Heiligenhaus. Pendler würden sich freuen: Es wird geprüft, ob Heiligenhaus wieder einen Bahnanschluss bekommen könnte. Wie realistisch die Idee ist.
Es sind gerade einmal 35.000 Euro im 90 Millionen Euro „schweren“ und rund 850 Seiten starken Haushalt der Stadt Heiligenhaus für das Jahr 2024: Dennoch verbinden sich mit dieser Summe gewisse Erwartungen.
U-Bahn-Anschluss von Heiligenhaus nach Düsseldorf?
„Vorstudie Schienenanschluss“ heißt es da klein gedruckt auf Seite 745. Mit dem Geld soll also geprüft werden, ob – und wenn ja, wie – Heiligenhaus wieder eine Bahnanbindung bekommen könnte. Im vergangenen Jahr war das Thema hochgekocht, nachdem Ratsherr Dominik Döbbeler gefordert hatte, die Stadt möge doch bitte prüfen (lassen), ob nicht auch Heiligenhaus an die neue Düsseldorfer Stadtbahnlinie U81, die im ersten Schritt den Flughafen mit der Düsseldorfer Innenstadt verbinden wird und die in einem weiteren Schritt bis Ratingen verlängert werden soll, angebunden werden könnte.
Zudem geistern auch immer wieder Pläne für eine Magnetschwebebahn über der irgendwann hoffentlich existierenden A44-Trasse durch die Diskussionen im Rathaus.
ÖPNV-Anteil in Heiligenhaus ist extrem niedrig
Abseits dieser konkreten Ideen wurde der Bedarf an einer Schienenanbindung – wie auch immer diese dann aussehen könnte – im Anfang 2022 vorgestellten Mobilitätskonzept deutlich. Darin wurde vom beauftragten Expertenbüro festgehalten, dass Heiligenhaus mit gerade einmal elf Prozent ÖPNV-Anteil in der Gesamtheit aller Fortbewegungsmöglichkeiten aktuell vergleichsweise schlecht dasteht. Zum Vergleich: 58 Prozent der Fortbewegungen finden mit dem eigenen Auto statt. „Dies deutet darauf hin, dass das ÖPNV-Angebot im Bereich Erschließung, Taktung und Service-Qualität noch ausbaufähig ist“, so das Fazit der Experten. Das Fehlen eines Schienenanschlusses stelle „eine erhebliche Schwäche für die Zukunftsfähigkeit und nachhaltige Entwicklung der Stadt und des gesamten Mobilitätsangebotes dar“.
Niederbergbahn und Angertalbahn hielten einst in Heiligenhaus
Ältere Heiligenhauser werden sich indes erinnern: Die Stadt hatte einst eine Bahnanbindung – die Niederbergbahn. Ab 1925 konnten Fahrgäste mit Zügen von Heiligenhaus via Velbert nach Wülfrath-Oberdüssel fahren. Ein Jahr später dann auch in Richtung Kettwig. Der Personenverkehr auf der Bahnstrecke endete jedoch bereits 1960 wieder. Der Streckenabschnitt nach Kettwig wurde nach gerade einmal 35 Betriebsjahren 1961 demontiert. Lediglich der Gütertransport von Heiligenhaus über Velbert nach Wülfrath wurde noch bis Ende 1994 (bis Velbert bis 1996) fortgesetzt.
Aus der alten Bahntrasse wurde 2011 der Panoramaradweg
Seit 2011 sind auf der früheren Bahntrasse – dem heutigen Panoramaradweg – Spaziergänger, Jogger und Radfahrer unterwegs. Mehrere Bauwerke, beispielsweise das Viadukt über die Ruhrstraße oder der Bahnhof – erinnern an die Zeit, in der Heiligenhaus noch eine Bahnanbindung hatte. Schwer vorstellbar, dass der mittlerweile auch touristisch genutzte Weg zu einer Bahnstrecke zurückgebaut werden könnte, zumal so zwar eine Verbindung in Richtung Essener Süden geschaffen werden könnte, aber eben nicht Richtung Düsseldorf, wohin viele in Heiligenhaus lebende Menschen pendeln.
Im Süden hatte Heiligenhaus früher Anschluss an die Angertalbahn
Eine andere Bahnlinie streift das Heiligenhauser Stadtgebiet im Süden: die Angertalbahn. Allerdings wurde auch auf dieser Verbindung, die einst – mit Haltepunkt in der Hofermühle – von Ratingen-Lintorf bis nach Wülfrath führte, der Personenverkehr bereits 1952 eingestellt. Bis heute fahren auf der eingleisigen nicht elektrifizierten Strecke jedoch die langen „Kalkzüge“ vom Lhoist-Werk in Wülfrath-Rohdenhaus nach Ratingen-West, wo sie ins überregionale Schienennetz gelangen.
2017 hatte der frühere Bürgermeister Jan Heinisch – damals gerade frisch in den Landtag eingezogen – eine Wiederbelebung der Angertalbahn ins Spiel gebracht. Sein Argument: Auch durch den Innovationspark wachse Heiligenhaus immer mehr an die alte Trasse heran. Im Kreistag war man 2020 nicht abgeneigt: „Bei der Angertalbahn sehen wir deutlich höhere Realisierungschancen als bei der Niederbergbahn, zumal ein großer Teil der Trasse heute schon für den Schienengüterverkehr genutzt wird“, sagte der damalige CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus-Dieter Völker. Die Strecke verlaufe durch lärmtechnisch weniger sensible Bereiche als die Niederbergbahn und stelle nach der Fertigstellung der Regiobahn-Verlängerung in Richtung Wuppertal eine wichtige West-Ost-Verbindung dar. Passiert ist indes seitdem aber nicht viel.
Nun also der erneute Vorstoß aus Heiligenhaus – bei dem allerdings klar sein muss: Für 35.000 Euro gibt es höchstens erste vage Ideen. Für eine Strecken-Reaktivierung oder gar einen Neubau müssten an diese Summe wohl noch einige Nullen drangehängt werden und einige Jahre vergehen.