Ruhe? Nein, täglich Rummel!
„Jetzt wieder mitspielen,das ist super, das ist klasse!“
Cranger Kirmes„Hamwa noch einen, dreh’n wa noch eine!“ – „Jetzt noch zusteigen, jetzt wieder mitspielen, das ist super, das ist klasse!“ – Es geht los, es geht weiter, Achtung!“ Es plärren die Lautsprecher, es dröhnen die Mikros, es stampft aus 1000 Boxen, trötet und drehorgelt, das ist der Soundtrack der Kirmes. Ihre Deko sind die bunten Blinklichter, die glitzernden Gasballons und das Lospapier auf dem Asphalt.
Als Trophäen gibt es lachende Gesichter aus Plüsch, grinsende Sch...Haufen auch und weiße Tiger, eine Bude hat irgendwo noch Pokémons gefunden, die meisten haben Minions, aber die sind ja sowas von 2015 . . . „Gewinnen ist geil“, steht an der Spielbude, die Quietscheenten geben Gas, als wären dies schon die Schwimmwettbewerbe von Rio, die Bungee-Kugel schafft 160 km/h in 1,8 Sekunden, und eine Geisterbahn ist angeblich „angenehm für Jung und Alt“.
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Die Gurke kostet einen Euro, die Bratwurst drei, dreimal Dosenwerfen auch, und „die Boxbude steht auch wieder da“. Der Cranger hat Gewohnheiten, die erste Hütte immer Mandeln, die zweite Fischbrötchen, die dritte ist eine Schießbude; hinterm Cranger Tor verkaufen die Händler Kitsch mit Beleuchtung. Und aus dem Festzelt schallt es „Zickezacke!“ – hier singt DJ Ötzi zur Eröffnung, nicht zum ersten Mal, weil es beim letzten auch schon so schön war.
Das Festzelt ist immer noch ein Bayernzelt mit gemütlichem Weiß-Blau und Geranien, nur heißt es jetzt „Cranger Festhalle“, die Kellner tragen zu ihren Lederhosen Bergmanns-Hemden, und die Musik spielt statt „Eins, zwei, gsuffa“ das Steigerlied. Die dazu auf den Bierbänken stehen, sind übrigens Türken: Die Delegation der neuen Herner Partnerstadt Besiktas ist noch da und macht Selfies mit Cranger Lebkuchenherzen.
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„Dieses Volksfest“, sagt NRW-Bauminister Michael Groschek bei der Eröffnung, „ist unsere kulturelle Heimat“ (und die anstehende Party zum 70. des Landes „dagegen nicht mehr als ein Kindergeburtstag“). Er trägt dabei das Kirmespferdchen Fritz in der Brusttasche und sein fröhlichstes Grinsen im Gesicht. Nur ist es auch so, dass zwischen Eisbude und Entenhaus auffallend viel Einsatzpolizei steht und an jedem Platzeingang ein neues Schild: „Sicherheitshinweis“ auf Deutsch, Englisch und Türkisch. Mit Taschen- und Rucksackkontrollen sei zu rechnen. Die Kirmes aber, ruft Groschek gleich als ersten Satz ins Mikrofon, „lassen wir uns von nichts und niemandem und auch nicht von Hasspredigern verderben – deshalb feiern wir!“
Guter Tipp für den Fassanstich: Draufhauen, bis es spritzt!
Beinahe hätten sie indes die Kirmes gar nicht ans Laufen gekriegt. Oder das Bier nicht: Der neue Oberbürgermeister Frank Dudda, vor seiner Premiere „kribbelig“, hämmert zwar entschlossen auf den Hahn. „Draufhauen, bis es spritzt!“, hat man ihm geraten, der „Hammer und Nagel traditionell nicht zu meinen Freunden“ zählt. Das tut es auch im zweiten Anlauf, bloß nicht, wie es soll. Dudda schlägt zweistellig, am Ende müssen’s die Brauer aus dem Sauerland richten. Nicht seine Schuld, erklärt Festwirtin Diana Traber freundlich – und macht die Situation nicht besser: „Das Gummi war zu klein!“
Frank Dudda, sichtlich ins Schwitzen gekommen, nimmt die Sache zwar sportlich: „Nachdem wir das geklärt haben. . .“, hätte aber nach dem ersten Schluck aus dem Krug fast das Wichtigste unterschlagen: „Piel op no Crange!“, der Ruf zur Kirmes, geht in ersten Böllerschüssen unter. Egal, die Kirmes läuft, die Karussels drehen sich, die Zuckerwattentöpfe auch, die herzhaften Spieße und die Angel-Enten. Die ganze Welt dreht sich – um Crange.
Was Sie über Crange wissen müssen
Maskottchen Fritz ist ein Pferd – nicht ohne Grund: In ihren Anfängen war die Cranger Kirmes, die derzeit ihre 581. Auflage feiert, ein Pferdemarkt. Heute kommen die Tiere auf dem Platz allenfalls noch als Lieblings-Stück im Kinderkarussell vor.
Die Termine
4000 Teilnehmer und 100.000 Besucher gehen am Samstag, 6.8., ab 10.30 Uhr auf die Straße: Crange begeht die neue Kirmessaison mit dem traditionellen Festumzug. Los geht es am St.-Jörgen-Platz, Ziel ist, natürlich, die Kirmes.
Zwar hat die Kirmes ihre eigene Kirche im Dorf, wo jeden Abend (19.30 Uhr) Andacht ist. Am Sonntag (7.8.) aber gibt es zusätzlich den Schausteller-Gottesdienst – um 10 Uhr in der Cranger Festhalle.
Am Dienstag feiern ab 15 Uhr die Kinder im Zelt, am Mittwoch ist Familientag: Alle Schausteller reduzieren ihre Preise. Am Donnerstag treffen sich traditionell die Senioren um 14 Uhr zum Kaffee.
Gleich zwei Schlagerpartys feiert die WAZ im Festzelt: Dienstag und Mittwoch ab 18.30 Uhr. Unter anderen singen Olaf Henning und Guildo Horn.
Wie immer feiert Crange seinen krönenden Abschluss mit einem Feuerwerk. Die erste Rakete startet am Sonntag um 22.30 Uhr.
Die Neuheiten
15 Karussells, 15 Kinderfahrgeschäfte, neun Laufgeschäfte, neun sogenannte „Hochfahrgeschäfte“ wie Achterbahn und Riesenrad, zwei Geisterbahnen, vier Autoscooter und eine Wildwasserbahn: Das ist Crange in diesem Jahr, Biergärten, Ess-, Spiel- und Einkaufsbuden – mehr als 500 Schausteller auf 111 000 Quadratmetern – gar nicht gezählt. Neu auf dem Platz: „Apollo 13“ und „Propeller“, die in sehr luftiger Höhe die Nerven mindestens kitzeln. Die „Wilde Maus“ ist gewachsen und diesmal in „XXL“ da. Und im Laufgeschäft „Alpen-Hotel“ sah man Freitag schon Frauen kreischen und Männer konzentriert balancieren.
Die Öffnungszeiten
Freitag und Samstag: 13 bis 2 Uhr, Sonntag: 11 bis 0 Uhr, Montag bis Donnerstag: 13 Uhr bis Mitternacht.
Mehr: cranger-kirmes.de