Die Cranger Kirmes ist auch ein kleines Konjunkturpaket
•
Lesezeit: 5 Minuten
Herne-Crange. Die Cranger Kirmes ist ein Wirtschaftsfaktor. Eine Reihe von Branchen profitiert. Für die Stadt spielt in erster Linie der Imagegewinn eine Rolle.
Mit dem heutigen Bürgerabend legt die Cranger Kirmes den ersten Gang ein, mit der offiziellen Eröffnung am Freitag startet sie durch. Bis zum Sonntag, 14. August, werden weit mehr als drei Millionen Besucher erwartet. Die WAZ ist der Frage nachgegangen, inwieweit das größte Volksfest in Nordrhein-Westfalen ein Wirtschaftsfaktor ist.
Die HCR hat umfangreiches Zahlenmaterial zur Cranger Kirmes zusammengetragen: etwa 130.000 zusätzliche Fahrgäste, rund 17.000 zusätzliche Buskilometer, zirka 1100 zusätzliche Fahrdienststunden, etwa 400 zusätzliche Stunden in Kundeninformation und Vertrieb, 400 zusätzliche Stunden in der Verkehrsaufsicht und 400 Stunden Vorbereitung und Nachbereitung im Betrieb und Vertrieb hat der kaufmännische Leiter Reinhard Lüttenberg errechnet. Die Frage, ob sich der Aufwand wirtschaftlich rechnet, sei nicht leicht zu beantworten.
Zeitkartenkunden hätten ohnehin ein Ticket und würden im Kirmesverkehr gerne die Möglichkeit nutzen, Familienmitglieder oder Freunde kostenlos mitzunehmen. Andere kaufen ihr Ticket nicht bei der HCR, sondern bei einem anderen Verkehrsunternehmen. Besonders abhängig sei das Ergebnis aber vom Wetter. „Ich denke schon, dass das Unternehmen bei günstigen Rahmenbedingungen die Leistungen annähernd kostendeckend erbringen kann“, so Lüttenberg.
Anfahrt für Taxis ist komplizierter geworden
Eine ähnliche Rechnung machen die Stadtwerke auf: 800.000 Kilowatt Strom setzt das Unternehmen mit der Kirmes ab. Addiert man den Wasserabsatz, summiere sich der zusätzliche Umsatz auf rund 200.000 Euro, so Sprecherin Angelika Kurzawa. Allerdings stünde dem auch ein erhöhter Aufwand, etwa durch Personal entgegen, so dass unter dem Strich ein Plus Minus Null stünde. Doch man engagiere sich gerne, weil die Kirmes ein Imagefaktor für die Stadt sei.
Apropos Personal: Die Agentur für Arbeit hat im vergangenen Jahr 100 Frauen und Männer in Jobs auf der Kirmes vermittelt, das mobile Büro ist seit Montag wieder geöffnet. Hinzu kommt eine Vielzahl an Helfern, die von den Schaustellern direkt engagiert worden sind. Heißt: Zahlreiche Menschen haben ein Zusatzeinkommen, das vielleicht wieder in den Konsum fließt.
Wer nicht den Bus oder das eigene Auto nimmt, setzt sich vielleicht ins Taxi. „Die Kirmes ist gut und wichtig für das Taxigewerbe“, so Bernd Bußmann, „denn sie gleicht das Ferienloch aus“. Wobei sich der Hauptandrang auf die Wochenenden konzentriere. Bußmann sieht aber auch Probleme. Die Anfahrt zum Kirmesplatz sei komplizierter geworden. Außerdem würden auswärtige Taxi-Unternehmer Kunden aufnehmen, was sie nicht dürften.
Spezialverkauf im Puma Profi Shop
Etwas überraschend die Erkenntnis in der Hotelbranche: Wer meint, dass die wenigen Hotels der Stadt zur Kirmes restlos ausgebucht sind, irrt. Die Kirmes sei überhaupt kein Faktor, heißt es im Hotel Sicking in der Herner Innenstadt.
Raphael Henke, Manager des B&B-Hotels am Regenkamp, registriert während der Cranger Kirmes zwar eine spürbar erhöhte Nachfrage. Ausgebucht sei das Haus allerdings nicht. Die Gäste würden extra wegen der Kirmes in die Stadt kommen, darunter seien auch zahlreiche Herner, die nun woanders leben und für die Kirmes zurückkehren. Allerdings ist die Kirmes - mit Sicht auf die Auslastung - nicht der alleinige Spitzenreiter. Diese sei vergleichbar mit Messen in Dortmund oder Essen.
Für die Heidicker Gebäude- und Versorgungstechnik GmbH ist die Kirmes dagegen eine feste Größe. Der Betrieb sorgt seit Jahrzehnten für die Wasser-Installation auf dem Kirmesplatz. Das sei ein Auftrag mit dem man rechnen könne, sagt Monika Heidicker. Direkt am Eingang der Kirmes (Hauptstraße/Ecke Unser-Fritz-Straße) hat der Puma Profi Shop seinen Standort. Inhaber Horst Strunk nutzt die Kirmes seit 15 Jahren, um einen großen Spezialverkauf durchzuführen. „So viele Menschen kommen sonst nicht durch Wanne-Nord.“ Auch T-Shirts für Teilnehmer des Kirmesumzuges drucke er. Und es kämen immer noch Schausteller vorbei, die mit D-Mark zahlen.
Steuereinnahmen nicht berechenbar
Mit der Kirmes rechnet auch die Herz-Jesu-Gemeinde. Sie verfügt an der Ecke Dorstener Straße/Gahlenstraße über eine Wiese, die sie als Parkplatz vermarktet. Das Personal arbeitet ehrenamtlich, die Einnahmen werden unter anderem für Instandhaltung der Gebäude, aber auch für den Oase-Mittagstisch für Kinder verwendet.
Bliebe die Stadt Herne selbst. Sie nimmt rund eine Millionen Euro mit Standgebühren ein, doch der Aufwand bewege sich in ähnlicher Höhe, so Sprecher Christoph Hüsken. Allerdings sind in dieser Rechnung nicht Steuereinnahmen aufgrund der Kirmes enthalten. Eine Berechnung ist nicht möglich. Ebenfalls nicht in Zahlen auszudrücken: Der Imagegewinn durch die Marke Cranger Kirmes. Der ist unbezahlbar.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.